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Fandango - members only


Produktionsnotizen

was bisher geschah...

... oder: "was bedeutet eigentlich dieses verdammte fandango!?" (dj sunny sunshine)

Szene [600] [1024] mattias glasner: "drei menschen - ein möchte-gern-model, ein zynischer dj und ein türsteher, der zum clubbesitzer geworden ist. sie gehen beziehungen zueinander ein, aber eigentlich bleibt jeder für sich. sie versuchen, mit dem leben schritt zu halten, das in einem ungeheuren tempo durch sie hindurch zu rasen scheint. voll unbestimmter sehnsucht, aber immer ein pfeifen auf den lippen - ein film wie ein melancholischer popsong.

die erste hälfte des films sollte wie ein rausch sein. vorstellungen und erlebnisse von vergangenheit (die 90er), gegenwart (millennium) und zukunft (die 00er...?) greifen ineinander, während die personen gleichzeitig neben sich stehen und versuchen, sich auf alles einen reim zu machen.

es entsteht eine art fieber, eine subjektive welt, die so nur in den köpfen der drei protagonisten existiert und in die der zuschauer eine reise machen kann.

bei der arbeit an dem film haben wir uns oft vorgestellt, er spiele in einem paralleluniversum, das unserer welt verdammt ähnlich sieht, bloß dass der spiegel ein bißchen verdreht wurde und blasen wirft, während einem beim hineinschauen schwindlig wird - ein film wie eine akte x episode auf lsd.

das tempo, mit der die personen durch ihr leben eilen, nimmt zu - bis zu dem moment, an dem die schnelligkeit zum absoluten stillstand wird. "das auge des hurricanes" nennt shirley das. in der mitte des films entsteht dieser schwebezustand, in dem alles möglich ist und nach dem nichts mehr so sein wird, wie es früher mal war - ein film wie ein glas wasser nach zuviel süßen cocktails.

ausstattung und kamera

Szene [600] [1024] die personen in fandango leben in einer kunstwelt. künstliches licht, synthetische klamotten, geschminkte gesichter, designte clubs und wohnungen, elektronische musik. im ganzen film gibt es kein sonnenlicht und keine grüne wiese. die figuren erfinden sich und ihre welt jeden tag neu.

selbst der scheinbar uncoole dj sunny sunshine mit seinen speckigen klamotten und langen, fettigen haaren reagiert doch damit nur auf den schönen spruch aus brett easton ellis "glamorama": uncool ist cool.

das alles ist filmisch spannend und sehr herausfordernd, denn es sollte ja kein künstlicher film dabei herauskommen. im gegenteil, wir wollten diese welt erschaffen und dann einen fast schon dokumentarischen blick darauf werfen, um vielleicht ein stück der seele hinter der show zu sehen. wir haben nur wenig gebaut, aber sehr lange gesucht, nach orten, die diese künstlichkeit und gleichzeitig so eine authentische aura haben, die dann ganz von selbst mit in den film einfließt.

ich hätte den film am liebsten in hongkong gedreht, der definitiven großstadt, hineingebaut mitten in einen tropischen regenwald. gedreht haben wir dann jedoch, aus geldgründen, in köln... eigentlich spielt der film in einer paralleluniversums-version von berlin. es ist erstaunlich, wie gut das funktioniert, aber wenn man hauptsächlich nachts und in innenräumen lebt, fühlen sich die großstädte dieser welt wirklich unheimlich ähnlich an.

eine weitere inspiration waren die englischen und amerikanischen zeitgeistmagazine, in denen stilistisch und inhaltlich unterschiedlichste fotostrecken nebeneinander stehen, mit der gleichen selbstverständlichkeit, mit der die leute heute cubanische volksmusik und elektronische sequenzer beats nebeneinander hören.

um diese gleichzeitigkeit unterschiedlichster gefühle herzustellen, haben wir eine menge filmmaterialien und bearbeitungsmöglichkeiten getestet und schließlich bei den dreharbeiten sehr intuitiv eingesetzt. manchmal haben wir erst nach der probe vor ort entschieden, auf welchem material und in welcher geschwindigkeit wir diese szene drehen werden.

sehr ungewöhnliche ergebnisse entstanden dann bei extremlösungen. zum beispiel haben wir umkehrfilm - früher reportagefilm genannt, weil ihn die reporter vor der erfindung der videokamera für ihre tagesschau-berichte benutzt haben, - zum negativ entwickelt. das material gibt es in deutschland nicht und sonja rom, die kamerafrau, hat restmaterial von oliver stones "u-turn" von amerika herüber schmuggeln müssen. das kopierwerk musste dann dafür extra seine maschinen umbauen und das ergebnis sind farben und korn, bei denen sich die techniker bei kodak die haare raufen würden.

uns war immer bewußt, wie schmal die grenze zu einer mtv-videoclip-ästhetik war. das wollten wir jedoch eher weniger. manchmal haben wir den stil zitiert, wenn es wichtig für die handlung war. zum beispiel, wenn shirley nachts im regen tanzt und sich fühlt wie in einem popvideo. ansonsten haben wir von allem abstand genommen, was wir nachts in unseren hotelzimmern nach dem dreh auf viva und mtv gesehen haben.

