Titelsuche:




Logo










Unterstützen Sie Kinoweb. Klicken Sie unseren Sponsor.

7 Days To Live

Interviews

"Das Mysteriöse kann dein Leben verändern"

Ein Interview mit Amanda Plummer


Szene *** 7 Days to Live unterscheidet sich sehr von Gruselfilmen wie Scream ... War das ein Faktor, der Sie neugierig auf dieses Projekt gemacht hat?

Das war sicher ein Faktor, aber es war nur ein kleines Stückchen vom Kuchen. Ich liebe Suspense-Filme, surrealen Horror, die Horrorfilme von Dario Argento, Mario Bava und natürlich die Hammer-Klassiker. Oh, und mein Lieblingsgruselfilm ist The Haunting ("Bis das Blut gefriert") von Robert Wise - den schaue ich mir ungefähr alle drei Monate an. Also habe ich die besten Voraussetzungen für das Genre.

Und als 7 Days to Live daherkam und ich mich mit Sebastian Niemann und Simon Happ traf, war ich ziemlich aufgeregt. Ich liebe es, auf Tuchfühlung mit der Kamera zu gehen, und solche Filme wie leben davon, daß man stark mit der Kamera und den anderen Schauspielern kommuniziert.

Scream gehört zu jenen Filmen, bei denen man wegen der Schockeffekte aus dem Kinosessel springt. Allerdings: Wenn ich zu oft aus meinem Sessel springe, kann ich mich nicht mit der Psychologie der Figuren beschäftigen. Und die Angst hat keine Chance, in den Körper des Zuschauers zu kriechen.

*** Was fasziniert Sie denn so an Gruselfilmen?

Sie berühren das Hirn ebenso wie das Herz. Sie regen die Vorstellungskraft des Zuschauers an und können Adrenalin in seine Adern pumpen. Es ist manchmal fast eine spirituelle Erfahrung, einen solchen Film zu sehen. In Repulsion ("Ekel") von Roman Polanski beispielsweise kann man sich so gut mit dem Horror, der Freude und der Absurdität des Lebens identifizieren. Darüber hinaus entführen Gruselfilme die Zuschauer immer wieder in andere Bereiche der Existenz, die jenseits dessen liegen, was sie täglich beobachten. Wenn ein Horrorfilm gut gemacht ist, dann ist er ein Stück Kunst. Und im besten Falle ist er gleichzeitig erschreckend und erleuchtend, weil er eine Bestätigung von Leben und Tod ist.

*** Haben Sie die Visionen und der Enthusiasmus des Regisseurs Sebastian Niemann und des Producer Simon Happ mitgerissen?

Allerdings. Gott sei Dank sind sie noch so begeistert bei der Sache, in dieser Hinsicht ist es bei uns ein bißchen eng geworden. In den letzten fünfzehn Jahren oder so hat der Enthusiasmus der Filmemacher meiner Meinung nach arg nachgelassen. Geld spielt für die meisten die Hauptrolle, und die Studios müssen immer ein Wörtchen mitreden. Mittlerweile tut sich in den USA wieder etwas, aber ich bin immer wieder überrascht, mit welcher Inspiration und Kreativität europäische Filmemacher arbeiten.

*** Wie sind Sie denn überhaupt an das Projekt gekommen?

Ich habe Sebastian und Simon in einem Café in London getroffen und habe sie auf Anhieb geliebt. Es war irgendwie ein Wink des Schicksals, daß wir zur gleichen Zeit in der Stadt waren. Es war ihr letzter Tag, und ich wollte noch zwei oder drei Tage bleiben ... für mich war das ein gutes Omen.

Sie waren von ihrem Projekt begeistert und wussten genau, was sie wollten. Und bei diesem ersten Treffen ist mir bereits klargeworden, dass die beiden sehr viel Wert auf Teamwork legen. Wir haben alle sehr intensiv an dem Film gearbeitet, und das war für mich eine tolle Erfahrung.

