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Box of Moonlight

Inhalt


Szene Ein modernes Märchen ohne Moral. Al Fountain (John Turturro) ist ein Ausbund an Disziplin, Pflichtbewußtsein, Treue und Pünktlichkeit. Die Körperhaltung des leicht verwirrt anmutenden, gutaussehenden End-Dreißigers läßt ahnen, daß er persönlich die Verantwortung für den Lauf der Welt auf seine schmalen Schultern trägt. Weit weg von seiner Frau Deb (Annie Corley) und seinem kleinen Sohn Bobby (Alexander Goodwin) leitet er die Arbeiten auf einer großen Industriebaustelle mitten in der tiefsten Mitte der USA, immer darauf bedacht, daß der Zeitplan eingehalten wird und alles seinen geregelten Gang geht.

Natürlich ist einer wie Al nicht sonderlich beliebt bei denen, die ihn zu ertragen haben. Auf dem Bau hält er Distanz zu den Arbeitern und hat sich in seiner selbstgewählten Isolation recht gut eingerichtet. Von den Kollegen wird er geschnitten und wenn sich abends alle bei den regelmäßigen Poker-Runden vergnügen, sitzt Al in der Tristesse seines Hotelzimmers, darauf bedacht, pünktlich um neun Uhr bei seiner Familie in Chicago anzurufen. Seine Frau Deb begrüßt ihn längst liebevoll genervt als Mr. Clockwork (ein Scherz, den Al einfach nicht versteht) und sein Sohn quält sich angestrengt durch den Sommer-Mathematik-Kurs, den ihm sein Vater aufgebrummt hat. Die Freude über Als Anrufe hält sich in Grenzen.

Al Fountain lebt nicht, er wird gelebt. Als er eines Nachts aus der Dusche kommt und wiedermal mit sich hadert, ob er nicht doch mal ein Pokerspiel wagen soll, entdeckt er sein erstes graues Haar.

Diese Entdeckung irritiert Al außerordentlich und deckt sich mit seinem Gefühl, daß irgendetwas mit ihm nicht stimmt: seit einiger Zeit schon bemerkt er, daß er bestimmte Vorgänge anders wahrnimmt als früher und offenbar auch anders, als andere Menschen. Der Kaffee, der ihm im Restaurant eingeschenkt wird, scheint aus der Tasse direkt in die Kanne zurückzufließen und ein kleiner Junge, der auf dem Rad an ihm vorbeifährt, bewegt sich rückwärts obwohl er kräftig nach vorn in die Pedale tritt. Für Al Fountain laufen die Uhren rückwärts. Diese Wahrnehmungen werfen Al etwas aus der eigentlich so festgefahrenen Spur.

Aber ist das ein Wunder, hier in dem gottverlassenen Kaff Drip Rock, an dessen Rand, mitten in einem wunderschönen Wald- und-Wiesen-Gebiet diese futuristische Fabrik entsteht, in der einmal Scheibenwischer produziert werden sollen? Al Fountain verdrängt die unangenehmen Gedanken und stürzt sich weiter in die Arbeit. Noch hat er alles gut im Griff und die Bauarbeiten sollen planmäßig am 5. Juli beendet werden. Für alle Beteiligten bedeutet das, daß sie den 4. Juli, den Independence Day, nicht im Kreise ihrer Familien verbringen können. Nicht schön, aber das bringt der Job nun mal mit sich. Völlig überraschend kommt eines Morgens die Mitteilung, daß das Management das gesamte Bauprojekt fristlos einstellt. Als Al die Arbeiter auszahlt, ist die Freude groß. Alle freuen sich, den Feiertag doch bei ihren Lieben verbringen zu können.

Mit Ausnahme von Al. Pünktlich wie immer ruft Mr. Clockwork abends seine Frau an. Er verschweigt ihr das Ende des Jobs und beschließt, einige Tage allein in dieser verlassenen Gegend zu bleiben. Er mietet sich ein Auto und startet mitten hinein in das ungewohnte Vakuum von Freiheit und Freizeit. Freudig und nervös zugleich - Al ist kaum wiederzuerkennen. Nachts, in seinem Motelzimmer, kann er der Versuchung nicht widerstehen, eine Telefonsex-Nummer zu wählen, die jemand unter der Tür durchgeschoben hat. Als Floatie (Catherine Keener) am anderen Ende der Leitung merkwürdige und wenig erotische Phantasien zum Besten gibt, legt er schnell wieder auf.

Al Fountain macht sich auf die Suche nach Splatchee Lake, einem Vergnügungspark an einem kleinen See, ein Ort glücklicher Kindheitserinnerung, den er in dieser Gegend vermutet. Als er ihn endlich findet, erinnert wenig an die einstige Idylle: der See ist vollgepumpt mit Formaldehyd aus einer nahegelegenen chemischen Fabrik, die gesamte Anlage ist verlassen und verrottet.

