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Gran Paradiso - Das Abenteuer Mensch zu sein

Dreharbeiten

Vor der aufregenden Zeit in den Bergen, Anfang August 1999, standen jedoch erst einmal zwei Wochen Aufnahmen in Hamburg auf dem Drehplan. Gedreht wurde hauptsächlich während der Schulferien in der Gesamtschule Winterhude, weil das Gebäude exzellent zur angestrebten Farbdramaturgie des Films passte.

Casting

Als Komparsen wurden rund 120 Behinderte aus den Alsterdorfer Anstalten engagiert. Miguel Alexandre erinnert sich gern an die Arbeit mit den Behinderten: "Diese Dreharbeiten waren wirklich etwas Besonderes. Diese Menschen vermittelten eine unbändige Freude, waren aber dennoch bei der Arbeit ungeheuer diszipliniert und professionell. Diese Behinderten sind einfach 100 Prozent pur... ."

Regula Grauwiller hatte schon früher Erfahrungen mit geistig behinderten Kindern gemacht: "Früher in der Schweiz war ich Pfadfinder-Leiterin von behinderten Kindern, ich habe mit Behinderten Theater gespielt. Das kam mir bei den Dreharbeiten sehr zugute, weil ich keine Scheu hatte, auf die Behinderten zuzugehen. Und wir kamen gegenseitig sehr gut miteinander klar." Während der zwei Wochen gemeinsamer Arbeit wuchs man sich gegenseitig ans Herz und beim Abschied flossen auf beiden Seiten reichlich Tränen.

Auch für die Rollen von Harpo und Rosi wollten Alexandre und Meyer ursprünglich Behinderte casten, aber im Vorfeld wurde ihnen schnell klar, dass nicht zuletzt wegen der komplizierten Logistik in den Bergen diese Entscheidung unverantwortlich gewesen wäre. "Gut, dass wir Alexander Hörbe und Antje Westermann zur Verfügung hatten", konstatiert Meyer. "Die beiden meistern diese schwierige Aufgabe bravourös."

Dächer

Szene [800] [1200] Allein an zwei Tagen wurde auf dem Dach der Gesamtschule die Schlüsselszene gedreht, in der Mark am Dachrand steht und sich in die Tiefe stürzen will. Auch für den Regisseur bedeuteten diese Aufnahmen Nervenkitzel, weil Ken Duken - natürlich gesichert - teilweise tatsächlich direkt am Rand des Daches stand.

"Das war schon ein sehr mulmiges Gefühl", erinnert sich Alexandre. Und Duken ergänzt: "Der Rollstuhl war durch eine versteckte Seilkonstruktion gesichert, damit ich nicht runterfalle. Ich hab allerdings bei den Vorbereitungen lange genug mit dem Rollstuhl hantiert, um ihn absolut sicher im Griff zu haben. Das einzige, wovor ich Angst hatte, war die Anziehung nach unten. Wenn man eine solche Szene spielt, verschwimmen die Augen und die Tiefe zieht dich an."

Getrickst wurde bei dieser Szene nur wenig: Die Einstellungen, in der Mark mit den Vorderrädern bereits über der Dachkante hinaus steht, entstanden auf einem kleinen Häuschen auf dem Dach. Trotz der weitaus ungefährlicheren Fallhöhe von anderthalb bis zwei Metern und der zusätzlichen Sicherung mit Kartons, blieb der Hintergrund der gleiche und die Illusion von der lebensgefährlichen Höhe war perfekt. "In der Szene, in der ich an der Kante stehe und kippe, war ich nicht gesichert", grinst Duken. "Aber wenn ich gefallen wäre, wäre ich nur in die Kartons auf dem Vordach geknallt."

Berge

Nach zwei Wochen in Hamburg zog die Produktion dann in die Schweiz um. Zunächst für eine "Übergangsphase", in der sich alle sammeln und die Location Scouts die letzten Drehorte klarmachen konnten.

Szene [800] [1200] "Wir sind eine Woche vor Drehbeginn in den Bergen schon dorthin gefahren um uns zu akklimatisieren", erzählt Miguel Alexandre. "Einige haben schon erste Bergwanderungen unternommen und wir hatten eine Einführung von unserem Location Manager und Bergführer Leo Blättler. Der hat uns perfekt angeleitet und uns genau erklärt, wie wir uns anseilen müssen, welche Sicherheitsvorkehrungen wir beachten sollen, was wir tun müssen und was wir absolut nicht tun dürfen."

Nach dieser einen Woche begann das eigentliche Abenteuer: sechs Wochen Dreharbeiten in den Schweizer Alpen. Bis auf Ken Duken, der aus Garmisch stammt, und der Schweizerin Regula Grauwiller gingen alle mit gemischten Gefühlen an die Arbeit - im Gegensatz zu Regula hatte niemand im Team eine besondere Leidenschaft für die Berge.

"Ich habe eine sehr liebevolle Beziehung zu Bergen, schon von Kindheit an", lächelt die Schauspielerin. "Wir sind immer zum Skilaufen in die Berge gefahren, und als Kind fand ich das zuerst immer doof, weil die anderen immer ans Meer durften und ich in die Berge musste. Aber hinterher hatte ich die besten Geschichten zu erzählen, weil die anderen immer nur am Strand rumgelegen hatten."

