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Girlfight - Auf eigene Faust


Produktionsnotizen

"Ich war schon immer interessiert an der klassischen Geschichte eines Niemands, der sich zu etwas Besonderem entwickelt," erzählt Drehbuchautorin und Regisseurin Karyn Kusama. Ihr Debütfilm über Diana Guzman, eine stolze junge Frau, die Boxerin wird, wurde in diesem Jahr mit dem Regie-Preis und dem Großen Jury Preis beim Filmfestival in Sundance sowie dem Preis des jungen Kinos in Cannes ausgezeichnet.

"Egal ob Terry Mallory in On the Waterfront ("Die Faust im Nacken" 1954) oder Tony Manero in Saturday Night Fever ("Nur Samstag Nacht" 1977), ich fühlte mich immer von diesen Figuren angezogen", erzählt Kusama. "Die Idee, daß durch körperliches Training auch die Persönlickkeit stärker wird, faszinierte mich und ich dachte, es würde eine noch spannendere Geschichte werden, wenn die Hauptfigur eine Frau wäre", erklärt die Regisseurin ihren Entscheidung für eine weibliche Protagonistin.

Im Zentrum von Girlfight steht dementsprechend nicht etwa der physische Aspekt des Boxens, wie Kusama betont, sondern die damit hervorgerufene psychologische Entwicklung dadurch: "In Girlfight geht es um mehr als Boxen, genau wie es in Saturday Night Fever ("Nur Samstag Nacht" 1977) um mehr als nur Disco und Tanzen geht."

Diana Guzman fühlt sich gefangen - es scheint keinen Ausweg zu geben aus dem Leben, das aus Raufereien in der Schule, einem abweisenden Vater zu Hause und ihrer fast selbstzerstörerischen Wut besteht. Bis sie einen Weg entdeckt, der nicht nur ihre Aggressionen kanalisiert und ihr eine neues Zuhause bietet, sondern es ihr auch erlaubt, eine eigene Identität zu entwickeln. Dianas Einstieg in den Boxring bedingt ihre Reifung zur Sportlerin, zum Erwachsensein und - letztlich - zur Frau.

Boxen heißt Köpfchen vor Körperkraft

Kusama wählte den Boxsport zum Thema ihrer kraftvollen Story und ließ sich von persönlichen Erfahrungen inspirieren: Die Regisseurin selbst begann mit etwa 20 Jahren zu boxen. Besonders faszinierte sie der Gegensatz von Einzeltraining und der Konfrontation mit dem Gegner im Ring und die Verbindung der körperlichen Herausforderung mit der erforderten psychischen Stärke, Konzentrationsfähigkeit und Entschlossenheit.

Bei der Arbeit am Drehbuch hielt sich Kusama an den sowieso vorhandenen dramatischen Charakter des Boxkampfe: "Boxen ist etwas sehr Intimes. Es ist bewegend, zwei Menschen zu beobachten, die sich bereit erklärt haben, im Ring gegeneinander zu kämpfen. Außerdem ist es zwangsweise tragisch: einer verliert, einer gewinnt. Ich finde, Boxen ist eine der reinsten Sportarten, eine ungemein kraftvolle Konfrontation zwischen dir und deinem Gegner." "Dennoch", fügt Kusama hinzu, "kämpft man beim Boxen wie bei jeder Sportart auch immer gegen sich selbst".

Die Regisseurin sah Boxen als geeigneten Hintergrund, um die verwirrende Zeit des Heranwachsen dazustellen. "Die Pubertät ist so chaotisch", skizziert Kusama: "die Hormone sind am Übersprudeln, und das Leben ist eine Achterbahnfahrt der Gefühle. Es kann eine unglaublich kreative Zeit sein, wenn die vorhandenen Energien sinnvoll genutzt werden können. Aber die meisten Kids finden kein Ventil, durch das sie all dieses Potential leiten können. Beim Boxen kann man nicht nur physische Energie freisetzen, sondern auch kreative."

