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Dolphins


"Wir hatten einen Traum" - Produktionsnotizen

Kameraübung?

Szene Es ist eine der ersten Aufgaben, die den Regie-Studenten an den Filmhochschulen gestellt wird: die sogenannte "Kameraübung". Ein Kurzfilm ohne Dialoge, bei dem vor allem der Umgang mit der Filmtechnik erlernt werden soll. Als Farhad Yawari das zehnseitige Drehbuch für seine Kameraübung vollendet hatte, sprengte das Ergebnis jeden Rahmen: Aufwendige Unterwasser-Aufnahmen, eine komplette psychiatrische Anstalt, komplexe Effekte und Kamerafahrten. "Meine Lehrer haben mich für verrückt erklärt", sagt er. "So etwas hatte es noch nie gegeben."

Nach nur dreimonatiger Studienzeit stand Yawari nun vor der Wahl, seine Pläne aufzugeben und seine Ausbildung normal fortzusetzen - oder sein Projekt auf eigene Faust zu realisieren. Bei dieser Entscheidung halfen ihm die begeisterten Reaktionen der Schauspieler und Filmprofis, denen er das Drehbuch zu lesen gab.

Szene Eine wichtige Fürsprecherin fand er beispielsweise in der Regisseurin Doris Dörrie, die sich von dem romantischen Wagnis begeistert zeigte: "Nach Franz Kafka muss ein Buch die Axt sein für das gefrorene Meer in uns", schrieb sie. "Ein Film, finde ich, sollte das ebenfalls sein. Und wenn ein junger Filmemacher diese Axt schwingt, statt sich hinter Coolness zu verstecken, bin ich hocherfreut. Farhad Yawari will mit Dolphins das gefrorene Meer aufbrechen und traut sich, mit den Mitteln des magischen Realismus sehr gefühlvoll und radikal zu erzählen."

Farhad Yawari verließ die Hochschule - aber zunächst schien eine Realisierung des Projekts undenkbar. Nicht weniger als elf deutsche Filmfördergremien lehnten eine Finanzierung von Dolphins ab - das Vorhaben erschien zu ambitioniert. Yawaris Enthusiasmus konnte das allerdings nicht bremsen. "Die Absagen der Institutionen machten mich nur stärker," sagt der 25jährige Filmemacher. "Das Wort unmöglich verbannten wir aus unserem Wortschatz."

Ohne Gage

Ein erster Erfolg gelang ihm, als er eine Reihe von namhaften Schauspielern überzeugen konnte, ohne Gage in dem Film mitzuwirken: Dies waren die Jungstars Julia Brendler ("Moondance", "Nur über meine Leiche") und Marco Hofschneider ("Hitlerjunge Salomon", "Ludwig van B."), die bekannten Charakterdarsteller Pierre Sanoussi-Bliss ("Bin ich schön?") und Annette Kreft ("Deutschlandlied").

Selbst für kleinere Rollen fand Yawari eine absolut hochkarätige Besetzung - angeführt von Namen wie Anja Kling und Anna Thalbach. Julia Brendler erinnert sich noch gut an ihre erste Begegnung mit dem Regisseur: "Er hatte dieses Feuer in den Augen. Ich wußte, dass er den Film auf die Beine stellen würde."

Sponsoren

Die Wende kam, als das "Jetzt"-Magazin der Süddeutschen Zeitung auf den Kampf des jungen Filmemachers aufmerksam wurde. Ein Portrait, das von Yawari und seinem Traum berichtete, fand überwältigenden Wiederhall. "Wir bekamen Briefe, in denen Omas zehn Mark für unseren Traum gespendet haben", erzählt er. "Wir durften nicht mehr aufhören."

Entscheidend jedoch war, dass nun auch große Firmen bereit waren, als Sponsoren einzusteigen: Talkline, Lauda Air, BMW, Saab, Hertz, Interconti Hotels, Pro Sieben, Arri, Das Werk und Gürtler halfen mit Geld, aber vor allem mit Sachleistungen.

"Dolphins ist eine Produktion, bei der nicht viel Bargeld geflossen ist", sagt Yawari. "Aber wenn wir die zurückgestellten Gagen und Sachleistungen zusammenrechnen, ergibt sich ein Budget von 4,5 Millionen." Diese unglaubliche Summe, mit Sicherheit eines der höchsten Budgets, die je ein deutscher Regiedebutant zur Verfügung hatte, erregte großes Aufsehen. Während der Dreharbeiten berichteten nahezu alle namhaften Zeitungen und Zeitschriften von dem Projekt.

Freie Delphine auf den Bahamas

Durch die phantastische Resonanz der Sponsoren konnte sich Yawari einen weiteren Traum erfüllen: Einen mehrwöchigen Dreh auf den Bahamas - mit zahmen, aber frei im Meer lebenden Delphinen. Yawari war klar, dass mit dieser behutsamen und tiergerechten Herangehensweise weitere Schwierigkeiten auf ihn zu kamen. Chris Allison, der bekannte Delphin-Experte in Freeport, Bahamas, machte ihn mit den Launen seiner Stars bekannt: "Unsere freilebenden Delphine sind an Menschen gewöhnt und sehr spielfreudig. Aber sie kommen nur, wenn sie Lust haben."