*** Ellen in 7 Days to Live ist längst nicht so bizarr wie viele andere Figuren, die Sie gespielt haben. Wie würden Sie sie beschreiben?

Sie ist eine Frau, die eigentlich alle Fenster schließen, sie mit schwarzen Vorhängen abdunkeln und eine Woche lang weinen möchte. Aber trotz ihrer Trauer will sie stark sein, um ihrem Mann Stärke zu geben. Und sie ist mißtrauisch geworden. Sie mißtraut der Liebe, sie mißtraut sich selbst. Sie mißtraut ihren Gefühlen, weil sie sie in eine falsche Richtung geführt haben. Weil sie jetzt einen klaren Kopf behalten und so rational handeln will, ignoriert sie ihre Emotionen, und merkt irgendwann, daß sie ihren Verstand zu verlieren scheint.

*** War es für Sie schwierig, sich in Ellens Psyche hinein zu denken?

Ja und nein. Natürlich ahnt man, wie sich jemand fühlen muß, der gerade einen geliebten Menschen verloren hat und jetzt mit allen Mitteln seine Familie retten will. Aber man kann die wahren Gefühle einer solchen Frau nie wirklich begreifen. Als Schauspielerin habe ich versucht, mich mit den Gedanken zu befassen, die Ellen durch den Kopf gehen müssen. Aber wenn so etwas schreckliches passiert, gibt es, glaube ich, nur einen Gedanken: Warum? Warum? Ich versteh's nicht. Warum?

*** Was für einen Einfluß hat das Haus in 7 Days to Live auf die Menschen, die in ihm wohnen?

Einen sehr starken Einfluß. Ich bin fest der Meinung, daß Gebäude subtile Turbulenzen vermitteln. Wenn man ein fremdes Haus betritt und ein beklemmendes Gefühl hat oder sich die Stimmung hebt.

Ein befreundetes Paar ist in ein Haus gezogen, in dem hin und wieder Gegenstände aus heiterem Himmel umgefallen sind. Nach ein paar Monaten haben sie eine Stimme gehört und eines Tages haben sie tatsächlich den schemenhaften Umriß eines Menschen in ihrem Haus gesehen.

Sie haben geforscht und Ermittlungen angestellt und herausgefunden, daß vor Jahren ein Kind in diesem Haus ums Leben gekommen ist. Eine Zeitlang haben mit diesen Erscheinungen, mit dem toten Kind gelebt, aber mittlerweile sind sie aus diesem Haus ausgezogen.

*** Man hat Sie noch nie in einem Hollywood-Blockbuster gesehen. Suchen Sie sich absichtlich nur die kleinen, ambitionierten Independent-Filme aus?

Oh ja, ich habe einmal in einem großen Studiofilm mitgespielt, und das war eine ziemlich deprimierende Erfahrung. Alles geht nur ums Geschäft, und es gibt viel zuviele Köche, die den Brei verderben. Man versucht, alle Risiken zu eliminieren, aber ich bin der Ansicht, daß es geradezu lebensnotwendig ist, Risiken einzugehen.

Wenn der Regisseur die totale kreative Kontrolle über seinen Film hat, ist das natürlich eine andere Geschichte. The Fisher King ("Der König der Fischer") zum Beispiel - dieser Film war brillant geschrieben, und Terry Gilliam war ein exzellenter Regisseur. Ich suche immer nach der Kombination aus einer tollen Geschichte, einem tollen Regisseur und einem tollen Team - das der Regisseur natürlich zusammenstellt, wenn er wirklich toll ist!

*** Wie alt waren Sie, als Sie Ihren ersten Horrorfilm gesehen haben?

Der erste, der einen nachhaltigen Eindruck auf mich hinterlassen hat, war definitiv The Haunting. Damals muss ich so ungefähr dreizehn gewesen sein. Das Mysteriöse, das dein Leben verändern kann, die Atmosphäre, die verschiedenen Level, auf denen der Film funktioniert - Musik, Story, Schnitt ... irgendwie ist dein ganzer Körper mit einbezogen. Das hat mich schon als Kind an solchen Filmen fasziniert.