Auch ihre Kollegen sollten bald der Faszination der Berge erliegen. Das gesamte Team wurde in einem Hotel in Pontresina im Engadin - gedreht wurde nicht am Gran Paradiso, sondern auf dem Piz Palü - untergebracht. Morgens bei Sonnenaufgang zwischen 6 Uhr 30 und 7 Uhr wurde die Crew mit dem Auto zum Hubschrauberplatz transportiert. Von dort ging es in Shuttleflügen mit jeweils fünf Passagieren zum Drehort - in phantastischen Lichtstimmungen über tollen Landschaften.

Gregor Törzs war von diesen Momenten hingerissen: "Du bist verschlafen, es ist kalt, du sitzt im Hubschrauber, fliegst durch die Wolken dort hoch und die Sonne geht auf. Du sitzt wie in einer Postkarte. Du fliegst durch Bilder, die man sonst nur aus Filmen kennt. Das war ziemlich atemberaubend und alle, die an Gran Paradiso gearbeitet haben, werden sehr spezielle Erinnerungen an diesen Film behalten."

Für Alexandre war es unerlässlich, im Engadin zu drehen, denn außer den schönen Motiven konnte er sich hier auf die Professionalität der Bergführer verlassen: Leo Blättler, der Haupt-Bergführer der Produktion, der für die Ausrüstung zuständig war und dafür sorgen musste, dass sich das Team in kritischen Situationen sofort anseilt, hatte bereits beim Dreh von diversen James-Bond- und Willy-Bogner-Filmen Erfahrungen gesammelt.

Aber selbst dieser Profi hatte vorher noch nie in solchen Dimensionen gearbeitet - sechs Wochen Drehzeit, Dialogszenen mit allen Haupt-Schauspielern in 4000 Metern Höhe. Aber Blättler hatte alles perfekt unter Kontrolle.

Wetter

Obwohl sich bei den extrem schwierigen Dreharbeiten in den Bergen niemand auch nur einen Knöchel verstaucht hat, gab es dennoch einige heikle Begebenheiten: Bereits am allerersten Drehtag spitzte sich die Situation dramatisch zu. Gedreht wurde die Szene, in der sich die Gruppe nach Wolfs Flucht wieder für den Abstieg bereit macht.

Gutes, strahlendes Wetter war vorhergesagt, die Crew arbeitete auf 3700 Metern Höhe. Gegen 14 Uhr schlug das Wetter jedoch rasend schnell um - "Innerhalb einer Viertelstunde hatten sich dicke Wolken auf uns gelegt", erinnert sich Alexandre. "Wir standen in einer weißen Suppe, in der wir die Hand nicht vor Augen sehen konnten. Die Bergführer haben es geschafft, auf die Schnelle vier oder fünf Schauspieler per Hubschrauber zu evakuieren, der Rest von uns blieb jedoch oben. Dann haben uns die Bergführer in Achterseilschaften anderthalb Stunden lang auf die italienische Seite des Berges geführt."

Eine heikle Situation, die für einige im Team ein umwerfendes Naturerlebnis, für andere ein echtes Problem war. Erst recht, als die Gruppe die letzten 400 Meter vor der italienischen Hütte über ein blankes Eisfeld laufen musste, das sich auch noch in einem 45-Grad-Winkel abneigte.

"Und dieses Eisfeld endete im Nichts - danach ging es 1000 Meter runter", schildert der Regisseur. "Die Bergführer haben mit ihren Eispickeln einen Pfad in das Eis geschlagen, über den wir zur Hütte laufen konnten. Aber dieser Teil der Wanderung war für einige von uns überhaupt nicht lustig."

Auch am vorletzten Drehtag machte das Wetter einen Strich durch die Disposition. Zwei Tage lang hatte das Team an der Schneesturmszene gearbeitet und am ersten Tag herrschte perfektes Wetter, um die Windmaschinen zum Einsatz zu bringen und den Schnee hochwirbeln zu lassen.

Der zweite Tag begann bereits relativ bewölkt und eine der Windmaschinen war am Vortag kaputt gegangen. Und Alexandre war wirklich in Sorge, ob er wie geplant weiterdrehen könne. Und tatsächlich wurde das Wetter auf dem Berg immer diesiger, das Team kam nicht mehr komplett zum Drehort und die bereits oben waren, kamen nicht mehr hinunter, weil so starker Nebel aufzog, dass der Hubschrauber auf keinen Fall mehr fliegen konnte.

"Und dann hatten wir die absurde Situation, dass sich der Tonmann um die Maske kümmern musste, weil die Mitarbeiter unten geblieben waren", grinst Alexandre. "Glücklicherweise waren Gregor und Regula mit oben - also konnten wir wenigstens die Kussszene drehen."

Gegen Mittag war alles, was man drehen konnte, im Kasten und das Team musste sich im dichtesten Nebel im Mannschaftszelt mit Gesellschaftsspielen und der Videokamera die Zeit vertreiben.




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