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Emil und die Detektive


Interview mit Franziska Buch

Über Erich Kästner:

Szene [600] [1024] Erich Kästner hat mich reich beschenkt. Schon als Kind liebte ich Emil und die Detektive. Erich Kästner hat nicht nur das Vermögen, aus der Kinderperspektive lebendig und spannend zu erzählen, sondern er vermittelt auch einen präzisen Eindruck von der Gesellschaft, in der er lebte, und den sozialen Verhältnissen. In Emil und die Detektive schafft er außerdem eine Art romantische Utopie. Die Kinder können, wenn sie als Gruppe zusammenhalten, viel bewegen, sogar eine "feindliche" erwachsene Welt besiegen. Dies entspricht natürlich nicht der Realität, ist aber ein Aspekt, den die Kinder lieben, denn er stärkt das Selbstbewusstsein von Kindern und ist damit auch ein Schlüssel zu Kästners Erfolg.

Sie haben Kästners Emil und die Detektive modernisiert und in die heutige Zeit versetzt. Wo sind die Unterschiede, wo die Parallelen zwischen dem Drehbuch und der Romanvorlage?

Szene [600] [1024] Bei allem Respekt für die literarische Vorlage habe ich mich dafür entschieden, unbefangen mit dem Stoff umzugehen. Den Roman in die heutige Zeit zu versetzen erfordert, ihn subjektiv neu zu interpretieren. Der Kern der Geschichte ist geblieben: Emil, einem Jungen aus sozial schwachen Verhältnissen, werden auf seiner Reise nach Berlin die Familienersparnisse von dem Schurken Grundeis geklaut. Der Junge beschließt, sich das Geld wieder zurückzuholen. Dabei stößt er zufällig auf eine Gruppe Kinder, die zusammenhalten, Emil helfen und dabei eine Reihe von Abenteuern bestehen.

Szene [600] [1024] Die erste und wichtigste Änderung ist die Figur von Pony Hütchen (rechts), die von einer Nebenfigur zur zweiten Hauptfigur des Filmes geworden ist. Anstelle von Gustav mit der Hupe ist jetzt sie die Anführerin einer Berliner Kinderbande, ein starkes, selbstbewusstes und phantasievolles Mädchen, das Emil (links) zupackend zur Seite steht. Ich hatte das Bedürfnis, einem veränderten Rollenbild Rechnung zu tragen und eine Figur zu schaffen, die für die Mädchen von heute eine Identifikationsfigur und ein Rollenvorbild zugleich ist.

Die zweite wesentliche Änderung resultierte aus meinem Bedürfnis, Kästners subtilen Sprachwitz in Handlungskomik umzusetzen. Daraus entstand ein neu erfundener Seitenstrang des Filmes, eine Verwechslungsgeschichte: Der Zigeunerjunge Gypsi wird als Emils Double ins Haus von Emils ahnungsloser Gastfamilie geschmuggelt während Emil mit den "Detektiven" Grundeis verfolgt. Diese Verwechslung verstärkt den komödiantischen Aspekt und sorgt für weitere dramatische Turbulenzen.

Drehen mit Kindern ist ja bekanntlich nicht einfach. Wie aufwendig war das Casting?

Szene [600] [1024] Das Casting war sehr aufwendig, denn wir mussten zehn große Kinderrollen besetzen. Wir haben ein halbes Jahr nach der idealen Besetzung für den Film gesucht, haben uns etwa 800 Kinder aus ganz Deutschland angeschaut und mit ihnen Probeaufnahmen gemacht. Das Problem war, Kinder zu finden, die sowohl talentiert als auch mental den Strapazen so aufwendiger Dreharbeiten gewachsen sind. Ich kann von ganzem Herzen sagen, dass ich meine absolute Idealbesetzung gefunden habe. Alle Kinder, allen voran Tobias Retzlaff als Emil und Anja Sommavilla als Pony Hütchen, sind so, wie ich sie mir beim Drehbuchschreiben vorgestellt habe.

Das Thema "Familie" spielt im Film eine wichtige Rolle. Was interessiert Sie besonders an Familien von heute?

Szene [600] [1024] Das Thema "Familie" ist ein Leitfaden, der sich durch alle meine Filme zieht. Bei Emil und die Detektive war es mir besonders wichtig, neben einer spannenden Abenteuergeschichte in Nebensträngen auch die unterschiedlichen familiären Verhältnisse der Kinder mit einfließen zu lassen.

In der heutigen Zeit verfallen Familien, das traditionelle Familienbild "Vater, Mutter, Kinder" existiert kaum noch. Kinder haben aber das berechtigte Bedürfnis, einen Vater und eine Mutter zu haben - ein Bedürfnis, das sich häufig mit den Glücks- und Selbstverwirklichungsansprüchen der Eltern reibt. Diesen Konflikt zerfallender Familien und seine Folgen aus einer kindlichen Sicht zu beleuchten, war mir ein besonderes Anliegen.

Bei Ihrem Fernsehfilm "Verschwinde von hier", für den Sie kürzlich mit verschiedenen Preisen ausgezeichnet wurden, haben Sie bereits sehr intensiv mit Jugendlichen gearbeitet. Was reizt Sie an der Arbeit mit jungen Menschen?

