Schnee, der auf Zedern fällt
Scott Hicks
Regie, Co-Drehbuch
Nach seiner triumphalen Premiere beim Sundance Film Festival
avancierte Scott Hicks "Shine" zu einem weltweiten
Erfolg, der unter anderem für sieben Oscars nominiert wurde.
Schon vor dieser Erfolg machte sich Hicks als Dokumentarfilmer
einen Namen. 1994 bekam er einen Emmy für "Submarines:
Sharks of Steel", 1989 erhielt er einen Peabody Award
für "The Great Wall of Iron".
Hicks wurde in Uganda geboren und verbrachte seine Kindheit
in Kenia. Als er zehn war, zog seine Familie nach England, vier
Jahre später übersiedelte man nach Adelaide in Australien.
Sein Vater und Großvater arbeiteten als Ingenieure in
Burma. Seine Mutter stammt aus Schottland. Weil er als Jugendlicher
nicht viele Möglichkeiten zu Kinobesuchen hatte, besuchte
Hicks häufig Theater und Konzerte und war ein großer
Radiofan. Als jüngstes von vier Kindern beschreibt er seine
Kindheit als "eher einsam".
Mit 16 schloss er die High School ab und wollte sich an der
Adelaide University für ein Jura- und Kunststudium einschreiben.
Doch dann änderte ein Zufall seine Pläne: "Ich
war auf einem Antikriegs-Musical mit anschließender Diskussion.
Die wurde von so einem langhaarigen Philosophieprofessor im Jeansanzug
von der Flinders University geleitet. Dieser Typ bestätigte
sofort all meine Vorurteile über Philosophen - und ich schrieb
mich ebenfalls an der Flinders University ein."
Hicks entschied sich für den Studiengang Englisch und Theater,
ohne zu wissen, dass dabei auch Filmwissenschaft auf dem Lehrplan
stand. Dieses Medium faszinierte ihn dann umso mehr. Vor allem
der deutsche Expressionismus hatte es ihm angetan. Und fortan
wurde Film zu seinem Studienschwerpunkt.
Nach seinem Uniabschluss mit Auszeichnung befand sich die Filmszene
von Australien im Wandel. Nach Jahren der Trägheit sorgte
eine neue staatliche Kunstförderung für frischen Wind.
Vor allem Adelaide entwickelte sich zu einem neuen Filmzentrum,
das auch etablierte Regisseure wie Peter Weir oder Bruce Beresford
anzog. Hicks sammelte als Mitarbeiter bei einem Dutzend Filmen
praktische Erfahrung und versuchte ständig, Gelder für
seine eigenen Kurzfilmprojekte zusammen zu bekommen.
Doch die zwanzig Jahre vom Studienabschluss bis zum "Shine"-Erfolg
sollten mit etlichen Hürden versehen sein. Erst Mitte der
80er Jahre konnte er einige Low-Budget-Filme drehen. 1988 ging
er mit seinem Kinderfilm "Sebastian und der Spatz"
auf den American Film Market nach Los Angeles. Doch die Erfahrung
war wenig ermutigend: "Ich wusste einfach nicht, wie ich
in dieses Filmgeschäft vordringen konnte" erinnert
sich der Regisseur, "man kann stundenlang durch die Straßen
von Los Angeles fahren, ohne einen einzigen Hinweis auf die Filmindustrie
zu finden. Es ist wie eine abgeschlossene Welt, ein Paralleluniversum,
zu dem man keinen Zugang bekommt."
Danach begann Hicks mit Dokumentarfilmen. "The Great
Wall of Iron" schildert die Innenwelt der chinesischen
Volksarmee. "Ich begleitete die Armee überall. Ich
hatte zwei Kamerateams, einen Kran und die Ausrüstung wie
bei einem Spielfilm. Das zwang mich, meine ganzen Fähigkeiten
einzusetzen. Mit diesem Projekt habe ich das Filmemachen erst
gelernt."
