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Venus & Mars

Interview mit Daniela Lunkewitz

Was für eine Erfahrung war es, gleichzeitig Hauptdarstellerin und ausführende Produzentin zu sein?

Szene [600] [1024] Es war unglaublich interessant, diese beiden so unterschiedlichen Seiten des Filmemachens miteinander zu verbinden. Als Schauspielerin bekommt man normalerweise ein Drehbuch, sagt "ja" oder "nein", erscheint ein paar Tage vor Beginn am Drehort, lernt seine Partner und das Team kennen und verabschiedet sich am Ende einer intensiven Zeit voneinander, um dann - irgendwann Monate später - zu einer Premiere wieder zusammen zu kommen und das fertige "Produkt" zu sehen.

Was vor der Drehzeit und nach der Drehzeit mit dem Film passiert, bleibt völlig im Dunkeln. Bei Venus & Mars saß ich neben Ben Taylor, als er die erste Szene der ersten Fassung in den Computer tippte und war noch bei ihm, als er die endgültige Fassung in langen Nächten, angefeuert von vielen Tassen Kaffee und einigen Päckchen Zigaretten, schrieb. Dann kam die lange Phase der Pre-Produktion, mit ihren vielfältigen Entscheidungen (Schauspieler, Team, Drehorte) und dann endlich die Krönung, das Drehen selbst.

Szene [600] [1024] In dieser Phase habe ich erst einmal meinen "Produzenten- Hut" an den Nagel gehängt, um mich ganz auf meine Arbeit als Schauspielerin zu konzentrieren. Natürlich war es trotzdem ganz anders als sonst, denn ich fühlte mich sehr verantwortlich für die anderen Schauspieler, viel mehr als wenn ich "nur" in dieser Funktion am Set bin. Zumal sehr viele der Schauspieler Amerikaner waren, die kein Deutsch sprachen und für die jeder Schritt zu einem Problem wurde: Essen im Restaurant bestellen, eine Apotheke finden, die Wäsche in der Reinigung abgeben. Bei vielen dieser Dinge habe ich sie nach Drehschluss begleitet - sehr gerne, weil jeder von ihnen mittlerweile zu einem Freund geworden war.

Das sprichwörtliche "Dicke Ende" kam dann aber massiv in der Post-Produktion auf mich zu, als die langen, langen Monate der technischen Bearbeitung anstanden. Das war eine Phase, in der weder ich, noch alle Leute, mit denen ich zusammenarbeitete, viel Schlaf bekamen. Wir haben Tag für Tag in Labors, Schneideräumen, Tonstudios verbracht und haben den Film in dieser Zeit sicherlich viele tausend Mal gesehen.

Ich glaube, ich kann guten Gewissens sagen, dass ich jeden Meter dieses Films auswendig kenne. Und hier sind wir also am Ende von insgesamt vier Jahren Arbeit und vor mir liegt eine Filmrolle mit belichtetem Zelluloid, die das Ergebnis darstellt. Was für ein unglaubliches Gefühl!

Es ist ein bisschen so, als wäre der Film ein Kind, das jetzt endlich erwachsen ist und in die Welt hinausgeht. Und ich habe jede Phase seiner Entwicklung miterleben dürfen. Jetzt schaue ich ihm mit Stolz und auch ein bisschen Herzschmerz hinterher und hoffe, dass die Menschen ihn mögen werden und unsere Freude an der Arbeit teilen können.

Sie leben inzwischen in Amerika. Ist das der bessere Boden für Ihren Beruf?

Nein, das ist nicht der bessere Boden für meinen Beruf, aber es ist der bessere Boden für mich. Ich liebe Deutschland und die deutsche Kultur hat mich geprägt, schließlich bin ich dort aufgewachsen. Aber ich war in Deutschland immer ein Außenseiter, denn ich bin Griechin und ein Gastarbeiterkind. So war ich immer hin- und hergerissen zwischen zwei so unterschiedlichen Kulturen.

