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Traffic
Produktionsnotizen
Startschuss
Als sie Ende der achtziger Jahre in England lebte, stieß
die Produzentin Laura Bickford auf eine Channel-4-Miniserie mit
dem Titel "Traffik", in der die Drogenroute
von Pakistan über Europa nach Großbritannien verfolgt
wurde. Bickford erinnert sich: "Die Geschichte setzte sich
bei mir fest. Als ich zurück in die USA zog, stellte ich
fest, dass in den Zeitungen mehrmals in der Woche über Drogenhandel
berichtet wurde. Da gab es Geschichten mit sozialem Inhalt, Geschichten
über den Kampf der Gesetzeshüter und Geschichten über
Gefängnisse und Drogen.
[Foto: Erika Christensen als ein drogenabhängiger Teenager]
Ich war erstaunt, dass man alles über die Preisentwicklung
von illegalen Drogen lesen konnte und kein Hehl daraus gemacht
wurde, wer den Drogenkartellen vorstand. Obwohl es völlig
illegale Unternehmungen sind, konnte ich mich des Eindrucks nicht
erwehren, dass die Öffentlichkeit mit dem ganzen Geschäft
bestens vertraut war. Ich musste an 'Traffik' denken
und wie sehr mich die Serie beeindruckt hatte. Ich begann jeden
noch so kleinen Artikel zu sammeln, der mit Drogen und Drogenhandel
zu tun hatte. Schließlich machte ich die Agenten der Miniserie
ausfindig und optionierte die Remakerechte für eine amerikanische
Spielfilmversion."
Bickford fährt fort: "Nachdem ich mir die Option gesichert
hatte, wandte ich mich mit meinen Recherchen an Steven Soderbergh
und sprach ihn darauf an, ob er Interesse an der Regie des Films
hätte. Ich dachte mir, dass er der ideale Regisseur für
das Projekt wäre.
[Foto: Benicio Del Toro als mexicanischer Polizist]
Er liebt es, ineinander greifende Geschichten zu erzählen,
Geschichten, die auf verschiedenen Zeitebenen stattfinden. Die
Miniserie erzählte drei sich überschneidende Storys,
was wichtig war, um die Komplexität der ganzen Angelegenheit
zu begreifen. Ich war überzeugt, dass Steven an solch einer
Struktur Gefallen finden könnte."
Soderbergh gibt zu: "Das Thema hatte mich schon längere
Zeit beschäftigt, aber ich war mir nicht sicher, in welcher
Form man eine solche Geschichte präsentieren sollte. Ich
wollte sicherlich keinen Film über Drogenabhängigkeit
machen, und als Laura mich auf 'Traffik' ansprach -
ich hatte die Serie ein paar Jahre zuvor gesehen - machte es
bei mir Klick: Ich sagte mir, dass diese Umsetzung funktionieren
könnte."
Er sagt weiter: "Drogen sind eines der sozialen Schlüsselthemen
der Kultur von heute. Jeder kennt zumindest jemanden, einen Freund
oder ein Familienmitglied, der mit Drogen in Kontakt gekommen
ist. Ich glaube, es ist ein Thema, das in der Luft liegt, über
das gerade jetzt viel gesprochen wird."
"Was uns an 'Traffik' gefiel, waren die parallel
verlaufenden Geschichten", meint Bickford. "Es gab
keinen bestimmten Bösewicht; das System war der Bösewicht.
Wir wurden uns schnell einig, die Struktur der ineinandergreifenden
Storys von Menschen, die in diesem Netz gefangen sind, aus der
Miniserie zu übernehmen, dem Ganzen aber den Anstrich eines
waschechten Policiers, eines Polizeifilms, zu verpassen."
Drehbuch
Der nächste Schritt war es, einen Drehbuchautor zu finden.
Bickford und Soderbergh hatten unabhängig voneinander ein
Skript gelesen, das ihnen gefiel. Der Autor war Stephen Gaghan.
Als sie Gaghan ansprachen, mussten sie zu ihrem Entsetzen feststellen,
dass er bereits zugesagt hatte, ein Drehbuch über den Drogenhandel
für die Produzenten Edward Zwick und Marshall Herskovitz
zu schreiben.
Herskovitz kann sich noch gut erinnern: "Die Entstehungsgeschichte
dieses Drehbuchs lässt sich gut mit der Redensart 'Mehr
Glück als Verstand' beschreiben. Ed wollte schon sehr lange
einen Film über die Drogenkriege machen. Mit Steve Gaghan
hatte er eine Geschichte ins Auge gefasst, die mehrere Ansätze
zum Thema umfassen sollte."
