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Dancer in the Dark

Musik und Tanz

Der Lärm ist das Leben: Rhythmen und Melodien

Lars von Trier erzählt:

Szene "Alle musikalischen Elemente, die Melodien und Instrumente stammen aus den Musicals, die Selma so liebt. Das können Fragmente sein, die in andere Zusammenhänge gestellt werden, oder Instrumentalklänge, die wir anders verwenden. Selma liebt die einfachsten musikalischen Effekte, Soli und all die anderen Klischees, die sie weit jenseits allen guten Geschmacks benutzt. Aber diese Dinge sind kombiniert mit den Klängen des Lebens, und dadurch werden sie alles andere als banal.

Sie liebt die Klänge von allem, was lebt: von Händen, Füßen, Stimmen und so weiter (vielleicht auch von Seufzern wegen der harten Arbeit?), den Lärm von Maschinen und mechanischen Dingen, die Töne der Natur... und vor allem die kleinen Klänge von Defekten, einer losen Bodenplatte etwa. Sie nutzt die Situation, um ihre Musik zu erschaffen. Meistens ist das positiv, doch manchmal singt sie auch ihren Schmerz hinaus.

Wichtig ist, dass die künstlichen Klänge auch weiterhin künstlich klingen. Man muss wissen, woraus die Rhythmen und Melodien entspringen, sie dürfen nie ,verbessert' werden. Je näher sie an der Realität sind, umso besser. Wir nehmen lieber einen Rhythmus, der auf einem lockeren Fensterladen geklopft wird als ein aufgenommes Equivalent. Die Musik sollte von einer Seite zur anderen rollen, es gibt es auch Stellen, wo nur die Live-Klänge zu hören sind - das Stampfen.

Auf jeden Fall muss es eine Explosion der Gefühle sein, ein freudiges Zelebrieren der Vorstellungskraft. Die Klänge des wahren Lebens kommen nicht nur von den Maschinen, sie kommen auch von Selma, die in allem, was sie zur Hand hat, ein Instrument findet! Auf diesem Gebiet ist Selma die Meisterin. Sie kann Dreck in Gold verwandeln. Sie hört die Musik aus dem Lärm heraus - und wenn sie das tut, hören wir sie auch! Der Lärm ist das Leben, und er ist ebenso schön wie jedes gefeierte traditionelle Meisterwerk von der Konzertbühne. Beide Seiten sind zu hören - verschieden und doch gleich."

Der Tanz funktioniert von allen Seiten

"Auch hier ist das Prinzip das gleiche: Selma nutzt und liebt die großen Effekte: die Posen, das Synchrone, den Glamour. Aber sie verbindet das mit den realen Menschen, mit den realen Situationen, mit dem Chaos des Lebens. Mit Spiel. Können mit Nichtkönnen. Sie bezieht ihre gesamte Lebenssituation mit ein. In jedem noch so absurden kleinen Gegenstand entdeckt sie ihre Möglichkeiten.

Die Tänzer beziehen ebenso alle realen Dinge in ihre Nummern ein. Selma war lange in der Fabrik und sie liebt noch die kleinste Bewegung des menschlichen Körpers. Sie weiß, wozu der menschliche Körper im Stande ist, wann er das Äußerste gibt, um Perfektion im Tanz zu erreichen, und sie weiß, wie sich Schmerz und Freude im wahren Leben in der Bewegung ausdrücken.

Selma tanzt wie ein Kind, selbstverloren, in Ekstase, was vielleicht schrecklich aussieht - bis dann, für einen klitzekleinen Moment, der ganze Raum synchron mir ihr tanzt und sie die Königin ist. Der Tanz richtet sich nicht nach einer Front aus, er funktioniert von allen Seiten, kennt keine Fermate. Eine Fingerspitze, die über die Tischplatte trappelt, ist ein Tanz!"

Die Songs - Selmas Selbstgespräche

"Echte Musical-Songs mit ihren Rhythmen sind der Ausgangspunkt der Tanznummern. Sie sind schlicht, schließlich ist das Selmas naive Ausdrucksweise, die Geschichte in einem Song zu erzählen, aber manchmal kommt ihre Faszination mit einem Klang, einem Wort, einem Rhythmus durch - dann beginnt sie, damit zu spielen, und vergisst alles um sich herum.

Die Songs sind Selmas Selbstgespräche, auch wenn sie sie manchmal anderen Menschen in den Mund legt, die dann ihre eigene Angst, ihre Zweifel oder Freude ausdrücken. Es sind naive Songs, aber mit all den großen Worten aus den Kinomusicals. Manchmal aber entschlüpft ihr dabei eine tiefere Wahrheit, und wenn das geschieht, macht Selma schnell wieder ein Spiel daraus und albert mit den Worten herum wie ein Kind, das sich daran begeistert, was für Klänge aus dem eigenen Mund kommen. Und denkt daran, dass sie es liebt, zu imitieren: Sie kann klingen wie eine Maschine oder wie eine Violine. Ein Versprecher kann auch als Effekt genutzt werden, ein falsch betontes Wort wird zu einem Songteil, wenn es 30 Leute genauso aussprechen!"




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