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Joe Goulds Geheimnis

So waren sie wirklich

Die echten Menschen hinter Joe Goulds Geheimnis

"In New York, especially Greenwich Village, down among the cranks and misfits and the one-lungers and might-have-beens and the would-bes and the never-wills and the God-knows-whats... I have always felt at home."

Joe Gould

Joe Gould wurde am 12. September 1889 in einem Vorort von Boston in eine Ärzte-Familie geboren. 1911 schloss er sein Studium an der Harvard Universität magna cum laude ab, doch da er fühlte, dass er sich hier nie wohlfühlen würde, verließ er seine Heimat 1916 und zog nach New York.

Dort lebte er als Lebenskünstler und Stadtstreicher und schrieb an einer mündlich überlieferten Geschichte, The Oral History of Our Time. Jeden Tag notierte er in seine Schulhefte, was er in Unterhaltungen, Gesprächen und Bemerkungen in New York City aufschnappte. Er behauptete, seine Oral History umfasse mehr als eine Million Wörter, und wenn man die Hefte aufeinander legte, wäre der Stapel größer als er selbst mit seinen 1,67 Metern.

Bekannt auch unter dem Namen "Professor Seagull", weil er behauptete, mit Seemöwen sprechen zu können, traf man ihn schreiend, krächzend und kreischend mit großer Wahrscheinlichkeit in einer der Bars im Village oder auf Parties. Er übersetze Longfellows Hiawatha in die Sprache der Seemöwen, erzählte er.

Nachdem Joseph Mitchells erste Geschichte über ihn mit dem Titel "Professor Seagull" in The New Yorker in der Ausgabe vom 12. Dezember 1942 erschienen war, avancierte Gould zu einer kleinen Berühmtheit, und der Besitzer der Minetta Tavern erlaubte ihm, an einem Tisch beim Fenster zu sitzen und zu schreiben; im Gegenzug für eine Mahlzeit und Spenden für den sogenannten "Joe Gould Fund" zog er Touristen an.

Gould war mit den Schriftstellern e.e. cummings und Ezra Pound befreundet und kannte Kritiker und Romanciers, die regelmäßig für den "Joe Gould Fund" spendeten. Auszüge aus seinem Buch erschienen in den Magazinen The Dial, Pagany und Exil.

1952 brach er auf der Straße zusammen und wurde in das Columbus Hospital, ins Bellevue und schließlich in das Pilgrim State Hospital auf Long Island, New York, gebracht. Dort starb er am 18. August 1957 im Alter von 68 Jahren an Arteriosklerose und Senilität.

Joseph Mitchell

Aus einer Kleinstadt in North Carolina stammend, zog Joseph Mitchell 1929 im Alter von 21 Jahren nach New York. Er arbeitete als Reporter für The World, The Herald Tribune und The World-Telegram. Nachdem er seine Arbeit für eine Weile unterbrochen hatte, fing er 1938 bei The New Yorker an, wo er bis zu seinem Tode blieb. Beinahe sechs Jahrzehnte lang hallte das Geräusch seiner Schreibmaschine, auf der Mitchell hinter seiner verschlossenen Bürotür tippte, in den Korridoren der Redaktion wieder.

Mitchells Liebe galt dem Schreiben über Stadt und über die Leute, die sie bevölkerten; die meisten seiner Geschichten spielen in der Bowery, am Times Square, in Harlem, in Kneipen und am Hafen.

Sein Porträt über Joe Gould, "Professor Seagull", erschien in der New Yorker-Ausgabe vom 12. Dezember 1942. 1964 veröffentlichte Joe Mitchell einen Zweiteiler mit dem Titel "Joe Gould's Secret". Beide Artikel wurden 1992, zusammen mit anderen Erzählungen, Kurzgeschichten und Reportagen in dem Buch Up in the Old Hotel nachgedruckt.

Mitchell starb 1996 im Alter von 87 Jahren. Er war mit der Fotografin Therese Mitchell verheiratet und hatte mit ihr zwei Töchter: Elizabeth und Nora.

