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Wie Feuer und Flamme


Produktionsnotizen

Eine wahre Liebesgeschichte

Szene [600] [1024] Nele und Captain gab es wirklich - auch wenn sie im wahren Leben anders hießen - und die beiden haben sich anlässlich einer nostalgischen Dampferfahrt im September 1995 mit ehemaligen DDR-Punks tatsächlich wiedergesehen.

An Bord war damals nicht nur Natja Brunckhorst, die durch diese Ereignis zum Drehbuch von Wie Feuer und Flamme inspiriert wurde, sondern auch die englische Radiolegende John Peel, der für die Punks im Osten fast die einzige Quelle ihrer Lieblingsmusik darstellte, indem sie seine Sendungen auf Band mitschnitten.

Echt und authentisch ist vieles, was den Charakteren im Film widerfährt. Der Mielke-Befehl zur Zerschlagung der Punkbewegung in der DDR wurde wirklich 1983 vom Chef der Staatssicherheit erlassen und umgehend in die Tat umgesetzt. Auch den ZDF-Bericht gab es, genauso wie die Kranzniederlegung der Ostberliner Punks und natürlich die Band Planlos, deren Songs hier nach bald zwanzig Jahren wieder auftauchen.

Szene [600] [1024] Diese Ereignisse und viele authentische Details wurden von Natja Brunckhorst und Connie Walther in das Drehbuch eingearbeitet. Unterstützt wurden sie hierbei von dem ehemaligen Ost-Punk und Mitglied der Gruppe Planlos Michael Kobs, der den Dialogen eine Authentizität verpasste, die nur ein "Insider" wirklich schaffen kann. Auch beriet er die Kostümbildnerin und stellte sogar seine eigene Lederjacke zur Verfügung.

Punk's not dead - oder doch...?

Szene [600] [1024] Klar, jeder weiß, was Punk ist: bunte Irokesenfrisuren und Sex Pistols, Sicherheitsnadeln und schwarze Lederjacken, Pogo-Tanzen und "Anarchy in the UK". Aber nicht jeder kennt das noch aus eigener Erfahrung oder Erinnerung.

Die sechs jungen Hauptdarsteller aus Wie Feuer und Flamme jedenfalls waren zur Blütezeit des Punk noch nicht einmal geboren. Deswegen organisierte Regisseurin Connie Walther Treffen mit Punk-Veteranen aus West- und Ost- Deutschland, die erzählten, wie das damals so war - mit der Musik, dem Outfit und der sozialen und politischen Provokation.

Außerdem traf sich das gesamte Filmteam schon vor dem Dreh zu einer Art "Schulausflug" und besuchte das dreitägige "Holidays in the Sun"-Punk-Festival in der Berliner "Arena", um "echte Punks hautnah" zu studieren.

Denn deren Musik und Kultur leben auch heute noch - wie die drei Dutzend Bands demonstrierten, die das Publikum zum Toben brachten. Dass sich die Zeiten dennoch geändert haben, spürte vor allem Tim Sander: Der Star aus "Gute Zeiten - Schlechte Zeiten", der geglaubt hatte, an keinem anderen Ort der Welt leichter inkognito bleiben zu können als hier, wurde selbst hier tatsächlich von Autogrammjägern aufgespürt und musste mit waschechten Gegenwarts-Punks für Erinnerungsfotos posieren.

Ey, haste mal 'ne Mark, ey?

Szene [600] [1024] Einmal mehr bewies Connie Walther jenes souveräne Gespür für den Umgang mit Jugendlichen, das sie bereits bei Das Erste Mal und ihrer "Tic Tac Toe"-Dokumentation bewiesen hatte. Nicht nur bei der Punk-Clique im Film, auch bei ihren Darstellern spielten gruppendynamische Prozesse eine große Rolle.

Deswegen stellte X-Filme der Regisseurin und den Jugendlichen eine Probebühne in einem Hinterhof in Berlin-Mitte (also an einem quasi authentischen Ort) zum ausführlichen Abchecken und intensive Proben zur Verfügung. Auch Natja Brunckhorst, von der Idee und Drehbuch stammten, traf sich mit der Nele-Darstellerin Anna, um ihr über das Lebensgefühl im geteilten Berlin der 80er Jahre zu erzählen, schließlich fußt ein Großteil der Geschichte auf Natjas eigenen Erlebnissen.

Die Qualität der Kostüme und die inzwischen coole Punker-Attitüde brachte die jungen Schauspieler auf die Idee, eine kleine Schnorrertour durch Berlin zu machen. Sie sahnten so easy ab, dass manch einer ernsthaft überlegte, den Beruf zu wechseln.

Die Locations

Szene [600] [1024] Wer einen Berlin-Film in den frühen 80er Jahren ansiedelt, sieht sich mit gleich zwei Problemen konfrontiert: Er muss nicht nur die einzigartige Atmosphäre einfangen und beschreiben, die die Stadt damals - im Ost- wie im Westteil - prägte und zahlreiche internationale Künstler, Musiker und Schriftsteller anzog, er muss auch den Look, also die Architektur, die Mode, die Farben jener Zeit einfangen.

Doch so wie der Osten in seiner alten Form im Zuge von Wiedervereinigung und Bauspekulationen verschwand, so finden sich auch in Kreuzberg heute kaum noch Relikte aus jener Zeit, als man in besetzten Häusern oder in Fabriketagen mit Groß-WGs einen alternativen Lebensentwurf wagte.

