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Kalt ist der Abendhauch

Der Roman und die Schriftstellerin Ingrid Noll


Regie [Foto: Regisseur Rainer Kaufmann mit Romanautorin Ingrid Noll]

Ingrid Noll wurde 1935 in Shanghai geboren. Schon als Kind schrieb sie heimlich Geschichten, die sie vor ihrer Familie versteckte. 1949 kam sie nach Deutschland, lebte in Bad Godesberg und begann nach dem Abitur 1954 ein Studium der Germanistik und Kunstgeschichte.

Sie ist Mutter von drei erwachsenen Kindern. Ihre Karriere als Schriftstellerin begann sie erst, als alle Kinder aus dem Haus waren, sie ein eigenes Arbeitszimmer und endlich Zeit zum Schreiben hatte. Heute ist Ingrid Noll die erfolgreichste deutschsprachige Schriftstellerin: alle ihre Bücher sind Bestseller, die viele Wochen lang auf den obersten Plätzen der Buchcharts rangierten. Ingrid Nolls Werke sind alle erschienen im Diogenes Verlag, Zürich:

1991 Der Hahn ist tot (Roman)

1993 Die Häupter Meiner Lieben (Roman), ausgezeichnet mit dem Glauser-preis 1994, verfilmt 1998 von Hans-Günther Bücking

1994 Die Apothekerin (Roman), verfilmt 1997 von Rainer Kaufmann

1996 Der Schweinepascha (in 15 Bildern, illustriert von der Autorin)

1996 Kalt ist der Abendhauch (Roman)

1997 Stich für Stich (Fünf schlimme Geschichten)

1998 Röslein Rot (Roman)

2000 Die Sekretärin (Drei Rachegeschichten)


Über das Buch

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Ingrid Noll: Kalt ist der Abendhauch.
Roman.
Diogenes Verlag, 1998, ISBN 3-257-23023-0, DM 16,90
Buch Charlotte, 83 und noch sehr rüstig, stammt aus geordneten Verhältnissen. Deshalb räumt sie auch immer ein wenig auf, wenn Besuch kommt. So mancher hat schon bei ihr übernachtet. Nun hat sich jemand Besonderes angekündigt: Hugo, ihr Schwager, für den sie zeit ihres Lebens eine Schwäche hatte. Sollten sie doch noch einen romantischen Lebensabend miteinander verbringen können? Wird, was lange währt, endlich gut?

Mit ängstlicher Sehnsucht schmiedet Charlotte Pläne, doch vor allem steigen Erinnerungen an ihre bewegte Vergangenheit in ihr auf: wie sie sich in den Kriegs- und Nachkriegsjahren als alleinstehende Mutter durchgeschlagen hat, und wie lange es dauerte, bis die Wundeneiner verletzten Liebe heilten. - Doch Charlotte ist kein Jammerlappen, sondern eine lebenskluge Frau mit Witz und Charme, die ihr hohes Alter als letzten Trumpf ausspielt...

Von der Onkelehe über die Angst, ein altes Mädchen zu werden, bis hin zu einem Spätheimkehrer, der buchstäblich zu spät heimkehrt: All dies verbindet sich zu einem bunten Sittenbild, bei dem auch Lebenslust und Lebensfreude nicht zu kurz kommen, wenn man es nur mit den ehelich-ehernen Prinzipien nicht gar zu genau nimmt.

Ingrid Nolls Heldin erzählt anrührend und tragikomisch zugleich von einer weitverzweigten Familie, die es in sich hat: Nicht zufällig ist Cora, die ihren Liebhaber einst in der Toskana unter den Terrazzofliesen verschwinden ließ, Charlottes Enkelin...

"Ich wollte endlich mal das Sprichwort, jeder hat eine Leiche im Keller, wörtlich nehmen und mir ein Späßchen damit machen." Ingrid Noll

Interview

* Frau Noll, Kalt ist der Abendhauch ist ein groß angelegter Familienroman. Er schildert die Geschichte einer Familie bzw. ihrer Hauptfigur von der Kindheit/Jugend bis ins hohe Alter. Die Familiengeschichte verknüpfen Sie außerdem mit dem eindringlichen Bild einer Epoche: Deutschland vor, während und nach dem Krieg. Sie selbst kamen 1949 als Kind aus China nach Deutschland. Ist dieses Roman-Bild vom Nachkriegsdeutschland für Sie eine Art Aufarbeitung der eigenen Erinnerungen?

I.N.: In meinen Roman fließen sowohl eigene als auch fremde Erinnerungen ein. Ich habe dieses Buch meiner 99jährigen Mutter gewidmet, die bei uns im Haus lebt. Details aus Charlottes Jugend stammen zwar von ihr, die Biographie der Romanfiguren ist jedoch frei erfunden.

Als ich mit 14 Jahren aus China nach Deutschland kam, habe ich die Zeit ab 1949 sehr intensiv erlebt und konnte daher - historisch gesehen - aus dem Vollen schöpfen.

* Wie charakterisieren Sie Ihre beiden Hauptfiguren Charlotte und Hugo?

