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Helden aus der zweiten Reihe
Produktionsnotizen
Kickoff für ein reizvolles Projekt
[Foto: Jon Favreau]
American Football mag als Hintergrund dienen, aber für die
Filmemacher und Schauspieler lag die Attraktion des Films nicht
allein im Sport, sondern vor allem in der Universalität
der Themen, die die Story zu bieten hat. "Es ist die Geschichte
einer Gruppe von Leuten, die nicht sonderlich an sich selbst
glauben", erklärt Regisseur Howard Deutch, "und
das ist etwas, zu dem Menschen aus allen möglichen gesellschaftlichen
Gruppierungen eine Beziehung haben - das Filmgeschäft nicht
ausgenommen."
Produzent Dylan Sellers hatte die Idee zum Film, als er wegen
einer Grippe zu Hause lag. "Ich sah mir eine Sportsendung
an, in der es um den Streik der National Football League-Spieler
im Jahr 1987 ging", erinnert er sich. "Irgendetwas
an dem Vorfall weckte mein Interesse, vor allem die Tatsache,
dass so viele von den 'Ersatzspielern' sich damals auf dem Feld
selbst übertrafen. Ich begann nachzuforschen, las Geschichten
über Männer, die aus dem Geschäft, der Fabrik
oder der Tankstelle geholt wurden, um Profi-Football zu spielen.
Ich dachte mir, dass das tolles Material für einen Film
sei, mit einem gleichgroßen Potential an Dramatik und Komik."
Dylan Sellers weiter: "Es ist eine sehr simple, klassische
Geschichte, vergleichbar mit der von Das dreckige Dutzend,
Eine Klasse für sich und Schlappschuss.
Es ist die Story von ein paar ganz gewöhnlichen Burschen,
die auf dem Football-Feld nie etwas Großartiges geleistet
haben. Und die für einen kurzen Augenblick - dank außergewöhnlicher
Ereignisse - ihre zweite Chance erhalten, um ihre Träume
zu verwirklichen. Im Film geht es tatsächlich sehr viel
mehr um ihre Charaktere, Beziehungen und Interaktionen als ums
Spiel an sich."
Als das Projekt Leben annahm, erregte es das Interesse diverser
Regisseure. Einer von ihnen war Howard Deutch, der mit Filmen
wie "Pretty In Pink" und "Grumpier
Old Men - Der dritte Frühling" sein Geschick bewiesen
hatte, Komödie mit starken Charakteren und einem kräftigen
Schuss Gefühl zu kombinieren.
Was ihn aus Sellers Sicht als Regisseur von Helden aus der
zweiten Reihe absolut perfekt erschienen ließ, war
die Tatsache, dass Deutch kein Hardcore-Footballfan ist. "Was
mir an Howie besonders gefiel, war, dass er die Charaktere und
die menschliche Seite der Geschichte liebte", sagt Sellers.
"Howie ist wie die meisten Amerikaner: Er mag Football sehen,
aber er ist davon nicht besessen. Ihm gefiel die Idee, dass sehr
unterschiedliche Charaktere für ein gemeinsames Ziel zusammenkommen,
in diesem Fall Football. Und das ist etwas, was - so hoffen wir
zumindest - den Film so besonders witzig und zugleich bewegend
macht."
Zu den frühen Entscheidungen gehörte, den filmischen
Hintergrund von den historischen Ereignissen im Jahr 1987 zu
lösen. Zwar basiert der Film auf tatsächlichen Ereignissen,
dennoch ist er in der Gegenwart angesiedelt - und fiktiv. Die
Washington Sentinels sind daher ebenso ein Phantasieprodukt des
Drehbuchautoren Vince McKewin wie die Profi-Liga, wie sie im
Film dargestellt wird.
"Indem wir uns von den Fesseln der Realität lösten,
konnten wir unserer Vorstellungskraft, was Hintergründe
und Charaktere angeht, freien Lauf lassen", so Howard Deutch.
"Wir wollten nicht Sklaven harter Fakten sein, vor allem
nicht bei einer Komödie."
Das Trainingscamp - Drei Wochen in der "Hölle"
Für die Szenen auf dem Football-Feld engagierten Deutch,
Sellers und der ausführende Produzent Jeffrey Chernov -
verantwortlich für die oftmals herausfordernde Logistik
der Produktion - Football-Koordinator Allan Graf und seinen Assistenten
Mark Ellis (beide hatten kürzlich an Oliver Stones "Any
Given Sunday" mitgewirkt).