Szene [600] [1024] Das Wiederherstellen einer authentischen Kulisse war zehn Jahre nach der Wende deshalb annähernd so schwierig, als hätte es gegolten, das Berlin der Jahrhundertwende wieder auferstehen zu lassen.

Besonders schwierig gestalteten sich die Szenen, die in Räumen der offiziellen DDR-Administration spielen. Grenzübergänge, Wachtürme, Mauerstreifen - all diese Relikte eines diktatorischen Regimes wurden erst von der Weltgeschichte und schließlich auch vom Erdboden verschluckt.

Szene [600] [1024] Der Grenzübergang Friedrichstraße und dessen berüchtigte Kontrollschleuse mit ihrer Sprelacartverkleidung und den Eisentüren, durch die täglich Tausende Westbesucher die Hauptstadt der DDR betraten und einige wenige Privilegierte den Osten verließen, musste in der Kühlhalle des Krematoriums Wilmersdorf nachgebaut werden - nur dort findet man nämlich auch heute noch die charakteristischen schaurig blassen Kacheln.

Die Außenaufnahmen der Zionskirche in Prenzlauer Berg waren dagegen fast schon ein Kinderspiel: Nach der Wende fiel die Kirche, die einst illegaler Treffpunkt der oppositionellen Bewegung war, in einen tiefen Dornröschen-Schlaf, der bis heute andauert.

Die Musik

Szene [600] [1024] Ein Film, der von einer Jugendbewegung erzählt, deren Auslöser und ständiger Antrieb die Musik war, steht und fällt mit einem authentischen Soundtrack. So wie einst spezielle Songs den Alltag und das Denken der jugendlichen Punker prägten, entstanden einzelne Szenen des Films durch die unmittelbaren Anregungen bestimmter Songs.

Die Musikberatung übernahm dabei Hagen Liebing, der heute als Musikredakteur beim Berliner Stadtmagazin "Tip" arbeitet, selbst mit Punk aufgewachsen und als ehemaliger Bassist der "Ärzte" an dessen Pop-orientierter Fortführung nicht ganz unbeteiligt ist.

Bei der Song-Auswahl ging es ihm nicht um eine Best-of-Werkschau, sondern um ein akustisches Stimmungsbild jener Zeit. Zwar rückt Wie Feuer und Flamme den Punk in den Mittelpunkt, das Musikjahr 1982 dominierten aber nicht 3-Akkorde-Bands und illegale Kellerkonzerte, sondern Hitparaden-Pop wie zum Beispiel Nena mit ihrem "Nur geträumt".

Doch auch die Verwendung von Originalmaterial gestaltete sich schwierig. Denn vieles, was die ostdeutschen Punkbands damals enthusiastisch einspielten, klingt aufgrund der oft nur rudimentär vorhandenen Aufnahmetechnik heute reichlich dünn. Daher spielten die Punks in Wie Feuer und Flamme unter Anleitung der beiden Filmkomponisten und Ben-Becker-Komplizen Jacki Engelken und Ulrik Spiess ihre eigene Hymne "Überall wohin's dich führt" ein: jenen Song, den die Band "Planlos" einst wirklich in einer Ostberliner Kirche spielte.

Auch produzierten Engelken und Spiess die ironische Adam-Ant-Kopie "Könige der wilden Grenze" mit Alex Hacke von den "Einstürzenden Neubauten" als Sänger.

Die atmosphärische Scoremusik, die Neles Geschichte zusätzlich eine emotionale und bisweilen melancholische Tiefe verleiht, stammt von Rainer Oleak. Für ihn war auch die Punkadaptation des FDJ-Klassikers "Sag mir, wo du stehst" eine wahre Freude.

Auch Inga Humpe steuerte mit ihrem Song "Mit viel Glück" aus dem Projekt "2RaumWohnung" einen Hit zum Soundtrack bei, genauso wie ihre Schwester Annette Humpe mit dem "Ideal"-Klassiker "Monotonie".

Dazu kommen einige unverwüstliche Songs der frühen 80er: das melancholische "Strange Little Girl" der "Stranglers" oder "Monotonie" von "Ideal". Und natürlich Nenas "Nur geträumt" ("Wir ham uns lang nicht mehr gesehn, ich werd mal zu dir rübergehn..."). Kein Wunder, dass sich die Newcomer "SPN-X" gerade diesen Song für eine Coverversion ausgewählt haben. Durch die Produktion des "Guano Apes"-Produzenten Wolfgang Stach wird dem Nena-Klassiker neben seinem Popappeal nun auch ein echtes Gitarrenbrett untergeschoben.

"California über Alles" von den "Dead Kennedys" schließlich nimmt nicht nur im Film eine zentrale Rolle ein, weil es die Schallplatte ist, die Nele für Captain in die DDR schmuggelt, sondern war Anfang der 80er tatsächlich der Song, der die Punks in Ost und west gleichermaßen begeisterte.

Feuer und Flamme für diesen Film waren auch "JJ72". Das Trio aus Dublin gehört mit seinem wilden und leidenschaftlichen Auftreten zu den erfolgreichsten Newcomern des Jahres 2001 in Großbritannien und hat für Wie Feuer und Flamme den Song "October Swimmer" aus seinem aktuellen Debütalbum ausgekoppelt. Der Titel demonstriert, dass sich weder die tiefen Gefühle noch die schmerzhaften Erfahrungen des Erwachsenwerdens in den letzten zwanzig Jahren allzu sehr verändert haben.




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