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Hollow Man - Unsichtbare Gefahr
Produktionsnotizen
Die Idee von Unsichtbarkeit beschäftigt den Menschen seit
Jahrhunderten. Seit der Antike zieht sich das faszinierende Sujet
durch mündlich überlieferte, traditionelle Geschichten
und alle Formen der Literatur. Jetzt hat sich Paul Verhoeven,
einer der erfolgreichsten Filmemacher unserer Zeit, der Thematik
angenommen und nimmt sie in einem Thriller unter die Lupe, der
ebenso spannend wie provokativ ist.
1989 begann Produzent Douglas Wick mit dem Gedanken zu spielen,
einen Film über Unsichtbarkeit und die möglichen Folgen
zu machen. Er erklärt: "Zu dieser Zeit begann die Revolution
neuer Möglichkeiten im Bereich Visuelle-Spezialeffekt-Technologien.
Mir wurde bewusst, dass man die Silhouette eines unsichtbaren
Mannes plötzlich auf eine Weise präsentieren könnte,
wie man es noch nie zuvor gesehen hat. Also gab es für mich
nicht nur die universelle Faszination für ein verlockendes
Thema, sondern auch die reizvolle Aussicht, ein echtes visuelles
Feuerwerk abzubrennen."
Alles, was Wick fehlte, war eine starke, spannende Geschichte.
Dann traf er mit Gary Scott Thompson und Andrew W. Marlowe zusammen.
Letzterer galt nach dem Erfolg von Air Force One (1997)
gerade als einer der heißesten Autoren Hollywoods. Wie
Paul Verhoeven war er gefesselt von der Idee, welche psychologischen
Auswirkungen es auf einen Menschen haben könnte, wenn er
auf einmal von allen gesellschaftlichen Zwängen befreit
wäre.
Für Marlowe sprach überdies, dass er die komplexe
Welt der Spezialeffekte schon seit längerem mit großer
Begeisterung verfolgte. Dieses persönliche Interesse war
so weit gediehen, dass er bereits vor Hollow Man ein
regelmäßiger Besucher der führenden Firmen und
Labors des Feldes war.
Verhoeven erinnert sich: "Als Andrew das Drehbuch schrieb,
platzierte er Spezialeffekte in die Geschichte, die damals noch
nicht realisierbar waren. Er sah voraus, dass es ein Jahr später
möglich sein würde, diese Ideen auch praktisch umzusetzen.
Ihm Kopf war er beim Verfassen seiner Zeit voraus!"
Marlowe selbst sagt über die Geschichte: "Es ist ein
Drama über Moral, in dem ein charismatischer Führertyp
von den Regeln der Gesellschaft in Schach gehalten wird. Ohne
Klischees zu bemühen, erzählt der Film, was passiert,
wenn sich diese Regeln nach und nach auflösen - im gleichen
Maße, wie sein Körper vor unseren Augen zu verschwinden
scheint."
Produzent Douglas Wick war begeistert von Marlowes Drehbuch
und schickte es umgehend an Paul Verhoeven. "Er war der
Regisseur, den ich für Hollow Man haben wollte",
erinnert sich Wick. "Die wahre Herausforderung des Films
hatte nichts mit der Umsetzung der Effekte zu tun. Wichtig war
es, einen Regisseur zu finden, dem es gelingen würde, die
Effekte nahtlos in das Drama der Geschichte einzufügen.
Paul ist nicht nur ein brillanter Mathematiker und Wissenschaftler,
der eine besondere Begabung für die Arbeit mit Spezialeffekten
hat. Er ist vor allem ein Geschichtenerzähler mit einem
außerordentlichen Gespür für das Visuelle, der
sein Publikum von Anfang bis Ende in seinen Bann zieht."
Verhoeven ist bekannt dafür, sein Publikum gleichermaßen
zu fesseln und zu verstören. Seine frühen holländischen
Filme sind präzise Studien gesellschaftlicher, sexueller
und historischer Sitten, die bitter, grausam, witzig, tragisch
und lustig sein können.
Verhoeven beschreibt seine Begeisterung für das Science-Fiction-Genre:
"Als ich in die USA ging, um zu arbeiten, wusste ich, dass
ich nicht genug über die Nuancen in der amerikanischen Gesellschaft
wusste, um sie in einem Film zu reflektieren. Ich wollte mich
nicht damit aufhalten, mir den Kopf darüber zu zerbrechen,
ob ich gerade zufällig Regeln der amerikanischen Gesellschaft
breche oder Fehler mache, weil mir gewisse Ausdrücke oder
Verhaltensweisen nicht geläufig sind. Die Arbeit im Science-Fiction-Genre
gab mir mehr Sicherheit."