Amerika ist ein Land der Einwanderer und deshalb habe ich mich hier von Anfang an aufgehoben und akzeptiert gefühlt. Gleichzeitig wurde ich in Amerika zum ersten Mal in meiner Berufslaufbahn wirklich nur an dem gemessen, was ich als Schauspielerin leiste, es hat niemanden interessiert, ob ich vorher als Model für Karl Lagerfeld gearbeitet habe oder nicht.

Hier war ich ein ganz unbeschriebenes Blatt, habe ganz normal meine "Auditions" gemacht, mein Bestes gegeben und wurde dann entweder für die Rolle ausgesucht oder nicht. Und damit kann ich umgehen. Der Beruf ist in beiden Ländern gleich und hier ist in der Beziehung nichts "besser". Das ist eine ganz persönliche Entscheidung - und trotzdem: Deutschland und die Menschen dort fehlen mir doch oft sehr...

Mit "Rockin' Good Times" haben Sie Ihr Regiedebüt gegeben. Wie war das? Hat der Film einen deutschen Verleih?

Das ist eine ganz typische Hollywood Geschichte: ich habe das Drehbuch zu meinem Kurzfilm an einem öden, verregneten Wochenende geschrieben, nur so aus Langeweile, ohne jeden Gedanken daran, es wirklich zu verfilmen. Dann habe ich das Script ein paar Freunden gezeigt, die mich plötzlich alle bestärkten, es zu realisieren.

Ein paar Tage später saß ich also mit meinen Freunden am Telefon und rief einfach aus dem Blauen heraus Firmen wie Panavision, Kodak und Sony an, um herauszufinden, ob wir Materialien und Maschinen umsonst auftreiben können. Die haben uns alle sofort Termine gegeben, und dann saß ich plötzlich in totaler Panik an meinem Storyboard und an den Photos, mit denen ich meine Idee illustrieren konnte und klebte und zeichnete ein Präsentationsbuch.

Die Firmen haben mich dann sehr genau darlegen lassen, wie ich mir den Film vorstellte und ich habe jeden Schritt beschreiben müssen, was eine tolle Lernerfahrung war. Und dann bekamen wir tatsächlich Lastwagen, Filmmaterial, Lampen, Locations und einen Schneideraum gestellt und schon standen wir völlig außer Atem an einem nächtlichen Set in Los Angeles und schauten uns in den Pausen etwas verwundert an.

Wir haben diese 20-minütige Liebesgeschichte in vier Tagen gedreht, und ich hatte zehn Tage Zeit, den Film zu schneiden. Das war alles wie ein Traum...

Der Film war jetzt auf vielen Festivals, und auch das war eine interessante Erfahrung, denn man sitzt mit anderen jungen Filmemachern aus der ganzen Welt in einem Kino und lernt so viele verschiedene Sichtweisen, Geschichten und Kulturen kennen.

Einen deutschen Verleih hat der Film nicht, denn es gibt kaum noch Programme für Kurzfilme. Schade eigentlich, ich kann mich erinnern, dass in der Vergangenheit manchmal Kurzfilme vor dem Hauptfilm gezeigt wurden und die waren oft sehr interessant. Aber da ist heute nur noch Werbung...

Wollen Sie in Zukunft lieber vor oder hinter der Kamera stehen?

Viel lieber vor der Kamera, trotz allem. Es gibt nichts, was ich so sehr liebe als sich völlig in einer Rolle zu verlieren und den Regisseur darin zu unterstützen, seine/ihre Vision der Geschichte wahr zu machen. Da liegt meine Leidenschaft. Vielleicht kann ich aber auch beides verbinden, wie Drew Barrymore, mein Idol in dieser Beziehung: Stoffe entwickeln helfen, Teil eines kreativen Teams bei der Realisierung sein, um dann wieder in meiner Rolle zu verschwinden.

Wie war die Zusammenarbeit mit einem Weltstar wie Lynn Redgrave?

Was soll ich sagen: Lynn ist eine Göttin! Ich war, wie alle anderen jungen Schauspieler in der Runde, ein großer Fan ihrer Arbeit und wir alle hatten am Anfang ein bisschen Angst, weil wir nicht wussten, wie sie uns begegnen würde und was uns erwartete. Aber sie hat uns allen gleich am ersten Abend die Angst genommen.