Am ersten Tag gelangen dem Unterwasser-Aufnahmeteam gerade mal eine Minute verwertbare Aufnahmen - aber Yawari blieb bei seiner Überzeugung: "Ich kann nicht ein Märchen über Freiheit drehen und dann Delphine einsetzen, die unter unwürdigen Bedingungen gefangengehalten werden." In den nächsten Tagen zeigten sich die launischen Stars kooperativer. Sie schwammen in Formation mit Julia Brendler, die zuvor einen speziellen Tauchkurs belegt hatte, um mehrere Minuten ohne Sauerstoff-Gerät tauchen zu können. "Julia hat in diesen Szenen Unglaubliches geleistet", berichtet Yawari. "Sie baute eine spezielle Beziehung zu den Delphinen auf und verausgabte sich bis zur totalen Erschöpfung. Ohne sie wären wir verloren gewesen."

Anstaltsszenen

Die Szenen in der psychiatrischen Anstalt, in der die Heldin Lara lebt, wurden in Haar bei München gedreht. Hier stellt Yawari neben seinen Schauspielern, die sich perfekt in das Spiel ohne Dialoge einarbeiteten, besonders seinen Kameramann Torsten Breuer ("Pünktchen und Anton") heraus. "Torsten war der Partner, den ich mir hinter der Kamera gewünscht habe. Er hatte ein unglaubliches Gespür für die Geschichte."

Postproduktion

Nach dem Ende der Dreharbeiten folgte eine aufwendige Postproduktion. Schnell wurde klar, dass der Film und speziell die Delphin-Aufnahmen einer digitalen Nachbearbeitung bedurften, um den traumhaften Effekt zu erzielen, der Farhad Yawari vorschwebte.

Hier kamen die Experten der Münchner Special-Effects-Firma Das Werk AG ins Spiel. "Die Delphin-Sequenzen, die man jetzt sieht" erklärt Werk-Geschäftsführer und Vorstandsmitglied Thomas Tannenberger, "sind nur teilweise real. Wir sind sehr stolz darauf, dass selbst professionelle Betrachter inzwischen nicht mehr sehen, wo wir eingegriffen haben."

Musik und Sound

Zwei weitere zentrale Herausforderungen waren für Yawari die Musik und das Sound-Design. "In gewisser Weise", erklärt er, "mußte die Musik einen Teil der Aufgabe übernehmen, die normalerweise den Dialogen zufällt. Sie treibt die Geschichte voran. Und das Sound-Design war entscheidend, um eine magische Realität für Lara zu schaffen."

Von Anfang an war klar, dass der Soundtrack von einem klassischen Orchester eingespielt werden sollte. Mit Marcel Barsotti ("Sirga - Die Löwin") fand Farhad Yawari einen jungen Komponisten, der die ganze Bandbreite symphonischer Gefühle ausdrücken konnte, die ihm zu Dolphins vorschwebten.

Sein Glück war vollkommen, als sich das NDR-Radiophilharmonie-Orchester bereit erklärte, den Soundtrack in voller Symphoniestärke einzuspielen - für einen Bruchteil der üblichen Gage. Sein Verbündeter beim Sounddesign wurde - ebenfalls auf Sponsoringbasis - die junge, hochmotivierte Mannschaft der Münchner Tonschmiede Giesing Team. "Es ist unglaublich, was die Sounddesigner Stefan Zaradic und Wolfgang Lechenmayr, geleistet haben", sagt Yawari.

Ein weiteres Wunder erlebte Farhad Yawari auf der Suche nach einem Musiker, der seine Vision teilen und einen Titelsong für Dolphins schreiben würde. Ein Screening für den Mannheimer Künstler Xavier Naidoo führte sofort zu einer Zusammenarbeit, die von gegenseitiger Bewunderung geprägt ist. Mit seinem Produzenten Michael Herberger realisierte der Number-One-Star eine musikalische Umsetzung von Dolphins. Eingespielt von Naidoos Formation "söhne mannheims", macht die feenhafte Stimme von Sängerin Yvonne Betz den Song "Dolphins" zu einem traumhaften Lied, das die Bilder des Films kongenial in Naidoos Musiksprache überträgt.

"Dolphins hat etwas tief in mir berührt", sagt Xavier Naidoo. "Ich hoffe, dass ich mithelfen kann, diesem Film die Aufmerksamkeit zu verschaffen, die ihm gebührt."

"Wenn ich zurückblicke", sagt Farhad Yawari abschließend, "kann ich es immer noch kaum fassen, wieviel Enthusiamus und Unterstützung wir im Laufe des Projekts erfahren haben. Ich möchte noch einmal allen danken, die mir geholfen und an Dolphins geglaubt haben."




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