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Rushmore


Produktionsnotizen

Ein Mathe-Genie und der kopflose Reiter: Wahrheit und Dichtung von Rushmore

Szene Es war vor allem die Erinnerung an die eigene Schulzeit, die Wes Anderson und Owen Wilson zu der Geschichte von Rushmore inspirierte. Tatsächlich wurde der Film auch in der St. John's Academy in Houston, Texas, gedreht, wo Anderson seinen Abschluß machte. Seitdem hatten sie gemeinsam ihren Weg ins Filmgeschäft gefunden, Wilson als Schauspieler (Armageddon, The Minus Man, Shanghai Noon), Anderson als Regisseur, und beide als Autoren, die sowohl Andersons Kinodebüt Bottle Rocket wie Rushmore zusammen geschrieben haben.

Dass die Anfangsszene von Rushmore eine Traumsequenz ist, in der Max Fischer eine der schwersten Rechenaufgaben der Welt löst, geht direkt zurück auf Owen Wilsons eigene Erfahrungen: Er wurde als unerkanntes Mathe-Genie in der 10. Klasse von seiner Schule in Dallas geworfen, nachdem er sich ein Lehrbuch besorgt hatte und seine Lehrer mit Geometrie-Problemen der Oberstufe überforderte.

Szene Die Figur des Mentors Mr. Blume wiederum basiert auf Regisseur James L. Brooks, der nach ihren Kurz- und 16-mm-Filmen auf Anderson und Wilson aufmerksam wurde, mit den beiden nächtelang ihre Drehbücher diskutierte und anschließend die Kinofassung von Bottle Rocket ("Durchgeknallt", 1995) produzierte. (Owen Wilson wiederum war dann 1998 ausführender Produzent bei Brooks' Besser Geht's Nicht.) Doch natürlich war es der fiktive Max Fischer, der für Anderson und Wilson den Stein ins Rollen brachte.

"Ich mag Leute, die von etwas besessen sind", erklärt Owen Wilson den Entwicklungsprozeß, der schließlich zur Figur des Max führte. "Zum Beispiel interessiere ich mich nicht besonders für Schach, finde aber Bobby Fischer ausgesprochen faszinierend, weil er einfach vom Schachspielen besessen ist. Solche Typen haben etwas Witziges. Sie sind sich nicht bewusst, wie sie auf andere wirken und dass sie eigentlich ziemlich komisch sind."

Szene Wes Anderson führt weiter aus: "Max Fischer möchte auf jedem nur denkbaren Gebiet als Experte gelten. Er möchte den ganzen Betrieb leiten. Und er läßt seinen Enthusiasmus und seinen Ehrgeiz nicht von der Tatsache trüben, dass er in den meisten Dingen nicht übermäßig begabt ist."

Diese leicht pathologische Verkennung der Realität trifft besonders auf die Art und Weise zu, wie Max der jungen Lehrerin Miss Cross den Hof macht, eine Schwärmerei, die schließlich dramatische Ausmaße annimmt. "Trotzdem", sagt Anderson, "neige ich dazu, seine Geisteshaltung zu bewundern. Auch wenn in Wirklichkeit etwas mit ihm ganz und gar nicht stimmt."

Szene Die Theaterstücke wiederum, die Max an der Schulbühne zur Aufführung bringt, gehen zurück auf Andersons eigene frühe Versuche. "Meine Eltern haben sich scheiden lassen, als ich in der vierten Klasse war", erzählt er. "Ich schätze, ich bin damit damals nicht besonders gut zurechtgekommen und habe im Unterricht häufig gestört. Ich hatte eine Lehrerin, die wußte, wie gerne ich Theaterstücke schrieb und mit mir einen Deal machte: Jedesmal wenn ich vierzehn Tage lang Ruhe gab und keine Disziplinarstrafen bekam, durfte ich ein Stück inszenieren. So kam ich praktisch zu meinem eigenen kleinen Theaterkurs, und ich habe das mehrere Jahre lang durchgezogen. Wir haben Sachen aufgeführt, die stark vom Kino und vom Fernsehen beeinflusst und entsprechend enorm populär bei unseren Mitschülern waren. Ich erinnere mich zum Beispiel an ein Stück, das 'Die fünf Maseratis' hieß und auf der Autobahn spielte. Ein anderes behandelte die Schlacht um Alamo, und ich war Davy Crockett. Und wir gaben 'King Kong' und viele mysteriöse Mordgeschichten und eine vage Adaption von 'Der kopflose Reiter', wo der kopflose Reiter der Held war. Ich habe natürlich die besten Rollen immer für mich selbst reserviert. Schließlich war das wohl der Grund, warum ich die Stücke überhaupt schrieb."