Von der Anfängerin zur Athletin

Die Veränderungen des Körpers durch das Boxtraining und die wortlose Konfrontation mit dem Gegner entsprechen für Kusama auch ein wenig den Mustern der Pubertät: "Ich beobachte zunehmend den Trend, daß Teenager als ungeheuer sprachgewandt und nur mit sich selbst beschäftigt dargestellt werden. In Wahrheit können sich Teenager am schlechtesten von allen Menschen artikulieren. Sie können nichts dafür. Sie wachsen so schnell, daß ihr Verstand nicht mitkommt."

Kusama bringt ihren Ansatz auf den Punkt: "Wir neigen dazu, das Chaos in der Jugend und im Alltag glätten zu wollen. Das wollte ich in meinem Drehbuch unbedingt vermeiden."

Dianas Entwicklung kann man vor allem durch ihre Fortschritte beim Training beobachten. Ihr wachsendes Selbstvertrauen wird offensichtlich an ihrer zunehmend entspannten Haltung. Die ständige Bereitschaft zuzuschlagen, wenn sie die Korridore ihrer Schule entlanggeht, scheint zu verschwinden.

Kusama ging es darum, genau diese Verwandlung zu beleuchten: "Die Entwicklung vom Laien zur Athletin ist ein faszinierender Prozeß". Einen Teil ihres frisch gewonnenen Selbstvertrauens schöpft Diana daraus, daß sie sich über die niedrigen Ziele ihres Vaters hinwegsetzt und sich eigene, höhere steckt. Und sie findet etwas, worin sie wirklich gut ist. Beeindruckt von ihrem Können und ihrer Zähigkeit, gibt Tiny Diana das Geld, das er für seine Trainingsstunden bekommt, weil auch er erkennt, daß er nie das werden wird, was sein Vater von ihm erwartet.

"Das ist eine alte Geschichte, daß wir besonders wütend werden, wenn wir von den eigenen Erwartungen oder denen unserer Familie oder der Gesellschaft an uns selbst in eine Ecke gedrängt werden. Ich glaube, Männer wie Frauen spüren den Druck, jemand anderes sein zu müssen als sie wirklich sind", kommentiert Kusama.

Zum Champion wird man gemacht, nicht geboren

Kusama zieht in ihrem Drehbuch Parallelen zwischen dem Kampf im Ring und den permanenten Auseinandersetzungen wirklichen im Leben: "Wenn man sich im Ring nicht anstrengt, stirbt man. Im Leben ist es ähnlich - man stirbt nur langsamer. Mehr als alles andere ist Girlfight eine Geschichte über den Kampf der Heranwachsens und Überlebens."

Dianas Box-Triumphe werden nicht etwa zu simplen Knockouts reduziert, sie gewinnt nicht durch Überlegenheit, sondern durch Hartnäckigkeit und Durchhaltevermögen. Sie siegt, weil sie fest entschlossen ist, einen guten, sauberen Kampf zu liefern. Aber sie offenbart auch eine Verletzlichkeit, die auf eine viel tiefer liegende Stärke deutet, wenn sie beginnt, ihre Gefühle in der Beziehung zu Adrian mit Worten auszudrücken und nicht durch heftige Ausbrüche. Als Hector Diana in einem Schlüsselmoment fragt "Tief innen - kennst du dich da selbst?" antwortet sie sicher und gelassen "Ja".

"Ich wollte in meinem Skript keine großartigen Statements abgeben. Aber ich glaube, daß ganz von alleine etwas entstanden ist, was Dianas Charakter wahrhaftig macht. Je mehr sie an Selbstrespekt und Stärke gewinnt, je mehr sie das Gefühl hat, alles unter Kontrolle zu haben, desto sensibler und verletzlicher wird sie. Ich hoffe, an dieser Charakterentwicklung ist auch etwas Wahrhaftiges", philosophiert Kusama.




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