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Tigerland
Stil und Besetzung
Mit 8 mm - Acht Millimeter und Makellos hatte
Schumacher bereits angefangen, kleinere, persönlichere Filme
zu machen. Doch Tigerland, gedreht in 28 Tagen auf einer
Militärbasis in Starke, Florida, bedeutete eine völlige
Umstellung. Der Film wurde nach den Ideen der "Dogma 95"-Bewegung
des dänischen Regisseurs Lars von Trier konzipiert. Die
Dogma-Philosophie, die Schumacher bei einer PR-Tour für
seinen Film 8 mm - Acht Millimeter in Skandinavien kennen
lernte, lehnt die Künstlichkeit Hollywoods ab, indem sie
auf zusätzliche Beleuchtung, Spezialeffekte und Musik verzichtet.
Zusammen mit dem Kameramann Matthew Libatique (Pi, Requiem
For A Dream) entwickelte Schumacher einen dokumentarischen
Stil für Tigerland, der dem "Blickwinkel des
unerfahrenen Rekruten" im Drehbuch entspricht.
Teilweise inspiriert von Frederick Wisemans Titicut Follies
entschlossen sich die Filmemacher, auf 16 mm zu drehen, weitestgehend
auf Stativ und Dolly zu verzichten und der Handkamera den Vorzug
zu geben.
Casting
Bei der Besetzung gab es ebenfalls Beschränkungen. Schumacher
und sein langjähriger Besetzungschef Mali Finn stellten
eine Gruppe von relativ "unbekannten Gesichtern" zusammen,
die die schwierigen Bedingungen bei dieser Form des Filmemachens
nicht einfach über sich ergehen ließen, sondern dabei
richtig aufblühten.
Die Hauptbeteiligten trugen kein Make-up (abgesehen von etwas
Blut und blauen Flecken), absolvierten ihre Stunts selbst, verzichteten
auf Wohnwagen und Regiestühle und unterwarfen sich vor den
Dreharbeiten einem zweiwöchigen Infanterietraining in Camp
Blanding. Ohne jeglichen Komfort konzentrierten sich die Schauspieler,
von denen die meisten nur wenig Filmerfahrung besaßen,
ganz auf ihre Rollen. Für Shea Whigham, der Bozz' Vorgesetzten
Wilson spielt, "ähnelt der Film einem Theaterstück".
Schumacher übertrug Colin Farrell (erstes Foto, Szene im Bus)
die Rolle des Bozz. Farrell
gesteht, dass ihn mit der Figur eine Seelenverwandtschaft verbindet.
Er verließ die Gaiety Schauspielschule in Dublin vor Ablauf
seiner zweijährigen Ausbildung. Als Grund nannte er Schumacher:
"Ich wollte nicht zweieinhalb Tausend Pfund ausgeben und
ein Jahr meines Lebens damit vergeuden, dass man mir sagte, ich
wäre der letzte Dreck."
Nach einigen phonetischen Übungen mit dem Sprachtrainer
Tim Monich unternahm Farrell eine Reise durch Texas, um Bozz'
Akzent zu lernen. "Ich weiß nicht, wieviele Amerikaner
mir diesen Akzent abnehmen, aber meine eigenen Landsleute werde
ich an der Nase herumführen", witzelt er.
In Tigerland geht es jedoch nicht allein um Roland Bozz.
Nach Farrell "handelt es sich um die Geschichte einer Gruppe
von jungen Männern, die sich in einer Lebensphase befinden,
in der sie herausfinden sollten, was ihre eigentliche Identität
ist. Aber man erlaubt es ihnen nicht, weil sie das tun müssen,
was ihnen die Regierung befiehlt." Die Hauptfigur des Films
ist nur so stark wie der Rest der Gruppe.
Matt Davis (Foto) spielt Jim Paxton, den Erzähler des Films, dessen
etwas naive Haltung im Kontrast zum Zynismus von Bozz steht.
"Paxton muss Dinge sehen, die sonst niemand sieht",
erklärt Davis. Im Gegensatz zu Bozz hat er sich freiwillig
gemeldet. "Ich will zum Militär", sagt er. "Ich
will Erfahrungen sammeln. Ich mache mir über alles Notizen,
und vielleicht werde ich eines Tages etwas schreiben." Ihre
unterschiedlichen Sehweisen führen zu einem seltsamen Bündnis,
aus dem beide Männer unerwartete Konsequenzen ziehen.
Im Gegensatz dazu akzeptiert die Figur des Wilson den Krieg ohne
jegliche Vorbehalte. "Manchmal fördert die Armee bei
den Leuten bizarre Dinge zutage", erklärt Ross Klavan.
"In Tigerland traf ich viele Typen wie Wilson. Sie kommen
zur Ausbildung und wollen plötzlich nur noch Killer sein."
Wilson ist ein Patriot, ganz erfüllt von seinem Ehrgeiz.
"Er will seinem Land dienen und ein guter Soldat sein",
sagt Wilson-Darsteller Shea Whigham. Die Figur zeigt die Gefährlichkeit
von Extremen, in diesem Fall von extremem Nationalismus. Wilson
fällt auf seine Weise der riesigen Maschinerie der Armee
zum Opfer.
Miter (Clifton Collins, Jr.), Cantwell (Thomas Guiry), Johnson
(Russell Richardson) und die anderen Mitglieder der A-Kompanie,
Zweites Platoon, verdeutlichen den Prozess der Entmenschlichung
bei der militärischen Ausbildung. Laut Guiry erzählt
der Film die Geschichte einer Freundschaft während "einer
Phase der Unschuld im Leben dieser Männer."
Es war diese "innere Geschichte", die Schumachers Interesse
weckte. "Für mich funktioniert Tigerland sowohl
auf der politischen als auch auf der menschlichen Ebene",
erklärt er. "In dieser Geschichte ist der Krieg der
Übeltäter. Die Männer, die man einzog, um diesen
Krieg zu führen, wurden als beliebig verfügbares Material
angesehen. Die Freundschaft, die Loyalität, das Mitgefühl
und der Mut dieser Männer sind das eigentliche Thema des
Films."
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