"Martin treibt sich selbst zum Nervenzusammenbruch"

Ein Interview mit Sean Pertwee


Szene *** Wie kam es, dass sie in einem deutschen Film die Hauptrolle spielen?

Der Regisseur Sebastian Niemann und der Producer Simon Happ kamen nach London, um sich Filme anzusehen und ein paar Leute zu treffen. Sie kannten den Science-Fiction-Horrorfilm "Event Horizon - Am Rande des Universums", den sie sehr mochten.

Also wollten sie sich auch mit mir treffen. Wir trafen uns und haben uns auf Anhieb sehr gut verstanden. Ich hatte gleich das Gefühl, daß die beiden ein sehr großes Potenzial haben - eine Geschichte mit den zwei Menschen in diesem Haus - sowas hatte ich vorher noch nicht gedreht. Ich konnte die Ideen und Visionen von Sebastian sehr gut nachvollziehen. Er ist genauso ein film buff wie ich, also hatten wir viel, über das wir reden konnten.

*** Haben ihnen die beiden bei diesem ersten Treffen schon ein Drehbuch vorgelegt?

Ja, es gab bereits ein Skript. Aber es war so schrecklich ins Englische übersetzt ... (lacht). Ursprünglich sollte es ein rein deutsch besetzter Film werden, aber Sebastian und Simon haben entschieden, daß sie das Projekt größer anlegen werden, weil ein europäischer Markt für den Film vorhanden ist. Also haben sie Amanda Plummer für die Rolle der Ellen kontaktiert, und als ich hörte, daß sie dabei ist, habe ich sofort zugesagt. Ich wollte schon immer mit Amanda arbeiten. Sie ist ein wahres Schauspiel-Phänomen.

Szene *** Was hat sie denn am Drehbuch besonders gereizt?

Ich wollte die Gelegenheit nutzen, eine Geschichte zu erzählen, die man so vorher noch nicht gesehen hat. Ich mochte das Grundmotiv Schmerz und Verlust - ähnlich wie in Don't Look Now ("Wenn die Gondeln Trauer tragen") - und das Gefühl dieser unendlichen Trauer, die Ellen und Martin fühlen müssen. Das ist eine sehr interessante Ausgangsposition für einen solch atmosphärischen Film.

Und ich mochte die unerwarteten Wendungen des Films: Irgendwann weiß der Zuschauer nicht mehr, ob Ellen verrückt wird oder Martin seinen Verstand verliert ... Dieses psychologische Element fand ich ebenfalls sehr interessant.

*** 7 Days to Live paßt in keine Genre-Schublade. Wie würden sie den Film beschreiben?

Am ehesten als psychologischen Thriller. Die Zuschauer sollten nicht erwarten, daß sie einen lupenreinen Horrorfilm vorgesetzt bekommen. Es geht um die Menschen und ihr Seelenleben und nicht um guts'n'gore.

*** Der deutsche Film ist nicht gerade für exzellente Gruselthriller bekannt. Das scheint in Europa eher die Domäne Ihrer Heimat England zu sein...

Ja, "Hammer, House of Horror" und diese Sachen. Aber der britische Gruselfilm ist immer etwas übertrieben ... Aber auch das war ein Grund, warum ich unbedingt mit Sebastian arbeiten wollte: Es gibt so unglaublich viele Dinge, die er an anderen Filmen liebt und schätzt. Er respektiert andere Genre-Filme, und er ist ein sehr aufmerksamer Regisseur. 7 Days to Live ist kein Big-Budget-Film, und Sebastian wußte stets ganz genau, wie man mit einfachen Mitteln die Atmosphäre erzeugen kann, die der Film braucht.

*** Sowohl der Regisseur als auch der Produzent sind noch sehr jung. Gehört diesen enthusiastischen jungen Filmemachern die Zukunft des europäischen Kinos?

