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Kalt ist der Abendhauch
Die Liebe lebt
Produzent Günter Rohrbach erzählt:
Michael Naumann, als Bundeskulturbeauftragter von Amts wegen
um das Wohl des deutschen Films besorgt, beklagte kürzlich
öffentlich das Fehlen deutscher Liebesfilme. Denn sie, die
Liebe, sei nun einmal das klassische Thema des Kinos, und niemand
vermöge einzusehen, warum dies allein den Amerikanern überlassen
werden sollte. Naumann nannte auch gleich seinen Lieblings-Liebesfilm,
"Sleepless in Seattle", und empfahl ihn zur Nachahmung.
Das Ministerwort hat uns, wie sollte es auch anders sein, nicht
unberührt gelassen. Vor allem hat der Zusatz, wonach in
den wenigen Darstellungen deutscher Liebeswonnen stets die SS
dabei sei, uns sehr erschreckt. Sollte in der Tat die Fixierung
auf unsere unselige Vergangenheit zu einer solchen, geradezu
reflexhaften Verengung des Liebesthemas geführt haben?
Hier blicken wir in die Abgründe der deutschen Psyche,
nicht ahnend, von wo die Erlösung kommen könnte. Ohne
Zweifel wird die deutsche Filmindustrie bemüht sein, der
Anregung des für sie so wichtigen Ministers zu folgen und
den Blick, um Eingebung bittend, nach Amerika richten. Wir jedenfalls
möchten vorsorglich schon einmal für den Film "Schlaflos
in Osnabrück" Titelschutz beantragen.
Im Augenblick können wir freilich nur mit Kalt ist
der Abendhauch dienen. Das ist nun wirklich ein Film über
eine große Liebe, die ein ganzes Leben dauert. Und, wie
fast alle großen Liebenden der Menschheitsgeschichte, haben
auch diese es schwer, zueinander zu finden. So richtig gelingt
es ihnen erst im hohen Alter und am Ende ihrer Tage.
Ingrid Noll hat uns diese Geschichte geschenkt, und wir haben
sie gerne angenommen, obwohl es auch hier nicht ganz leicht war,
der SS aus dem Wege zu gehen. Den ein Teil der Geschichte, wenn
auch der kleinere, spielt vor dem Krieg und während des
Krieges.
Doch wir hatten Glück, die wichtigen Ereignisse finden
erst später statt, in den Trümmern der Nachkriegszeit,
den Jahren der Auflösung aller Regeln und Beziehungen. Es
war die Zeit der starken Frauen und der geschlagenen, verkrüppelten
und zerstörten Männer. Es waren die Jahre, in denen
die Menschen hungrig nach allem waren, nach Essen zuerst, aber
auch nach Leben und Liebe. Es sind dies auch die besten Jahre
für Hugo und Charlotte.
Aber es gelingt ihnen nicht, ihr Glück festzuhalten. 50
Jahre später werden sie sich als alte Menschen wiedersehen.
Sie werden ein paar gute Tage miteinander haben und uns beweisen,
dass man auch im Kino nicht jung sein muss, um starke Gefühle
zu erzeugen. Hier, wo der Film sein größtes Risiko
eingeht, wird er am meisten gewinnen. Voilà, Herr Minister,
die Liebe lebt. Und das nicht nur in Hollywood...
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