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Vergiss Amerika
Produktionsnotizen
Interview mit Vanessa Jopp
Was ist für Sie das Wesentliche an dieser Geschichte?
Vergiss Amerika ist in erster Linie eine Liebes- und
Freundschaftsgeschichte über drei junge Menschen in den
neuen Bundesländern. Es ist die klassische Konstellation:
zwei Jungen, die einander sehr nahe stehen, lieben die gleiche
Frau. Das ist wenn Sie so wollen die emotionale Ebene. Darüber
hinaus geht es auf einer allgemeineren Ebene darum, daß
alle drei kämpfen, ihre Träume zu leben und auf unterschiedliche
Art scheitern - sich aber trotzdem weiter abrackern.
Wie ist das Drehbuch entstanden?
Die Story stammt von Maggie Peren. Sie hat mit ihre erste Idee
erzählt, und seitdem war klar, dass ich daraus einen Film
machen will. Die Geschichte war natürlich beim ersten Erzählen
längst nicht fertig, aber vom Klima, dem Geruch, dem Feeling
war sie bereits deutlich zu spüren. Und dann hat Maggie
angefangen, das Buch auszuarbeiten, und ich habe diesen Prozeß
von Anfang begleitet.
Warum war es für Sie wichtig, die Geschichte in
der Ex-DDR anzusiedeln?
Gerade wenn man nicht aus der DDR kommt, so
wie ich, ist es natürlich reizvoll, die neuen Eindrücke,
die man bei den ersten Begegnungen gewonnen hat, auch mit Geschichten
zu füllen. Ich habe festgestellt, dass ich da eine neue
Welt entdecke. Die ist unmittelbar nebenan gewesen, aber jetzt
öffnet sie sich und die Recherchen führen nicht nur
dazu, Bekanntes zu bestätigen, sondern alles kriegt einen
neuen Kick, eine Drehung, auf die man so noch nicht gekommen
ist.
Allerdings versuche ich mit Vergiss Amerika nicht,
ein unverrückbares und gültiges, sagen wir 'staatlich
geprüftes', Bild des Ostens abzugeben. Die Geschichte enthält
ein klassisches Kleinstadtthema: soll man da bleiben, wo man
herkommt oder soll man sein Glück lieber in der großen
weiten Welt suchen? Das ist eine Thematik, die in allen möglichen
Kleinstädten zum Tragen kommt. Für mich ist der Osten
ein interessantes neues Setting für diese Art von Geschichten.
Es ist ja im Moment auch der Ort, wo die meisten Dinge in Deutschland
passieren - oder eben nicht passieren. Das gibt dem Film einen
ungeschminkteren Look, macht ihn direkter und, wie soll ich es
beschreiben - existenzieller. Aber wie gesagt, es ging nicht
darum, ein Porträt des Ostens anzufertigen, sondern diese
Liebesgeschichte, dieses coming of age glaubwürdig zu erzählen.
Wie sind Sie auf den Ort Aschleben gekommen? Gibt es
diesen Ort überhaupt?
Also unsere 'Basis-Station', wo wir auch die meiste Zeit gedreht
haben, war in Bernburg an der Saale. Das ist eine Kleinstadt
zwischen Halle und Magdeburg. Um Bernburg herum gibt es ein Aschersleben...
Als ich das erste mal rumgereist bin im Osten, da war ich auch
in Aschersleben und dachte sofort: hier muß dieser Film
stattfinden, d.h. gedreht werden und auch spielen. Einige Szenen
haben wir tatsächlich dort gedreht, aber wir wollten nun
nicht, einer Stadt das Image dieses Films auf's Auge drücken
und deshalb haben wir den Städtenamen im Film abgewandelt.
So ist Aschleben entstanden. Und ich finde diesen Namen auch
super. Er hat sowohl Leben, als auch Tod in sich, das gefällt
mir.
Das ist Ihr erster abendfüllender Film?
Ja, es ist gleichzeitig mein Debüt- und Abschlußfilm,
also mein Abschlußfilm an der HFF-München und mein
Debütfilm auf dem freien Markt.
Was hat es mit dem Filmtitel auf sich?
Der hat sich über lange Zeit entwickelt. Der Arbeitstitel
war AMERIKA: Amerika als das Sinnbild für den großen
Traum. Das kommt vor allem auch wegen der Geschichte, die der
Benno im Film erzählt: Den ersten, der in Amerika in der
Wüste ein Hotel gebaut hat, haben alle für verrückt
erklärt, und dann ist Las Vegas daraus entstanden...
Der Titel AMERIKA ging dann aber aus Rechtegründen nicht.
Und dann haben wir uns sehr lange die Köpfe heiß geredet,
bis schließlich VERGISS AMERIKA daraus wurde. Ich bin jetzt
sehr glücklich mit dem Titel, denn der erzählt viel
mehr, als einfach nur AMERIKA. Es ist ein Statement. Er spricht
eine aktive Entscheidung, nicht bloß
eine passive Sehnsucht an. Jeder kann
sich 'was darunter vorstellen: Wenn es so etwas wie eine Message
des Films gibt, dann die: Mach dein Ding hier und jetzt.
Was hat diese Geschichte mit Ihnen persönlich zu
tun?
Ich kann mich auf jeden Fall mit der Liebesgeschichte und der
Kleinstadtgeschichte identifizieren. Ich komme auch aus einer
Kleinstadt, aus Leonberg bei Stuttgart, und für mich war
immer völlig klar: sobald ich mein Abi habe, bin ich hier
weg. Ich muß in die große weite Welt, ich muß
in die große Stadt, ich will irgendwo anders mein Glück
machen.
Hatten Sie bei Vergiss Amerika
Vorbilder im Kopf?
In gewisser Weise The Last Picture Show. Aber ich würde
es auch nicht als ein direktes Vorbild bezeichnen. Die Geschichte
ist zwar ähnlich, aber ich habe mich beim Drehen absichtlich
nie auf irgendwas berufen, weil ich finde, solch ein Projekt
funktioniert nur, wenn man seine eigene Geschichte daraus macht.
Wie haben Sie die drei Hauptdarsteller gefunden?
Marek Harloff stand von Anfang fest. Ich wollte schon bei meinen
Hochschulfilmen mit ihm arbeiten. Darüber hinaus war es
für mich aber am wichtigsten, die perfekte Dreier-Konstellation
zu finden. Wir haben dann mit dem Casting angefangen, und ich
habe wirklich immer nur Dreier-Konstellationen ausgetestet: und
der arme Marek mußte immer dafür herhalten und mitziehen.
Ich wollte einfach sehen: welche drei sind perfekt?
Und die Geduld wurde ja schließlich auch belohnt: Franziska
Petri, Roman Knizka und Marek Harloff sind genau das
Dreiergespann, das ich mir immer gewünscht habe. Ausschlaggebend
war außerdem, dass sowohl Franziska, als auch Roman aus
der ehemaligen DDR kommen und somit den besten Background hatten.
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