Ihre Aufgabe war es, Kern-Spieler für die fünf Spiele
im Film zu rekrutieren. Zudem waren Graf und Elis dafür
verantwortlich, im Rahmen eines dreiwöchigen Trainingscamps
die Profis in die Schauspieler-Riege zu integrieren. "Wir
interviewten über 400 Spieler, reduzierten sie auf ein 45-köpfiges
Team", so Graf. "Jeder von ihnen spielte Profi-Football
in der einen oder anderen Form, ob nun in der NFL, Canadian Football
League oder Arena Football. Dann verbrachten wir zusammen mit
der Hauptbesetzung des Films drei Wochen im Camp, bevor der Dreh
begann."
"Es war klar, dass Keanu und all die anderen Darsteller
der Sentinels-Ersatzspieler im Film wie Profis aussehen mussten",
erläutert Chernov. "Zwei Monate, bevor ich zum Projekt
stieß, arbeitete Keanu bereits am Football und an seiner
Kondition. Wir wollten nicht nur, dass das Team gut aussieht,
sondern auch das Spiel versteht und lernt, wie man Uniform und
Ausrüstung zu tragen hat. Im wesentlichen ließen wir
sie also einen Crashkurs in Football absolvieren, einschließlich
einem intensiven körperlichen Training und dem Einstudieren
von Spielzügen, die in den fünf Spielen des Films zum
Einsatz kommen. Als die Dreharbeiten begannen, kannten sie alle
Spielzüge und waren bereit, loszulegen."
Laut Graf ist Keanu Reeves "ein wirklich guter Athlet, der
hart daran arbeitete, wie ein richtiger Quarterback auszusehen."
Mit dem Ergebnis, so Ellis, dass er fast als Profispieler durchgehen
könnte: "Keanu liebte es, das Spiel zu studieren, und
betrieb umfangreiche Nachforschungen, bevor er überhaupt
zu uns ins Camp kam. Er konnte bereits eine Menge Sachen mit
seinem Körper und seinen Füßen anstellen. Wir
brauchten nur noch dafür zu sorgen, den Football mit ins
Spiel zu bringen."
Für einige der Schauspieler war das Trainingscamp ein großer
Spaß. Für andere eher ein notwendiges Übel. Für
den Komiker Faizon Love hatten sich körperliche Aktivitäten
bislang auf Videospiele, Kinobesuche und Shopping-Ausflüge
beschränkt. "Aber das Football-Camp war furchtbar real",
so Love. "Trainer Graf sagte zu uns: 'Ihr tut nicht nur
so, ihr spielt wirklich Football.' Als wir dann alle zusammenkamen,
war es komischerweise so, als ob ein richtiges Team zusammenkommen
würde. Wir halfen uns gegenseitig. Wir litten gemeinsam.
Ich erinnere mich, dass jeder von uns einen Eisbeutel hier und
einen Eisbeutel da hatte. Jeder wollte, dass dieser Film gut
aussieht, deshalb arbeiteten wir auf dem Feld wie ein richtiges
Team. Als Schauspieler gingen wir drei Wochen durch die Hölle.
Aber als wir da wieder herauskamen, waren wir wirklich 'Die Ersatzspieler'."
Der Waliser Rhys Ifans, genau wie seine Filmfigur Nigel Gruff,
hatte auf dem heimischen Fußballfeld einige Erfahrungen
sammeln können, war jedoch komplett ignorant, was American
Football betraf. "Ich sah mir in Baltimore ein Spiel der
Ravens an, und konnte nicht glauben, wie zivilisiert es dort
zuging. Ich meine, wenn du in England zu einem Fußballspiel
gehst, sitzt du total abgezäunt in deinem Bereich. Da gibt
es überall Polizei. Da ist ein Graben, um wütende Fans
davon abzuhalten, das gegnerische Team anzugreifen. Und sie nehmen
dir alles am Eingang zum Stadion weg, was auch nur entfernt als
Waffe verwendbar wäre. Und da saß ich also in diesem
Football-Stadion gleich neben den Fans des anderen Teams, und
sie boten mir tatsächlich etwas zu trinken an. Das war eine
andere Welt. Fast so kultiviert wie ein Abend in der Oper!"
Home sweet home - Auf der Suche nach einem Stadion
Organisatorische Herausforderungen gab es bei dem Projekt viele,
und die vielleicht größte war eine Antwort auf die
Frage, wo der Film zur Hauptsache gedreht werden kann. Schließlich
bestand die Notwendigkeit, ein komplettes Football-Stadion -
das dann im Film das Zuhause der Sentinels ist - für die
Zeit von drei Monaten in Besitz zu nehmen. Als ideal erwies sich
am Ende die Stadt Baltimore, ein perfektes Double für Washington
D.C., und das PSINet-Stadion, Heimat der Baltimore Ravens.