sonja und ich kennen uns seit zehn jahren. sie hat kamera bei den meisten meiner filme gemacht, aber fandango war mit sicherheit die größte herausforderung bislang für uns beide. oft haben wir abends ein stoßgebet gen himmel geschickt, morgen möge eine einfache szene mit zwei personen an einem küchentisch drankommen. aber dann war es wieder irgendein club mit zweihundert statisten, komplizierten kameraaufbauten und irgendeinem filmmaterial, dessen reaktionen so launisch waren, wie die stimmungen mancher schauspieler.

dann sind wir erschöpft ins bett gefallen. haben davon geträumt, taxifahrer in new york oder caféhaus-betreiberin in kreuzberg zu sein. und am nächsten morgen sind wir aufgestanden, sonja ist zu ihren lampen und ich zu meinen akteuren gegangen und wir haben einfach weitergemacht.

montage

ich stehe auf langsame filme. aber für fandango wollte ich mich mal mit einem cutter zusammentun, der von ganz woanders her kommt. markus goller hat bislang hauptsächlich werbung und musikvideos geschnitten und ist ein wunderbares produkt der neunzigerjahre: wenn er nicht schneidet, surft er entweder auf hawaii oder gewinnt snowboardturniere in den rocky mountains. beim schneiden am computer spielt er gleichzeitig mit einer hand an seiner sony playstation und lugt mit einem auge immer auf den fernseher rüber, der ständig läuft und auf dem entweder videos oder sportübertragungen gezeigt werden.

wie durch ein wunder ist er dabei trotzdem vollständig im film gefangen und kommt instinktiv auf lösungen und montageideen, für die man vielleicht genau dieses umfeld braucht. es ist eben so: je größer der künstler, desto exzentrischer die wege, auf denen er zum ziel gelangt...

am ende hatten sich unsere positionen verdreht und er wollte den film länger lassen, als ich. sowas passiert, wenn man viel voneinander gelernt hat.

sounddesign

genau, wie beim bild, wollten wir auch im ton eine eigene welt erschaffen. also haben wir den film komplett nachsynchronisiert, um dann unter diesem sauberen dialogton ganz fein mit akustischen atmosphären arbeiten zu können.

in dem buch "filme machen" von sidney lumet wird eine methode zur nachsynchronisation beschrieben, von der ich mich habe inspirieren lassen: wir sind in ein großes studio gegangen und haben die superteuren studiomikros einfach beiseite gestellt. stattdessen haben wir mit den "schlechteren" richtmikros den ton geangelt, wie am set.

die schaupieler konnten sich bewegen und spielen, wie sie wollten. durch das unsaubere, manchmal am mikro vorbei gesprochene, entsteht die lebendigkeit. man spricht nicht einfach den text noch einmal nach, sondern erfindet die performance neu aus dem augenblick heraus.

im studio haben sie mich für verrückt erklärt, warum ich den ton schlechter haben möchte, als es möglich wäre. aber die schauspieler und auch später der mixer haben es mir gedankt. es war ein experiment, wie so vieles bei diesem film, und es hat geklappt.

ausgehend von dem rohton hat dann der sounddesigner, andre alvez, für jeden raum soundskulpturen kreiiert, die man bewußt oft gar nicht wahrnimmt, die aber aufs unterbewusstsein wirken und fließend in die konkrete geräuschwelt übergehen. andre nannte sie immer die "u-boot-sounds".

auch mit den komponisten der musik wurde dabei eng zusammengearbeitet, denn die übergänge von musik zu sound und umgekehrt sollten ebenfalls fließend sein. manchmal weiß man jetzt nicht, wo das eine anfängt und das andere aufhört.

musik

die musik weiß ich immer als erstes, bevor ich ein wort geschrieben habe. für diesen film ist sie natürlich besonders wichtig. ich wollte keinen reinen szene-clubfilm machen. schon in der musik sollten elemente vorhanden sein, die über diesen engen rahmen hinausweisen und auf etwas allgemeineres zielen.

so kamen zu der clubmusik die songs, viele merkwürdige, alte easy-listening-songs aus der frühzeit der elektronischen musik. sie transportieren eine ironische distanz und außerdem unterstützen sie dieses science-fiction gefühl, das mir für den film so wichtig war. und gleichzeitig, neben der distanz, wirkt sie auch direkt aufs unterbewusstsein, weil sie diffuse erinnerungen an die vergangenheit weckt.

dazu kam dann die klassische filmmusik von fetisch und meister. sie speist sich aus den oben genannten elementen und führt alles zusammen. die beiden komponisten sind teil des dj- und produzentenkollektivs "terranova" und ihre musik zu "long hello and short goodbye" hatte mir wegen der sehnsucht und melancholie, die in ihr steckte, sehr gefallen. und dadurch dass sie aus der clubszene kommen und ebenfalls ein großes faible für die alten, analogen elektronischen sounds aus den 50ern und 60ern haben, flossen sie sozusagen mühelos in die welt von fandango hinein.




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