Am Ende sind wir alle zu Lynn gegangen, wenn wir ein bisschen Aufmunterung oder Rat brauchten. Insbesondere die Beziehung zwischen Lynn und mir wurde im Laufe der Zeit immer mehr so wie im Film, es war, als ob unsere Rollen "abfärbten". Ihr bei der Arbeit zuzusehen und mit ihr Szenen zu spielen, war eine der besten Erfahrungen meines Lebens und ich kann nur sagen, dass ich glücklich sein werde, wenn ich am Ende meiner Laufbahn nur ein bisschen so bin wie sie. Sie ist ein wirkliches Vorbild.

Sagen Sie uns etwas über Ihre Rolle. Was für eine Person ist Kay?

Kay hat nach Außen eine harte Schale und tut so, als könne nichts mehr an sie herankommen. Sie ist vom Leben und von der Liebe enttäuscht und versucht sich einzureden, dass ihr das nichts mehr ausmacht, und dass sie sowieso lieber ihr Leben alleine, aber dafür in Frieden und ohne Schmerz verleben will. Natürlich lügt sie sich da was vor, denn in ihrem Innern ist sie sehr weich und ängstlich und träumt davon, wieder vertrauen zu können.

Finden Sie sich darin irgendwo wieder?

Sicherlich. Zumal mich Ben sehr gut kennt und die eine oder andere Eigenheit (Im Notfall: Schokolade hilft!) zu meinem Schrecken in die Figur hat einfließen lassen. Das hat man davon, wenn der Autor einer der besten Freunde ist und alles über einen weiß. Und ich kann sehr gut nachvollziehen, wie sich Kay hinter ihrer Maske versteckt, um nicht verletzt zu werden. Gemeinsam haben wir noch, dass sie ihre Freundschaft mit den anderen Mädchen so wichtig nimmt. Meine Freunde sind meine Familie, mein Hafen und mir unendlich wichtig.

Was hat Ihnen an der Geschichte besonders gefallen?

Die Hoffnung, die darin steckt. Dass es für uns alle möglich ist, Liebe zu finden und zu geben - wenn wir über unseren Schatten springen und unser Schicksal in die Hand nehmen. Und die Mutter/Tochter-Beziehung, die trotz aller Unterschiede und Schwierigkeiten auf einer grenzenlosen Liebe beruht. Mütter sind wirklich Heldinnen, so auch die Mutter in dieser Geschichte, die zwei Kinder in einem fremden Land großgezogen hat, sich selber vieles versagen musste und trotzdem nie bitter wurde. Das hat mich sehr an meine Mutter erinnert. Und an viele andere Mütter, die wir alle kennen.

Nach Ihrem Durchbruch blieben die großen Rollen in Deutschland aus. Sind Sie deshalb ins gelobte Filmland Amerika gegangen?

Die großen Rollen blieben hauptsächlich aus, weil ich einfach noch nicht so gut war und sehr gehemmt. Das hat wenig mit dem Land zu tun und mehr mit meinem persönlichen Wachstum. Ich musste erst frei werden und auch sehr viel lernen. Amerika war, wie gesagt, eine ganz persönliche Entscheidung und ist auch sicher nicht das "gelobte" Filmland. Hier wird genauso mit Wasser gekocht. Ich wollte einfach nur spielen, spielen, spielen und das tue ich jetzt. Es gibt noch so viel zu lernen und sicher auch Fehler zu machen, wieder aufzustehen und weiterzumachen. Und ich bin sehr dankbar dafür.

Wie war es für Sie, mit Ihrem Mann zu arbeiten?

Ich vertraue ihm grenzenlos. Deshalb war es gut, mit ihm zu arbeiten, zumal wir die Zuständigkeiten sehr klar getrennt haben. Mein Bereich war mehr der kreative, also Drehbuchentwicklung und so weiter. Er hat sich mehr um die geschäftliche Seite und die Verträge gekümmert, obwohl wir sicher beide in allen Bereichen involviert waren. Aber es war eine ganze Gruppe von Leuten, die an diesem Film gearbeitet hat, nicht zuletzt sechs oder sieben Produzenten - und jeder aus diesem Team war unersetzlich und hat sehr viel beigetragen.




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