Searching for Max Fischer: Das Casting-Problem und die Party-Lösung

Szene Mit dem Drehbuch zu Rushmore hatten Wes Anderson und Owen Wilson bereits begonnen, bevor die Dreharbeiten zu ihrem ersten Film Bottle Rocket überhaupt anliefen. Als das Script fertig (und Bottle Rocket abgedreht) war, versteigerten sie zusammen mit dem Produzenten Barry Mendel die Filmrechte. Vier Studios gaben Angebote ab, und schließlich holte Joe Roth, der Chef der Disney-Studios, der Mendel von früher kannte und ein großer Fan von Bottle Rocket war, die Filmemacher zu Touchstone Pictures.

Das Projekt nahm schnell Gestalt an, doch allmählich wurde klar, dass es ein echtes Problem war, die Rolle des Max Fischer zu besetzen. Die Produktion schrieb die Rolle in "USA Today", in der "New York Times" und im Internet aus. Nancy Doyle, eine der Besetzungschefinnen in New England, erinnert sich: "Wes suchte nach jemandem ganz speziellen, einem Unbekannten, der einfach auftauchen und den Film tragen könnte. Er sagte ganz klar, dass er ohne den perfekten Max nicht anfangen würde zu drehen."

Szene Erst nach einem neunmonatigen internationalen Casting, das insgesamt vierzehn Besetzungschefs in Amerika, Kanada und England mit über 1.800 Bewerbern beschäftigte, wurde dieser "perfekte Max" gefunden - durch Zufall. Bei einer Party auf dem Weingut von Francis Ford Coppola erzählte die Rushmore-Besetzungschefin Davia Nelson Coppolas Tochter Sofia von der Rolle, und diese stellte ihr daraufhin ihren Cousin vor: Jason Schwartzman.

Schwartzman erzählt die Begebenheit so: "Davia sagte, 'Wir suchen einen Jungen, der geil ist, auf ältere Frauen steht und Theaterstücke schreibt'. Ich antwortete: 'Wow, klingt nach mir.' Also gab ich ihr meine Adresse und Telefonnummer, und als ich nach Hause kam, wartete dort bereits das Drehbuch auf mich. Ich hab es gelesen. Ich hab gelacht. Ich bin ausgeflippt."

Szene Als Schwartzman in einem von ihm selbst mit dem Schriftzug "Rushmore" bestickten Blazer bei Anderson zum Vorsprechen erschien, war für den Regisseur sofort die Sache klar: "Ich wusste augenblicklich, dass nur er es sein konnte, und wir konnten endlich die Suche abbrechen." Zwar waren noch zehn weitere Bewerber im Blazer aufgetaucht, aber, wie Wilson sagt, "kein anderer hatte einen Rushmore-Schriftzug aufgestickt. Ich war danach enorm erleichtert. Jason hatte tausend Ideen und unerschöpfliche Energien. Er ist wirklich clever, und er ist witzig, und er ist ein bisschen seltsam. Mit anderen Worten: Er hatte alles, was die Rolle erforderte. Ich mochte ihn sofort."

Mit dem Clown kamen die Tränen: Bill Murray als Mr. Blume

Szene Bill Murray wiederum war der erste, der nach dem Lesen des Drehbuchs zugesagt und dem Projekt dadurch zum "Green Light" der Produktion verholfen hatte. Von Anfang an hatten Anderson und Wilson an ihn gedacht, aber, wie sich Anderson erinnert, "wir wollten ihm die Rolle gar nicht erst anbieten, weil wir dachten, wir würden ihn eh nie kriegen. Das war für uns ein echter Hammer, als er dann zugesagt hat. Und er war perfekt!"

Den Film mag man als Komödie verstehen, aber Mr. Blume, der Millionär und Vietnam-Veteran, hat sehr ernste Probleme. Er zeigt Symptome eines Manisch Depressiven. Er hat sich seiner Familie völlig entfremdet.