Verhoevens Hollywood-Debüt war RoboCop (1987),
ein großer Science-Fiction-Erfolg, dem er mit Total
Recall (Die totale Erinnerung - Total Recall, 1990)
abermals einen Ausflug in dieses Genre folgen ließ. Später
bewegte er sich mit Starship Troopers (1997) ein drittes
mal auf diesem Parkett. Dazwischen wagte er sich mit Basic
Instinct (1992) und dem mit erotischer Spannung geladenen
Showgirls (1995) - den meist diskutierten Filmen ihrer
jeweiligen Entstehungsjahre - ins Reich des psychologisch motivierten
Thrillers.
Beim Versuch, sein abwechslungsreiches Oeuvre auf einen gemeinsamen
Nenner zu bringen, sagt Verhoeven: "Ich nehme die Elemente
des Lebens, wie ich sie sehe, und bringe sie in meinen Filmen
unter. Das können Dinge sein, die ich liebe - aber auch
Dinge, die ich hasse."
Menschliches Verhalten
Verhoeven erinnert sich an seine erste Lektüre des Drehbuchs
von Andrew Marlowe: "Die Figuren waren auf den Punkt. Die
Handlung befasste sich in intelligenten Entwicklungen und Variationen
mit verschiedenen Gesichtspunkten der Unsichtbarkeit. Mir gefiel
die extreme Einheit von Raum, Zeit und Handlung. Es sprach mich
auf eine sehr eigenartige Weise an. Ich kann es nicht besser
beschreiben als eine genaue Studie des Bösen. Hollow
Man beginnt als gutmütiges, wissenschaftliches Abenteuer
mit einigem Humor. Dann erleben wir, wie der intelligente, geniale
Sebastian Caine sich in ein verrücktes, böses Monster
verwandelt." Und der Regisseur, der während des Zweiten
Weltkriegs in Holland aufwuchs, sagt: "Er wird der Teufel."
Wie die meisten Filme Verhoevens wirft auch Hollow Man
verstörende Fragen über das menschliche Verhalten auf.
"Vor tausenden von Jahren schrieb Plato über Unsichtbarkeit,
dass Moralität nicht in uns liegt, sondern sich darüber
definiert, was andere über uns wissen und von uns erwarten",
erzählt Verhoeven. "Er sagte, dass ein unsichtbarer
Mensch trunken werden würde von Macht und sie missbrauchen
würde - einfach, weil er damit davonkommen würde. Er
würde stehlen, er würde in anderer Leute Zuhause einbrechen
und willkürlich vergewaltigen und morden. Plato vermutete,
dass es keinen universellen Moralkodex in uns gibt, der uns dazu
führt Gutes und Gerechtes zu tun. Wir benehmen uns entsprechend
der aufgestellten Regeln, weil wir nicht wollen, dass wir ins
Gefängnis gesteckt werden. Wer bin ich, dass ich mir anmaßen
würde, Plato anzuzweifeln?"
Neben der Erforschung dieser grundsätzlichen moralischen
Fragen war Verhoeven fasziniert davon, einen magnetisierenden
Helden auf der Leinwand zum Leben zu erwecken, der sich zur Verkörperung
des Bösen entwickeln würde.
"Nachdem er auf wunderbare Weise auf die Formel stößt,
die Tiere unsichtbar werden lässt, stellt Sebastian Selbstversuche
mit sich an", erklärt Verhoeven. "Aber die menschliche
DNS weicht von der tierischen ab. Das anfangs fast joviale Abenteuer
nimmt eine Abzweigung in finstere Gefilde, als der Zustand der
Unsichtbarkeit auf Sebastians Psyche übergreift. Merkwürdige,
fremde Dinge werden in seiner Persönlichkeit entfesselt,
die ihn direkt in den Schlund des Bösen führen."
Der Regisseur fährt fort: "Ab einem gewissen Punkt
ist es Sebastian nicht mehr möglich, sich zurück zu
halten, weil er weiß, dass seine Taten ungesühnt bleiben
werden. Als Unsichtbarer beginnt er, die Klauen des Bösen
auszufahren."
Verhoeven genießt das Dilemma, das Sebastians Sturz in
den Abgrund der Verderbtheit für das Publikum darstellen
wird: "Am Anfang ist man auf seiner Seite. Man drückt
ihm die Daumen. Er ist der Held. Aber wenn sich sein Verstand
umwölkt und Schatten auf seine Seele legen, stellt sich
die entscheidende Frage: Wie lange wird man ihm treu bleiben?
Wird man ihn überhaupt irgendwann komplett ablehnen, oder
bleibt da ein kleiner Rest bestehen, der weiter zu ihm hält?"