Vivian Marquie

Vivian Marquie, die Besitzerin der Marquie Kunstgalerie in der 57. Straße, war eine langjährige Freundin von Joe Gould. Um 1925 hatte sie ihn auf einer Party kennengelernt, als sie noch Sozialarbeiterin war, und blieb mit ihm bis zu seinem Tod befreundet.

Marquie unterstützte Joe Gould nicht nur mit Spenden für seinen "Joe Gould Fund", sondern versorgte ihn auch mit abgelegten Kleidungsstücken von Freunden. Für einige Jahre verwaltete sie die Zuwendungen einer anonymen Wohltäterin, die u.a. Joes Miete zahlte.

Alice Neel

Alice Neel galt als ein exzentrischer Bohemien, ganz ähnlich wie ihr Freund Joe Gould. Die Karriere der schaffensreichen Malerin reichte von den zwanziger bis in die siebziger Jahre. Am bekanntesten war sie wahrscheinlich für ihre zeitgenössischen Werke, in erster Linie Porträts.

1933 stand Joe Gould für Neel Modell. Das Porträt zeigt einen nackten dürren Mann mit drei Geschlechtsorganen. Von einigen als obszön und schockierend empfunden, fand Joseph Mitchell es einfach nur grotesk.

Neel erhielt nicht viel öffentliche Aufmerksamkeit. Erst in den siebziger Jahren erhielt sie die Ehrendoktorwürde des Moore College of Art. Später wurden ihre Werke im New Yorker Whitney Museum of American Art, in Museen in Georgia und Connecticut sowie 1981 in der Künstlerversammlung in Moskau ausgestellt. Neel wurde in die American Academy und ins Institute of Arts and Letters berufen und erhielt eine Auszeichnung vom National Women's Caucus for Art, die ihr der damalige Präsident Jimmy Carter überreichte.

Alice Neels Gesamtwerk wird ab Juni 2000 in einer Retrospektive des New Yorker Whitney Museum ausgestellt.

Gaston Lachaise

Der Frankoamerikaner Gaston Lachaise war einer der Pioniere moderner Bildhauerei. Ein vollendeter Handwerker mit Stein, Metall und Holz, wurde er am bekanntesten durch seine Bronzeskulpturen üppiger weiblicher Akte. Seine Kunst kann man heutzutage in Galerien und Museen in ganz Amerika bewundern, unter anderem im Metropolitan Museum in New York City.

Joe Gould hat einmal gesagt, Kunst sei im wesentlichen der Ausdruck von Persönlichkeit. Gould erklärte es so: "Ein Bild bedeutet mir nichts als Bild. Ich sehe in ihm stets nur den Ausdruck des Künstlers, der es gemalt hat." Der Künstler Edward Nagle beschuldigte Gould, er sei ein Barbar. Doch Lachaise, der immerhin mit Nagles Mutter verheiratet war, verteidigte Goulds Standpunkt. Er meinte, Kunst sei im Wesentlichen ein Mittel sich auszudrücken.

Lachaise starb 1935. Sein Nachlass wird exklusiv durch die Salander-O'Reilly-Galerie in Manhattan vertreten.

e. e. cummings

So wie andere Schriftsteller und Künstler der Moderne, war auch Edward Estlin Cummings ein längjähriger Freund von Joe Gould. Manche behaupteten sogar, er sei sein einziger wahrer Freund gewesen - der einzige der stets zu ihm gestanden habe. Wie Gould wuchs auch Cummings in New England auf und genau wie er absolvierte er sein Havard-Studium magna cum laude.

Cummings Texte sind radikale Experimente mit Form, Zeichensetzung, Schreibweise und Syntax. Er verweigerte sich traditionellen Techniken und Strukturen, um eine neue eigenwillige Form der Poesie zu schaffen.

Als Cummings 1962 starb, war er nach Robert Frost der am meisten gelesene Dichter in den Vereinigten Staaten.