I.N.: Meine Hauptfiguren Charlotte und Hugo sind mir persönlich sehr ans Herz gewachsen. Charlotte ist eine starke, pragmatisch handelnde Frau, die sich nicht unterkriegen lässt, auch noch im hohen Alter über Charme und Witz verfügt und keineswegs bloß in der Vergangenheit lebt. Wenn sie auch zuweilen in Erinnerungen schwelgt, so hat sie doch einen hellwachen Zugang zur Gegenwart und zu jungen Menschen.

Auch durch traurige Erfahrungen ist sie nicht bitter geworden, sondern weise. Hugo ist immer noch ein Belami, dem man kaum widerstehen kann und der es versteht, nicht nur Charlotte um den Finger zu wickeln. Er zeichnet sich durch Fantasie und Humor aus, nimmt es aber mit der Treue leider nicht allzu genau. Insofern musste Charlotte an dieser weitgehend ungelebten Liebe viel schwerer leiden als er.

* Ihre weiblichen Rollenbilder sind ja etwas widersprüchlich: zum einen starke, positive Identifikationsfiguren, zum anderen durchaus etwas fragwürdig in ihren Handlungen - und vor allem deren Folgen...

I.N.: Die Frauen in meinen Romanen sind häufig Mörderinnen, was man aber von Charlotte auf keinen Fall behaupten kann. Zwar hat auch sie ein dunkles Geheimnis, aber jede vernünftige Frau hätte in jener schweren Zeit ebenso rasch und umsichtig eine Leiche verschwinden lassen...

Mit anderen Worten: Charlotte ist zwar kein Unschuldsengel, aber sicherlich keine kühl kalkulierende Verbrecherin. Der Krimi-Plot steht diesmal nicht im Vordergrund, Charlottes diverse Männer kommen eher nebenbei, wie zufällig, ums Leben. Kalt ist der Abendhauch ist von allen meinen Büchern wohl am wenigsten ein Kriminalroman geworden, obwohl ich mich auch sonst ein bisschen vor Etikettierungen grause.

Der Plot ist mit einem Augenzwinkern erdacht, das Sprichwort "Jeder hat eine Leiche im Keller" wurde hier einmal ganz wörtlich genommen.

* Sie sind inzwischen ein Profi, was die Verfilmung Ihrer Werke betrifft. Kalt ist der Abendhauch ist bereits Ihr vierter verfilmter Roman.

I.N.: Ich weiß nicht, ob ich ein Profi in punkto Verfilmungen bin. Jeder Film gerät unterschiedlich, jeder ist ein Abenteuer für eine Autorin.

* Haben Sie mit den Drehbuchautoren zusammen gearbeitet?

I.N.: Mit Kathrin Richter und Ralf Hertwig habe ich zwar nicht zusammengearbeitet, das Drehbuch aber aufmerksam gelesen und für sehr gut befunden.

* Wie finden Sie die "literarische" Form des Drehbuchs im Vergleich zum Roman?

I.N.: Es ist mir klar, dass ein Skript dem Roman nie in allen Punkten folgen kann. Gerade im vorliegenden Fall war es wichtig, die zahlreichen Personen meiner Vorlage etwas zu reduzieren, eine Gewichtung bei der Auswahl der Handlung vorzunehmen und allgemein zu komprimieren.

* Könnten Sie sich vorstellen, einmal selbst ein Skript zu verfassen?

I.N.: Ja, durchaus, aber das ist unter anderem eine Sache der Zeit. Ich denke, dass Profis vielleicht schneller den richtigen Ansatz finden können.

* Den Regisseur Rainer Kaufmann kennen Sie bereits von der Verfilmung Ihres Romans "Die Apothekerin". Wie war die neuerliche Zusammenarbeit? Waren Sie selbst am Set?

I.N.: Von Rainer Kaufmann halte ich große Stücke. An zwei Tagen war ich am Set in Berlin und habe bei den Dreharbeiten zugeschaut. Am liebsten wäre ich gar nicht wieder abgereist.

* Was ist für Sie die Quintessenz von Kalt ist der Abendhauch?

I.N.: Kalt ist der Abendhauch hat kein moralisches Anliegen oder soll eine großartige Botschaft an die Menschheit vermitteln, sondern ist der Versuch, die Lebensgeschichte einer liebenswerten und ungewöhnlichen Frau zu erzählen. Ich hoffe, dass meine Leser, beziehungsweise die Zuschauer des Films, ein wenig über Charlottes Schicksal nachdenken und sich dann mit einem verständnisvollen Lächeln ihr eigenes Urteil bilden.

* Wie geht es bei Ihnen weiter, wann können wir wieder eine "Ingrid Noll" lesen, und bleiben Sie dem Krimi-Genre treu?

I.N.: Gerade habe ich meinem Verlag das Manuskript für einen neuen Roman zugeschickt, der wahrscheinlich Anfang nächsten Jahres erscheinen soll. Ich will nur so viel verraten: Es wird wieder Tote geben ...





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