Was folgte, war der erste Dreh eines Football-Films in einem
NFL-Stadion während der laufenden Saison. Eine bemerkenswerte
Koordination zwischen den Filmemachern und dem Besitzer sowie
dem Stab der Ravens führte dazu, dass der Film immer dann
in der wunderschönen Arena gedreht wurde, wenn die Ravens
unterwegs waren, und woanders, wenn das Team zu seiner Heimatbasis
zurückkehrte.
Für Executive Producer Chernov war diese Lösung optimal:
"Einer der großen Vorteile beim Drehen während
der Saison war, dass es, im Gegensatz zu Baseball oder Basketball,
nur ein Spiel pro Woche gibt. Und es finden lediglich acht Heimspiele
während einer Saison statt. Wir hatten also viel Zeit zwischen
den Spielen, in der wir drehen konnten."
Es war am 28. August 1999, als ein Freundschaftsspiel der Ravens
den Filmemachern Schauspielern und Ravens-Fans eine unvergessliche
Nacht bescherte. Jeffrey Chernov erzählt: "Wir hatten
von anderen Football-Filmen gehört, wo es möglich gewesen
war, in der Halbzeit zu drehen, z.B. bei Der Himmel kann
warten. Wir erkannten, dass es absolut großartig wäre,
wenn uns das für unseren Film ebenfalls gelänge. Also
setzten wir uns alle zusammen und entwickelten verschiedene Spielzüge,
von denen wir annahmen, dass wir sie in der Halbzeit drehen können.
Natürlich nur einen Take für jeden Zug, versteht sich."
Football-Koordinator und Second Unit Director Allan Graf fährt
fort: "Wir probten eine Woche lang vier komplizierte Spielzüge
- gemeinsam mit der Schlüssel-Besetzung, 60 Football-Spielern
und 90 Statisten. Aber in Wirklichkeit würde es natürlich
ziemlich anders sein - während der Halbzeit eines NFL-Spiels
mit Tausenden von Leuten, die jeden Schritt beobachten, den wir
machen, und weiteren Millionen Menschen zu Hause an ihren Fernsehgeräten."
Um die ganze Sache noch zu komplizieren, wurden die zwölf
Minuten auf dem Feld, die ursprünglich bewilligt worden
waren, kurzfristig auf neuneinhalb Minuten reduziert. Die Koordination
erinnerte an eine Militäraktion:
Rund 500 Mitglieder des "Helden"-Teams - die bereits
kostümierten Stars, der Regisseur, die Crew und die Kern-Footballspieler
- hatten sich auf einem Sammelplatz in der nahe gelegenen Baltimore-Arena
eingefunden. Als das Ravens-Spiel sich der Halbzeit näherte,
brachten Busse die komplette Mannschaft rüber zum PSINet-Stadion.
Dort warteten sie in den Katakomben der gigantischen Arena auf
ihr Zeichen. Als dann Keanu Reeves und Gene Hackman an der Spitze
des Film-Teams aufs Feld liefen, brach bei den Ravens-Fans ein
Jubel aus, der sich in den folgenden neun Minuten in ein ohrenbetäubendes
Tosen verwandelte. "Eine solche Euphorie hatte niemand von
uns je zuvor erlebt", schwärmt Graf. "Sogar Keanu
meinte, es war einer seiner schönsten Momente, dort auf
dem Feld zu stehen und von den Massen derart angespornt zu werden.
Es herrschte eine unglaublich intensive Beziehung zwischen dem
Team und dem Publikum. Und alles funktionierte wie am Schnürchen:
Die Schauspieler waren großartig, die Spieler waren großartig.
Ich werde diesen Abend niemals vergessen. War das aufregend!"
"Es lief für uns wirklich traumhaft gut", fügt
Jeffrey Chernov hinzu. "Das Wetter war ideal, das Stadion
mit 65.000 Fans ausverkauft. In diesen neuneinhalb Minuten nahmen
wir 45 Setups mit sieben Kameras auf. Das ganze Team arbeitete
mit unglaublicher Präzision."
Auf dem Feld fühlte sich Faizon Love, als wäre die
Geschichte des Films Wirklichkeit geworden: "65.000 Menschen
jubelten uns zu. Und nicht nur uns als Schauspieler, sondern
auch als Ersatzspieler. Es war buchstäblich so, als sei
ein Traum wahr geworden."
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