Enttäuscht und melancholisch läßt er sich auf eine Bank fallen und hängt den Erinnerungen nach. Ein altes Paar, das vorbeispaziert, reißt ihn aus seinen Gedanken und belästigt ihn mit christlicher Aufdringlichkeit. Al verläßt Splatchee Lake fluchtartig.

Wütend steigt er in sein Auto und fährt ziellos weiter. Als er sich gerade entschlossen hat, nach Hause zurückzufahren, rast er in einer unübersichtlichen Kurve fast in ein anderes Auto. Nach einer halsbrecherischen Vollbremsung macht er Bekanntschaft mit Kid (Sam Rockwell), einem albern und leicht verstört wirkenden jungen Mann in einem abgetragenen Davy-Crockett-Outfit, dessen betagtes Auto mitten auf der Landstraße liegengeblieben ist.

Es kostet Kid einige Mühe, Al zu überreden, ihn mit seinem merkwürdigen Gefährt, einem schrottreifen Cabrio, dessen Rücksitz ein großer Gips-Hirsch ziert und das ansonsten einer Müllhalde gleicht, mal eben nach Hause abzuschleppen. Stunden später erreichen sie Kids "Zuhause" und Al findet sich entnervt in einer äußerst obskuren Umgebung wieder: Kid, der vor Jahren der bürgerlichen Gesellschaft den Rücken gekehrt hat, haust in einem halben, buchstäblich in der Mitte zerteilten Wohnwagen, den er günstig erworben hat, mitten im Wald. Er ist überzeugt, daß die Regierung beabsichtigt, den einfachen Bürger Amerikas völlig zu versklaven.

Kid hat keinen Führerschein, keine Kreditkarte und keine Freunde. Seine einzige Einkommensquelle besteht aus dem Verkauf von Gartenzwergen und ähnlichen Keramik-Dekorationen, die er aus den Vorgärten der Gegend klaut. Die Welt, die er sich geschaffen hat, ist halb Müllhalde und halb Märchenwald. Und doch will er auf die Errungenschaften der Zivilisation nicht verzichten: Strom- und Telefonleitungen hat Kid angezapft, alles funktioniert auf sonderbare Weise - man darf sich nur nicht erwischen lassen! Es gibt sogar einen Fernseher, auf dem Kid mit Vorliebe "Wrestling"-Programme sieht. Al fühlt sich mehr als unwohl in dieser chaotischen, unwirklichen Welt, hart am Rande der Legalität, doch da inzwischen die Nacht hereingebrochen ist und er nicht so recht weiß, wohin, läßt er sich von Kid zum Bleiben überreden. Zum ersten Mal in seinem Leben muß Al Fountain eine Nacht im Bett eines Fremden verbringen - noch dazu unter freiem Himmel.

Nach einem für Als Gewohnheiten ungewöhnlichem Frühstück will er endlich aufbrechen, nach Chicago, zu seiner Familie. Doch der Schlüssel seines Mietautos ist verschwunden und Al bleibt nichts anderes übrig, als die nächsten fünf Tage mit diesem undisziplinierten, respektlosen, witzig einfallsreichen Jungen zu verbringen. Und wie Alice, die von dem weißen Hasen mitgenommen wurde, folgt Al dem sonderbaren Kid immer weiter hinein in dessen Wunderland - einen verwirrenden, konfusen Ort, wo man für Regeln nur Spott erntet und seine Ingenieurs-Logik das Letzte ist, was funktioniert.

Zuerst geht Kids lockerer Lebensstil ganz und gar nicht zusammen mit Als Verständnis von Reglementierung und ordnender Routine. Und natürlich kommen die zwei ungleichen Typen nicht miteinander zurecht. Schritt für Schritt allerdings, nach einer Reihe gemeinsamer Mißgeschicke und persönlicher Enthüllungen, beginnen sie, einander zu verstehen und sogar zu mögen. Nach dem Unabhängigkeitstag hat Al sich strafbar gemacht, eine heftige Prügelei hinter sich, seinen ehemaligen Arbeitsplatz demoliert, erste Drogenerfahrungen gemacht und mit Begeisterung ein wild-romantisches Mondschein-Zwischenspiel mit dem ehemaligen Telefon-Sex-Mädchen Floatie, ihrer Schwester Purlene (Lisa Blount) und dem emotional lustvoll aufgelegten Kid erlebt.

Als Al am nächsten Tag die Heimfahrt antritt, zurück in die Zivilisation von Chicago, schenkt Kid ihm zur Erinnerung jenes Kästchen, das auf seiner Wiese im Mondschein so wunderbar glänzte, wenn er versuchte, damit das Mondlicht einzufangen. Das einfache, große Geheimnis dieser "Box of Moonlight" beginnt Al zum erstenmal zu erahnen. Ehefrau Deb und Sohn Bobby jedenfalls können in Chicago einen veränderten Al begrüßen.


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