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Signs and Wonders


Produktionsnotizen

James Lasdun: Ein freiwilliger Amerikaner

"Nach vierjähriger Zusammenarbeit, waren wir uns über eines einig: Wir wollten eine Geschichte erzählen, die unser Gefühl davon vermittelte, wie es ist, am falschen Ort zu sein - meines als das eines Engländers, der in den USA lebt, und Jonathans als das eines Amerikaners, der in Europa aufwuchs.

Wir einigten uns auf eine Prämisse, die einen Nerv in uns beiden berührte: Ein Mann verliebt sich obsessiv in seine eigene Frau, nachdem er sie für eine andere verlassen hat. Jede Wendung in dieser emotionalen Achterbahn treibt ihn nach Ost oder West über den Atlantik. Diese Ausgangssituation schien uns ein tiefes Gefühl dieser 'dislocation' zu vermitteln, aber auch viel Sprengstoff zu besitzen.

Wer ist dieser Mann? Warum verläßt er seine Frau? Was geschieht, wenn er versucht, in sein altes Leben zurückzukehren? Je stärker wir ihn uns vorzustellen versuchten, desto mehr zeichnete er sich als typischer Amerikaner ab.

Zwei bekannte Formulierungen der Verfassung der USA kamen uns in den Sinn: "The Pursuit of Happiness" und "Manifest Destiny". Hier war ein Mann, der Glück - im Sinne von emotionaler Erfüllung - als eine Art religiösen Imperativ versteht. Um es zu erreichen, darf man skrupellos Leben ruinieren und Heime zerstören. Und dabei verliert er doch nie eine gewisse amerikanische Unschuld. Denn er glaubt aufrichtig daran, daß das Schicksal für jeden Menschen eine bestimmte Form von Glück vorbestimmt hat, und daß dem Menschen nicht nur erlaubt ist, danach zu streben, sondern daß es sogar seine Pflicht ist.

Wie die meisten Amerikaner fühlt Alec sich unwohl, dem schlingernden Richtungsanzeiger seiner eigenen Leidenschaften zu vertrauen, also sucht er nach etwas, das ihn führt. Die Außenwelt überlädt er mit latenter Bedeutung: eine Welt der Hinweise, Wunder und Zeichen. Es ist nicht nur einfacher, sie zu entschlüsseln als sich selbst, sie schenken seinem eintönigen Leben in einer tristen Stadt zudem einen hohen Grad an Wirkung und Dramatik. Wie Amerika selbst, hat auch er eine Mission, und dem Rest der Welt bleibt nicht viel anderes übrig, als die Konsequenzen zu ertragen, entweder voller Bewunderung oder Entsetzen.

Ein Teil des Reizes dieser Figur besteht darin, daß Alec selbst im Banalsten noch eine wichtige Bedeutung entdeckt, was uns erlaubte, selbst das irdischste Detail zu erhöhen. Unsere Herausforderung bestand darin, ihn in der am wenigsten poetischen Stadt, die wir uns denken konnten, auszusetzen und durch seinen Blick Autos, Beton, Unterführungen, Tauben, Antennen, Drähte, Abflußrohre und Klimaanlagen in etwas Neues und Seltsames zu verwandeln.

Athen schien die ideale Wahl - nicht nur, weil sich in der Stadt all die düsteren Aspekte zeitgenössischer Metropolen konzentrieren, sondern auch als Ort, an dem sich unser Melodram über Liebe, Betrug und tödlicher Versöhnung in politischen Beziehungen widerspiegelt. Die Stadt brodelt noch immer vor - um es vorsichtig zu formulieren - ambivalenten Gefühlen gegenüber Amerika - dem Amerika, das half, die Nazis zu vertreiben, aber später die Diktatur der Colonels stützte. Die Quelle modernen Wohlstands, in dessen Überfluß sich unser Planet in eine einzige riesige Shopping-Mall zu verwandeln droht.

Wir entwarfen Alec als einen "freiwilligen Amerikaner", als jemand, der sich seine Identität bewußt gewählt hat - zum Teil, um zu betonen, daß das Leben seiner Meinung nach aus einer Reihe von Optionen besteht, aus denen man frei wählen kann, und zum Teil, um Amerikanisch-Sein als mehr als bloß einen Zufall der Nationalität darzustellen. Als Beruf war Warenterminhändler schier unwiderstehlich: also jemand, dessen Lebensunterhalt von seiner Fähigkeit abhängt, intuitiv eine Bedeutung aus dem mehr oder weniger chaotischen Fluß von Indikatoren abzuleiten. Alec sollte als verspielter, aber auch charmanter Familienmensch erscheinen, als typisches, apolitisches und häusliches Exemplar Mensch am Ende des zweiten Jahrtausends. Als jemand, der sich zum Großteil der fanatischen Rüstung, die seine Seele umgibt, gar nicht bewußt ist. Ein Monster, aber auch ein Beispiel aufrichtigen Anstands.

Die Geschichte entfaltete sich, und ihr Netz der Beziehungen forcierte Gegenseitigkeiten, die wir nicht geplant hatten, die jedoch einen noch weiteren menschlichen Horizont eröffneten. Alecs Frau Marjorie, eine Amerikanerin, fühlt sich von Europa angezogen wie Alec von den USA, und wird auf ihre Weise eine Art freiwillige Europäerin, nachdem er sie verlassen hat. Und Andreas, der Held des Widerstands gegen das diktatorische Regime, fühlt sich von der Neuen und der Alten Welt gleichermaßen abgestoßen. Von der Politik enttäuscht, setzt schließlich auch er sein ganzes Vertrauen auf die Liebe. Es sollte niemanden überraschen, daß dies die bei weitem gefährlichere der beiden Alternativen ist..."




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