Joe Goulds Welt

Goody's

Das Goody's existiert nicht mehr, doch einst war es eine der vielen Bars in der 6. Avenue in Greenwich Village, die Joe Gould oft besuchte. Zwischen der 9. und 10. Straße gelegen, war sie Treffpunkt zahlreicher Künstler in den frühen Tagen des Village.

The Minetta Tavern

An der Ecke MacDougal Street und Minetta Lane, mitten im Greenwich Village liegt die Minetta Tavern. Der rote Ziegelbau hat sich seit den vierziger Jahren, als Joe Gould das Restaurant als eine der "letzten Bastionen des bohemian life" bezeichnete, kaum verändert. Eine Zeitlang konnte man sicher sein, Gould an einem der Fenstertische anzutreffen, wo er an seiner Oral History schrieb und gegen eine warme Mahlzeit die Touristenattraktion gab.

1937 eröffnet, diente die Minetta Tavern zahlreichen Büchern als Kulisse. Dichter und Poeten wie e. e. cummings, Ezra Pound und Ernest Hemingway gingen hier ein und aus.

Wie früher zieht die Minetta Tavern auch heute noch zahlreiche Stammgäste zum Lunch und Dinner an; die Wände sind mit den Autogrammkarten zahlreicher Sportgrößen, Stars und Politiker gepflastert, die in der Tavern ihr zweites Zuhause gefunden haben.

The Raven Poetry Society

Zehn Jahre lang versuchte Gould vergeblich, Mitglied der Raven Poetry Society zu werden. Als größte Vereinigung von Dichtern aus dem Village veranstalteten die Ravens jeden Sommer eine Ausstellung am Washington Square. Sie waren die einflussreichste Gruppe ihrer Art im Village.

Ihr Vorsitzender war ein pensionierter Angestellter der New York Telephone Company namens Francis Lambert McCrudden.

Gould ging dennoch zu ihren Meetings, meist uneingeladen und in erster Linie, um sich am Büffet und am Wein schadlos zu halten. Erst nach Joseph Mitchells Porträt im New Yorker boten die Ravens Gould an beizutreten.

St. Joseph Church

Wenn Joe Gould in der städtischen Notunterkunft keinen Schlafplatz mehr fand, schlief er oft vor dem Portal der St. Joseph Church, bis die erste Messe begann. Der Eingang wird von zwei großen freistehenden Säulen gesäumt, die den Blick von der Straße abwehren. Wenn die Türen geöffnet wurden, konnte Gould auf einer der Kirchenbänke Unterschlupf finden.

St. Joseph ist die römisch-katholische Gemeinde in Greenwich Village und ihre Kirche eine der ältesten der Stadt.

The Village Vanguard

Max Gordon, der Besitzer des Village Vanguard, war mehr als 20 Jahre lang Gönner und Mäzen des "Joe Gould Fund".

1934 eröffnete der Club in einem Keller an der 7. Avenue, von Gould als "schmieriges Stelldichein von Kunstleuten" beschrieben. Obwohl er einer seiner Lieblingsplätze war, stieß der Ort ihn ab, sobald er populär wurde.

The Village Vanguard war ein bekannter Treffpunkt für Beatniks und Dichter. Auch der Folk fand hier rasch eine Heimat. In den fünfziger Jahren konnte man hier großartigen Jazz hören. Max Gordon blieb Besitzer des Village Vanguard bis zu seinem Tod.

Washington Square Park

Im Herzen von Greenwich Village liegt der Washington Square Park. Seit über hundert Jahren ist das kleine Gebiet südlich der 14. Straße und westlich des Broadway ein Mekka für Kreative und Lebenskünstler aller Art.

Der ca. 23 Meter hohe Marmorbogen am Parkeingang wurde von Stanford White nach dem Vorbild des Arc de Triomphe in Paris entworfen.

Ende des 18. Jahrhunderts diente das Areal als Töpfermarkt und Platz für öffentliche Hinrichtungen. 1827 wurde er ein öffentlicher Park.




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