Zwick greift den Faden auf: "Vor ein paar Jahren las ich
einen Artikel über einen Konflikt, in den drei konkurrierende
Polizeiabteilungen involviert waren und der sich zu einer wüsten
Schießerei auswuchs - ein Moment unübertrefflicher
Absurdität. Dann las ich ein Buch über einen ehemaligen
Professor, der in der unberührten und beschützten Akademikerwelt
gelebt hatte und vom Präsidenten in ein hohes Amt berufen
wurde.
In diesem Buch beschreibt er seine Erfahrungen im inneren Zirkel
wie jemand, der von draußen durchs Fenster blickt. Er erzählt
von den Widersprüchen, den Herausforderungen, den Absurditäten.
Da war etwas an diesen zwei Geschichten, das mich nicht losließ.
Also setzte ich mich mit Steve Gaghan zusammen und begann, an
einem Drehbuch zu arbeiten."
Wie wirksam ist die Drogenpolitik?
Gaghan erinnert sich: "Ich bereiste das ganze Land, um die
Geschichte zu recherchieren. In Washington D.C. traf ich mich
mit denen, die die Politik bestimmen - dem Büro des Verteidigungsministers,
dem Büro der National Drug Control Policy, der DEA, Mitgliedern
der Thinktanks, von Rechts und Links, Journalisten der Washington
Post und der New York Times. Darunter waren viele kluge, leidenschaftliche
Menschen mit starken Ansichten. Menschen, die ihr ganzes Leben
der Aufgabe gewidmet haben, Kinder von Drogen fern zu halten.
Menschen mit mehreren Uniabschlüssen, die im öffentlichen
Dienst für ihr Land, für das amerikanische Volk arbeiten."
Er fügt hinzu: "Meine Notizblöcke quollen förmlich
über mit unglaublichen Zitaten. Mein stärkster Eindruck
war ein alle Ideologien übergreifendes Gefühl der Verzweiflung.
Ehrlich gesagt, keiner meiner Gesprächspartner hatte auch
nur den leisesten Zweifel daran, dass die gegenwärtige Drogenpolitik
nichts bewirkt. Keiner! Das war eine Information, die von allen
politischen Spektren geteilt wurde. Das war interessant. Es faszinierte
mich, dass es auf dieses Problem offensichtlich keine einfache
Antwort gibt."
Aufbau der Handlung
Zwick und Herskovitz taten sich mit Bickford zusammen, um fortan
gemeinsam an Traffic zu arbeiten, mit Steven Soderbergh
als Regisseur und Stephen Gaghan als Drehbuchautor.
Zwick merkt an: "Ich habe Stevens Filme immer bewundert.
Als wir uns trafen, fiel uns die Entscheidung leicht, uns für
dieses Projekt mit Steven und Laura zu verbünden. Letztendlich
enthält die Geschichte Elemente der Storys, an denen ich
gearbeitet hatte, und Elemente der Geschichte, die von Steven
und Laura entwickelt wurden."
Wahl der Handlungsorte
Und Bickford sagt: "Eine der großen Entscheidungen
war, ob wir die Geschichte in Kolumbien und Amerika oder Mexiko
und Amerika ansiedeln sollten. Wir entschieden uns für Mexiko,
weil das zeitgemäßer ist.
Ich glaube, niemand will noch einen weiteren Film über einen
kolumbianischen Drogenbaron sehen. Mexikos Bedeutung im Drogengeschäft
hat in den letzten zehn Jahren drastisch zugenommen. Früher
waren sie nur die Kuriere, doch seitdem die USA mit aller Härte
gegen Escobar vorging und die Kartelle in Kolumbien auflöste,
hat Mexiko an Bedeutung im Drogenmarkt gewonnen. Jetzt lassen
sie sich nicht mehr einfach nur als Transportboten für Drogen
bezahlen, sondern wollen einen Teil vom großen Kuchen abhaben.
Folglich steht viel mehr auf dem Spiel, und jedes Segment der
mexikanischen Gesellschaft ist mittlerweile betroffen: ihr Rechtssystem,
ihre Polizei, die gesamte Infrastruktur."
Auswahl der Story
Sie fährt fort: "Es gab so viele Geschichten, die man
auf amerikanischer Seite hätte erzählen können.