Die vierteilige Serie, die 1988 kurz vor dem Massaker auf dem
Platz des Himmlischen Friedens entstand, erreichte die höchsten
Einschaltquoten beim Discovery Channel. Einen Rekord, den Hicks
später mit seiner Serie "Submarines: Sharks of
Steel" selbst brechen sollte.
Eine Begegnung mit dem Pianisten David Helfgott inspirierte
Hicks dann zur Entwicklung seines Spielfilmprojektes über
diesen ungewöhnlichen Künstler. "Ich sah Helfgott
am 30. Mai 1986 in Adelaide bei einem Konzert. Ich freundete
mich mit ihm und seiner Frau Gillian an. Dann begann ich mit
intensiven Recherchen über sein Leben und dem Entwurf zu
einem Drehbuch. Ich bekam von verschiedenen Seiten etwas Fördermittel
- aber keine moralische Unterstützung" erinnert sich
der Regisseur an jene aufreibenden Jahre. "Als ich schließlich
die Finanzierung fertig hatte, fühlte ich, dass ich nun
die Kontrolle über alle Elemente des Filmes hatte, denn
ich hatte so lange mit und für dieses Projekt gelebt."
Im September 1995 ging "Shine" in die Postproduktion
und Hicks begann mit Recherchen für seine neue Dokumentarserie
"The Ultimate Athlete". Bei einem Flug nach
Orlando empfahl ihm ein Mitarbeiter den Roman "Schnee,
der auf Zedern fällt" von David Guterson.
"Der Stoff hatte mich völlig gefesselt und ich bat
meine Frau Kerry, die Rechte daran zu klären. Kerry erfuhr,
dass Universal für eine große Summe die Option auf
den Roman erworben hatte. Damit war die Sache dann für mich
eigentlich gestorben."
Hicks kümmerte sich wieder um sein Dokumentarprojekt, das
ihn nach 30 Jahren erstmals wieder nach Kenia zurückbrachte.
"Als ich dort ankam, spürte ich eine starke Verbindung
zu dem Land und fühlte mich schnell zu Hause."
Im Januar 1996 lief "Shine" auf dem Sundance
Film Festival - und nun endlich hatte Hicks das Gefühl,
Zugang zu jenem "Paralleluniversum der Filmindustrie"
zu bekommen, das ihm vor Jahren noch so unerreichbar erschien.
"Shine" avancierte zum ganz großen Erfolg
und zu einem weltweiten Kinophänomen. Der Film belebte die
Karriere von David Helfgott, er machte den Darsteller Geoffrey
Rush zum Oscarpreisträger und er zeigte, welches Regietalent
in Scott Hicks steckte.
Zu den zahlreichen Auszeichnungen für "Shine"
gehören sieben Oscar-Nominierungen, fünf Golden Globe-Nominierungen,
eine Nominierung für Hicks von der Directors Guild of America
sowie die Auszeichnung "Bester Film" vom National Board
of Review.
In seiner Heimat wurde "Shine" mit neun Australian
Film Institute Awards gewürdigt, darunter der Preis für
"Bester Film" und "Beste Regie". Hicks unterschrieb
bei der legendären Agentur CAA und er bekam nun Hunderte
von Romanen, Drehbüchern und Treatments angeboten. Keiner
dieser Stoffe vermochte ihn zu überzeugen. Bis er plötzlich
"Schnee, der auf Zedern fällt" auf seinem
Schreibtisch fand, diesmal in der Drehbuchversion von Ron Bass.
"Diese Kombination aus einer spannenden Geschichte und der
dichten Atmosphäre war einfach unwiderstehlich" erinnert
sich Hicks...
Hicks lebt mit seiner Frau und Mitarbeiterin Kelly Heysen sowie
den beiden Söhnen in Adelaide. Er betreut derzeit mehrere
Projekte in unterschiedlichen Entwicklungsstadien für verschiedene
Studios.
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