Auf jeden Fall. Auch ich bin Mitinhaber einer Produktionsfirma namens Natural Nylon, und nicht zuletzt darum mochte ich die Jungs von Indigo Film. Ich fühlte mich gleich mitgerissen. Wir haben zusammen am Drehbuch gearbeitet, Szenen geschnitten ... die beiden sind sehr offen und legen Wert darauf, daß das Team bei der Arbeit zu einer Einheit verschmilzt.

Das reizt mich an der Arbeit mit jungen Filmemachern: Sie haben einen sehr großen Enthusiasmus, sie umgeben sich mit Menschen, die ihr Handwerk beherrschen, sie sammeln die Ideen, und sie warten dann mit einer interessanten Geschichte und einem interessanten Film auf. Und das ist der Verdienst von allen, die daran gearbeitet haben.

*** Lassen sie uns ein wenig über Martin sprechen. Er ist auf den ersten Blick ein sehr starker Mann, aber es scheint, daß er seine Verletzlichkeit verbirgt ...

Absolut richtig. Aus meiner Erfahrung kann ich sagen: Wenn man einen geliebten Menschen verliert, versuchst du stark zu sein. Für deinen Partner, für deine Familie. Und weil du deine wahren Gefühle damit so unterdrückst, kommt es irgendwann zu einer emotionalen Explosion. Im Grunde treibt sich Martin selbst zum Nervenzusammenbruch. Aber natürlich steckt noch viel mehr dahinter. Er ist sehr verletzlich, aber er würde nie zugeben, daß dem so ist. Vielleicht ist er sich dessen nicht mal bewußt.

*** War es schwer für sie nachzuvollziehen, wie sich Martin nach dem Verlust seines Sohnes fühlen mußte - besonders unter dem Aspekt, daß seine Frau jetzt auch noch ganz offensichtlich den Verstand verliert?

In gewisser Weise war es schwer. Aber man kann Bögen schlagen aus der eigenen Erfahrung, obwohl mir ein Ereignis von solcher Tragweite glücklicherweise noch nicht widerfahren ist. Aber es ist einfach schrecklich, wenn man mit ansehen muß wie Menschen, die man liebt, in Stücke brechen. Diese unendliche Traurigkeit, mit der Martin und Ellen kämpfen müssen, macht wiederum - wie schon gesagt - für mich den Reiz des Films aus.

*** Neben Amanda Plummer und Ihnen ist das Haus der dritte Hauptdarsteller. Glauben sie, daß Objekte einen solchen Einfluß auf Menschen nehmen können?

Aber auf jeden Fall! Häuser leben und atmen, man kann sich in ihnen geborgen fühlen oder unwohl. Häuser können sehr deprimierend wirken. Es passieren so viele Dinge in einem Haus - und ich glaube fest daran, daß es diese vielen Ereignisse absorbieren und als eine Art emotionale Energie an die Menschen weitergeben kann. Insofern ist das Haus in der Tat der dritte Hauptdarsteller.

*** Mögen sie Gruselfilme eigentlich selbst?

Oh ja, ich liebe sie.

*** Können sie sich noch an Ihren Ersten erinnern?

Es muß irgendwas aus dem "Hammer, House of Horror" gewesen sein ... Day of the Triffids ("Blumen des Schreckens") oder Village of the Damned ("Das Dorf der Verdammten") glaube ich. Aber ich weiß noch genau, daß ich abends vor dem Fernseher saß und mir fast in die Hose gemacht habe. Besonders Day of the Triffids hat mich mitgenommen, weil wir selbst diesen schönen Garten mit allen möglichen Pflanzen hatten ...

*** Was würden sie machen, wenn sie nur noch sieben Tage zu leben hätten?

Oh Gott, ich habe keine Ahnung. Ganz bestimmt würde ich diese Zeit mit den Menschen verbringen, die ich liebe - meine Familie, meine Frau ... Einfach zusammen sein und die Zeit genießen. Und eine verdammt große Party feiern!




Logo.6


[ Vor | Zurück | Film-Home ]
[ kinoweb | Info | Suche | Post ]