Es fiel uns wahnsinnig schwer, eine Auswahl zu treffen. Das größte
Problem war es, verschiedene Perspektiven unter einen Hut zu
bekommen. Also gingen wir all die uns vorliegenden Geschichten
durch und entschieden, welche Themen am wichtigsten wären.
Im Lauf der Zeit hatte ich etwa 300 Artikel gesammelt. Außerdem
traf ich mich mit Tim Golden, der für seine Berichte über
den Drogenhandel einen Pulitzer Preis gewonnen hatte und viele
Leute auf beiden Seiten der Grenze kannte, die in den Krieg gegen
Drogen involviert waren. Schließlich stellten wir Tim als
Berater für den Film an."
Soderbergh kommentiert: "Die Entwicklung des Drehbuchs vollzog
sich in graduellen Schritten. Eine sehr komplizierte Angelegenheit,
weil die drei Geschichten randvoll mit diversen Aspekten sind.
Täglich gab es eine neue Schlagzeile zum Thema Drogenkrieg,
und natürlich wollten wir jede neue Entwicklung in dem Drehbuch
unterbringen. Ständig waren wir mit Updates und Überarbeitungen
beschäftigt. Während ich an The Limey (1999)
arbeitete, hatte ich ständig Diskussionen mit Stephen, welche
Elemente wir in unserer Geschichte behandeln wollten. Da wir
die Struktur der britischen Miniserie übernahmen, mussten
wir eine Geschichte komplett neu erarbeiten, denn die entsprechende
Story würde nicht funktionieren, wenn man sie in die USA
verlegte."
Zwick erinnert sich: "Das ist einer dieser verrückten
Zufälle, wenn man von den Schlagzeilen in den Zeitungen
getoppt wird. Man denkt, man hätte etwas fast Unglaubliches
erfunden. Und dann entdeckt man, dass im realen Leben gerade
etwas noch viel Verrückteres vorgefallen ist. Was wir schließlich
erarbeiteten, ähnelt einem Mosaik. Die einzelnen Elemente
sind für sich interessant und spannend, entfalten aber erst
in der Summe ihre volle Wirkung. Ich glaube, die verschiedenen
Handlungsstränge waren wichtig, weil sie die gesamte Widersprüchlichkeit
des Themas illuminieren. Wie sie aufeinander wirken, hat viel
mit der Gesamtwirkung des Films zu tun."
Bickford berichtet: "An einem bestimmten Punkt unternahmen
Steven Soderbergh, Steve Gaghan, Tim Golden und ich einen Abstecher
nach San Diego und Mexiko, wo wir viele Menschen trafen, die
tagtäglich mit dem Krieg gegen Drogen zu tun haben. Wir
erhielten viele wertvolle Informationen und Details von ihnen,
die wir in das Drehbuch einarbeiteten."
"Wir führten viele Gespräche über den Mexiko-Teil
von Traffic", meint Soderbergh. "Ich saß
mit Steve Gaghan im Wohnzimmer, vor uns ein Satz farbiger Karteikarten.
Gemeinsam fügten wir die Elemente der Geschichte zusammen,
Szene für Szene. Als ich dann eine Auszeit nahm, um Erin
Brockovich (2000) zu drehen, schrieb er die erste Fassung
des Drehbuchs."
Gaghan sagt über die Erfahrung, mit Steven Soderbergh am
Drehbuch gearbeitet zu haben: "Steven hilft einem unglaublich,
das Beste aus sich herauszuholen. Bevor ich mit der ersten Fassung
des Drehbuchs begann, sprachen wir alle Aspekte des Films durch
und stellten eine genaue Szenenabfolge zusammen. Von Anfang an
hatte er ein beeindruckendes Gefühl für die Form des
Films. Er hatte all die Teile und ihre Anordnung in seinem Kopf.
Er verstand die Figuren ganz genau, die ich erdacht hatte. Stevens
Verständnis für die menschliche Psyche ist verblüffend
präzise und subtil.
Er weiß genau, wie man das Beste aus anderen herausholt.
"Gaghan fährt fort: "Die Figur des Javier Rodriguez,
der im Film von Benicio del Toro dargestellt wird, entsprang
den Diskussionen, die ich mit Steven hatte. Jeden Tag entdeckten
wir in den Zeitungen neue faszinierende Geschichten über
das Vorgehen der Polizei im Grenzbereich zwischen Mexiko und
Amerika. Ich las viel über den Einfluss, den die amerikanische
Drogenpolitik auf Mexiko ausübt.
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