Verhoeven versucht, Hollow Man griffig zusammen zu
fassen: "Es ist ein Science-Fiction-Suspense-Thriller, der
sich zu einem Horrorfilm entwickelt, wenn die "Wissenschaft"
in der Science Fiction keine Rolle mehr für die Handlung
spielt. Dann wird der Film kalt, abwehrend, klaustrophobisch
- ich würde es als moderne Gotik bezeichnen."
Digitale Spezialeffekte
Natürlich fühlte sich Verhoeven als Filmemacher auch
heraus gefordert, digitale Spezialeffekte in die Handlung einzubauen,
die vor nur einem Jahr schlicht und einfach nicht realisierbar
gewesen wären.
"Wir mussten vor allem darauf achten, möglichst allen
Klischees aus dem Weg zu gehen, die man landläufig mit dem
Genre des Unsichtbarer-Mann-Films in Verbindung bringt",
meint Drehbuchautor Marlowe. "Wir sind tricktechnisch wesentlich
weiter als der typische schwebende Kugelschreiber oder das Glas
Wasser, das sich auf wundersame Weise von allein durch die Luft
bewegt. Wir mussten neue Wege finden, um die Unsichtbarkeit zu
zeigen."
Die Filmemacher lösen dieses Versprechen ein. Man kann
die Umrisse von Sebastian sehen, wenn er sich durch Dampf bewegt
oder in einem Swimming Pool kämpft oder wie ein Geist durch
Rauchschwaden oder Feuer geht.
Paul Verhoeven gibt freimütig zu: "Ich hatte keinen
blassen Schimmer, wie kompliziert und schwierig es werden würde,
den Film zu machen. Es ging weit über alles hinaus, was
ich mir vorstellen konnte."
Alle Beteiligten unterschätzten die Komplexität des
Drehs von Hollow Man, wie Scott E. Anderson, der Leiter
der Spezialeffektabteilung und Regisseur des zweiten Drehteams,
bestätigt: "Wir betraten absolutes Neuland. Ich vergleiche
die Arbeit an Starship Troopers und Hollow Man
mit dem Führen einer Armee und dem Bau einer Schweizer Uhr.
Es gibt genau so viele bewegliche Teile, aber die befinden sich
hier auf einem viel engeren, genauer definierten Raum."
Es gab zwei große Herausforderungen für das Effektteam.
Zum einen musste man zeigen, wie die Titelfigur unsichtbar wird
- Lage um Lage, Körperteil um Körperteil. Gleichzeitg
musste man einen Weg finden, den Unsichtbaren nach der Verwandlung
zu "zeigen".
Verhoeven räumt ein: "Wissenschaftlich gesehen scheint
eine Formel für Unsichtbarkeit unmöglich. Aber alles,
was wir heute in unserem Leben um uns haben und für selbstverständlich
halten, war einst unvorstellbar. Wenn man die Grundidee akzeptiert,
dass Unsichtbarkeit möglich ist, dann ist unser Film absolut
realistisch.
Das Drama des Ganzen, die Fragen, die dabei gestellt werden,
und die Gelegenheit, völlig neuartige Effekte auszutesten,
ließen mich Hollow Man unbedingt machen wollen",
fasst der Regisseur zusammen.
Casting
Verhoevens langjähriger Produzent Alan Marshall schloss
sich dem Team an. Gemeinsam machte man sich daran, eine Besetzung
für das Projekt zu finden.
"Ich wusste, dass wir auf dem Weg zur Fertigstellung des
Films mit technischen Schwierigkeiten konfrontiert werden würden",
sagt Verhoeven. "Aber ihre Bewältigung wäre unsinnig
gewesen, wenn wir nicht den richtigen Hauptdarsteller für
die Titelrolle gefunden hätten. Obwohl er unsichtbar oder
bestenfalls als digital geformte Figur in Wasser oder Feuer zu
sehen sein würde, stellt er doch die vorherrschende Präsenz
des Films dar. Jeder reagiert auf ihn oder wird von ihm berührt.
Wir konnten für diese Aufnahmen also kein Double verwenden,
das den Platz des Schauspielers einnimmt. Das hätte nicht
funktioniert. Wir mussten einen Schauspieler mit Talent finden,
der bereit war, hart zu arbeiten und einiges an Unannehmlichkeiten
über sich ergehen zu lassen."
Kevin Bacon erhielt den Part. Verhoeven sagt: "Ich bewundere
Kevin Bacons wegen seiner enormen Vielseitigkeit. Ich hatte gehört,
dass er ein fest auf dem Boden der Realität verankerter
Typ sei. Und ich wusste, dass er bei Apollo 13 (1995)
mitgemacht hatte, dessen Dreh aufgrund der Übelkeit erregenden
Schwerelosigkeitsszenen eine strapaziöse, schreckliche Erfahrung
gewesen sein musste."