Szene Owen Wilson beschreibt die Figur so: "Blume erkennt in Max die Vitalität und den Enthusiasmus, der aus seinem eigenen Leben verschwunden ist und den seine Kinder auch nicht haben. Er kann seine beiden Söhne nicht ausstehen. Aber es ist auch nicht so, als würde Blume zum Mentor und Max zu seinem kleinen Schüler. Sie werden einfach Freunde. Vielleicht ist es tatsächlich sogar eher so, dass Blume ein bisschen mehr zu Max aufschaut als umgekehrt."

Murray, vor allem als Komödiant bekannt, hat im Laufe seiner Karriere auch schon viele ernsthafte Rollen gespielt, und sein Part in Rushmore erlaubte es ihm, auf sein ganzes Repertoire zurückzugreifen: Er ist gleichzeitig komisch und traurig, verschroben und zurückhaltend - und er ist wahrhaftig. Die amerikanische Presse lobte fast unisono seine Leistung, und nicht nur der "Rolling Stone"-Kritiker Peter Travers äußerte Unverständnis, dass Murray nach dem Schauspielerpreis der New York Film Critics und einer Golden-Globe-Nominierung nicht auch für den Oscar nominiert wurde.

Szene Barry Mendel, neben Paul Schiff einer der Produzenten von Rushmore, bewundert vor allem Murrays "unsentimentalen" Schauspielstil. "Er macht unglaublich viel mit ganz wenig. Wenn man nur auf seine Augen achtet, versteht man bereits die komplette Figur. In Rushmore zeigt er uns, dass wir bisher nur die Oberfläche dessen gesehen haben, zu was der Schauspieler Bill Murray fähig ist."

Auch Schiff gerät über Murray ins Schwärmen: "Ich glaube, das Publikum wird von ihm sehr überrascht und beeindruckt sein. Er ist extrem komisch in dem Film, aber ich glaube, die Leute werden nicht erwarten, dass er auch so überwältigend sein kann. Er spielt voller Verletzlichkeit und Aufrichtigkeit einen Mann, dessen Familien- und Gefühlsleben völlig durcheinander ist, der kurz vor dem Abgrund steht. In diesem Moment tiefer Krise muss Bill als Schauspieler viel von sich selbst zeigen. Und das macht er ganz großartig."

Szene Murray selbst interpretiert seinen Mr. Blume als "einen Erwachsenen, der sich mit einem Schüler anfreunden will - ein sicheres Zeichen, dass er einen Neuanfang sucht. Er will den Ast, auf dem er sitzt, absägen, und zurück zu seinen Wurzeln finden. Er will sein Leben in Ordnung bringen und vereinfachen. Blume hat einen Haufen Geld, aber indem er seine Zeit mit einem Schuljungen verbringt, sieht er die einfacheren Seiten des Lebens. In Max sieht er jemanden, der seine erste Liebe erlebt. Er erinnert sich, wie das bei ihm war, und merkt, dass er schon seit sehr langer Zeit gar keine Liebe mehr kennt."

Das Thema des Films beschreibt Murray als "die Erkenntnis, die eigenen Kriege hinter sich zu lassen, und aus den Erfahrungen gestärkt und ermutigt hervorzugehen - keine Angst mehr davor zu haben, auf eine neue Liebe, eine neue Familie, neue Vorhaben, neue Pläne einzugehen." Die Erfahrung mit Rushmore erinnert ihn an "meine allerersten Filme, als die Leute noch entspannt und nicht so schrecklich nervös wegen jeder Kleinigkeit waren."

Über Jason Schwartzman und dessen Entwicklung vom Laien zum Vollblutschauspieler sagt Murray: "Es hat mir großen Spaß gemacht, unsere gemeinsamen letzten Szenen zu drehen. Er war ein Zauberer. Es war wunderbar, ihm zuzuschauen. Wir haben die Szenen ein paarmal wiederholt, und er war befreit, er hatte seinen Spaß. Er unterhielt mich während des Spielens, er unterhielt Wes und die Crew hinter der Kamera. Ich hätte wirklich noch ein paar Stunden so weiterdrehen können. Es war toll, ihn bei der Arbeit zu erleben, und es hat Spaß gemacht, mit ihm zu drehen."




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