Szene [600] [1024] Aus der Perspektive von Kindern zu erzählen ist deswegen interessant, weil Kinder häufig das schwächste Glied von gesellschaftlichen Konstellationen sind. Ihr Blick auf ihre Umgebung ist daher häufig der genaueste, weil emotional unmittelbarste Blick. Insofern sind Kinder ein sehr genauer Spiegel von gesellschaftlichen Verhältnissen. In der Arbeit finde ich ihre direkte Art zu spielen besonders reizvoll, sie haben eine Spontanität, aus der Wahrhaftigkeit entsteht.

Mit diesem Film habe ich auch ein Versprechen eingelöst, ich habe nämlich meiner fünfjährigen Tochter versprochen, irgendwann einmal einen Film für sie zu drehen.


Interview mit den Produzenten Uschi Reich und Peter Zenk

Emil und die Detektive ist nach Caroline Links "Pünktchen und Anton" Ihre zweite gemeinsame Kästner-Adaption. Die nächste Verfilmung, "Das fliegende Klassenzimmer", bereiten Sie gerade vor.

Peter Zenk: Vor Jahren erwarb ich bei den Kästner-Erben die Filmrechte für "Das doppelte Lottchen", "Pünktchen und Anton", "Emil und die Detektive" und "Das fliegende Klassenzimmer" mit der Absicht, die beliebten Kästner-Klassiker für die heutige Jugend neu und modern zu erzählen. Und der Kinoerfolg gab uns recht: Die Geschichten sind heute noch aktuell.

Sind es Kinder- oder Family Entertainmentfilme, die heute erfolgreich sind?

Uschi Reich: Die Etikettierung ist eigentlich unwichtig. Denn ob Kinderfilm oder Family Entertainment: Bis die Kinder 10 sind, brauchen sie die Eltern oder andere Erwachsene, die sie ins Kino begleiten oder ihnen den Kinobesuch mit Freunden erlauben. Erfolgreiche Filme sind Filme, die "Hand in Hand" besucht werden.

Die besten Kinderbücher, die ich mit meiner Tochter gelesen und die besten Filme, die ich mit ihr gesehen habe, waren für uns beide auf unterschiedliche Weise bereichernd: Sie haben den Erwachsenen wie auch das Kind unterhalten. Sie öffneten meiner Tochter eine wunderbare neue Welt und bei mir riefen sie freudige Erinnerungen an meine eigene Kindheit wach. Von einem guten Kinderfilm oder von gutem Family Entertainment erwarte ich, dass sie für mehrere Generationen unterhaltsam, humorvoll und spannend sind und die Charaktere oder die andere Welt glaubhaft darstellen.

Mit Kindern zu drehen ist ja bekanntlich nicht einfach. In diesem Film müssen die Jugendlichen den Film tragen.

Peter Zenk: Das Casting war sehr wichtig und besonders aufwendig. Wir haben viele Monate nach der Idealbesetzung gesucht. Kinder sind ja keine Schauspieler. Man muss also so lange suchen, bis das Kind gefunden ist, das die Rolle ist.

Wie viele Drehtage gab es, wie hoch waren die Produktionskosten?

Uschi Reich: Wir hatten eine recht lange Drehzeit von 65 Drehtagen, das schlug sich im Budget natürlich nieder: Die Produktion kostete 9,5 Millionen Mark. Daneben sind ausgedehnte Kinderbetreuungen während der Dreh- und Freizeit weitere Posten, die neben den langen Drehzeiten die Produktionskosten erhöhen.

Wo waren die Kinderdarsteller während der Dreharbeiten untergebracht, wer hat sich um sie gekümmert?

Peter Zenk: Fünf der Kinder kommen aus Berlin, die anderen wohnten in einem Hotel gemeinsam mit ihren Eltern, zwei Kinderbetreuerinnen, und den Dialogcoaches. Die Kinder wurden rund um die Uhr betreut, auch am Drehort. An den Wochenenden organisierten wir Ausflüge, auch mit den Eltern. Bei den auswärtigen Kindern war oft auch ein Elternteil bei den Dreharbeiten dabei.

Was gab den Ausschlag, Franziska Buch mit der Neuverfilmung von Emil und die Detektive zu betrauen?

Uschi Reich: Als Autorin kannte ich Franziska Buch schon lange. Sie lud mich zur Sichtung ihres Films "Verschwinde von hier" ein. Ich fand ihn anrührend und klug, ohne eine Spur von Kitsch. Auch von ihrer Arbeit mit den Kindern war ich beeindruckt. Während der Drehbuchentwicklung entstand dann bei uns der Wunsch, Franziska Buch nicht nur als Autorin, sondern auch als Regisseurin zu beauftragen. Wir finden es wichtig, dass die klassischen Kästner-Stoffe mit ganz eigener Handschrift neu verfilmt werden.

Sie sind ein erfolgreiches Produzententeam. Wie verteilen sich Ihre Rollen?

Peter Zenk: Uschi Reich kümmert sich vorrangig um die Drehbuchentwicklung und Finanzierung, ich bin meist bei den Dreharbeiten vor Ort, an der Postproduktion sind wir beide beteiligt.




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