Er fährt fort: "Bei unserem ersten Gespräch konzentrierte
ich mich darauf zu erklären, wie schwierig es der Schauspieler
haben würde, der den Hollow Man darzustellen hätte.
Die meiste Zeit würde er vollkommen schwarz, blau oder grün
angemalt sein, damit wir ihn im Computer unsichtbar machen könnten.
Es ist unangenehm, die Farbe aufgetragen zu bekommen. Aber es
ist eine noch größere Tortur, sie wieder loszuwerden.
Manchmal würde er eine Latexmaske direkt aufs Gesicht aufgetragen
bekommen, die man jeden Abend wieder abziehen müsste. Dann
sind da die Kontaklinsen, die den kompletten Augenbereich abdecken
würden. Das würde eine sehr klaustrophobische und unangenehme
Erfahrung werden und gefährlich obendrein - also kein Job
für eine Primadonna."
Bacon erinnert sich: "Was mich wirklich für die Geschichte
einnahm, war nicht nur die Aussicht auf die Arbeit mit Paul Verhoeven,
sondern vor allem eine sonderbare Faszination mit der Figur des
Sebastian. Er ist ein von sich selbst besessenes, machthungriges,
egozentrisches, verdorbenes Kind, der aber auch Charme versprühen
kann, so dass die Menschen ihm folgen. Als er unsichtbar wird,
raubt ihm diese Macht den Verstand. Es ist unvermeidbar, dass
er zum Monstrum wird."
Bacon gibt auch zu, dass die Darstellung des Sebastian Caine
der härteste Job seiner Laufbahn war. "Aber",
sagt er liebevoll in Bezug auf Paul Verhoevens Ruf, "es
gab mir die Gelegenheit, nicht nur einen verrückten Wissenschaftler
zu spielen, sondern auch von einem eben solchen inszeniert zu
werden."
Für die Rolle von Linda, Sebastians ehemaliger Geliebter
und nun engster Weggefährtin bei einem gefährlichen
Experiment, suchte Verhoeven eine Schauspielerin, die eine zunächst
verständnisvolle, warmherzige Frau spielen können musste,
die aufgrund schrecklicher Umstände gezwungen wird, sich
später in eine Kämpferin zu wandeln. Die Oscar-nominierte
Elisabeth Shue war fasziniert von dieser Figur.
"Sowohl romantisch als auch professionell stand sie immer
im Schatten von Sebastian", sagt die Schauspielerin. "Doch
dann muss sie sich frei kämpfen und den Mann zerstören,
den sie einmal geliebt hat. Ich fand es spannend, Lindas Entwicklung
zu zeichnen, ohne übers Ziel hinaus zu schießen und
sie zu einer typischen Superheldin zu machen."
Verhoeven erinnert sich: "Elisabeth wollte keine Amazonenkriegerin
darstellen, die rauh, harsch und kontrolliert ist. Sie wollte
eine sensible, normale, intelligente Frau spielen, die schließlich
gezwungen ist, einen ehemaligen Freund, Chef und Liebhaber bis
zum Tod zu bekämpfen. Was wir damit erreicht haben, ist
sehr spannend, glaube ich. Denn einerseits muss Elisabeth Shue
nicht auf ihre wohlbekannte Verletzlichkeit verzichten, andererseits
spielt sie eine Figur, die mehr Stärke ausstrahlt als all
ihre voran gegangenen Rollen."
Shue meint: "Linda hat schon immer Führungsqualitäten
gehabt, aber stand bisher im Schatten anderer Leute. Als sie
und Matthew dem Tod gegenüber stehen, nimmt sie das Ruder
in die Hand."
Auf Regisseur Paul Verhoeven angesprochen, lobt Elisabeth Shue
seine Energie, Intensität, Detailverliebtheit und Fähigkeit,
alle Beteiligten immer wieder aufs Neue zu inspirieren und anzutreiben:
"Er hat einen ausgesprochen stimulierenden visuellen Stil,
und er schneidet den Film bereits im Kopf, während er dreht.
Es ist aufregend zu beobachten, wie seine Vision nach und nach
Form annimmt. Seine Szenen sind sehr fließend; pausenlos
herrscht Bewegung in seinen Kompositionen. Ich brauche nicht
zu betonen, dass er nichts auf typische, bewährte Weise
dreht."
Die Figur Matthews - gespielt von Josh Brolin - komplettiert
das emotionale Dreieck im Zentrum von Hollow Man. Linda
hat sich heimlich aus den stets fordernden Armen Sebastians gelöst
und sich Matthew zugewandt, der begeisterungsfähig und gut
aussehend ist und stets seine Unterstützung anbietet. Die
Entdeckung dieses vermeintlichen Verrats ist es, die Sebastian
den entscheidenden Schritt in die Finsternis seiner Seele unternehmen
lässt.
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