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The Gingerbread Man

Regie: Robert Altman


Mit THE GINGERBREAD MAN hat Regie-Legende Robert Altman seinen ersten Krimi inszeniert (die selbstironische Chandler-Adaption "Der Tod kennt keine Wiederkehr" einmal ausgenommen). Doch wie zu erwarten war, spielt er nicht nach altbekannten Genreregeln, sondern bleibt all seinen mysteriösen Figuren mal mit nüchternen, dokumentarischen wide shots auf den Fersen, um sie dann durch die (haarfein zersplitterte) Lupe des Psychoanalytikers zu entlarven. Dem Originaldrehbuch von John Grisham entnahm der noch nie der Mainstream-Mitgliedschaft verdächtige Regisseur im übrigen nur das Story-Gerüst - um es dann nach seinen Vorstellungen umschreiben zu lassen.

"Kenneth Branagh war schon vor mir für THE GINGERBREAD MAN verpflichtet", sagt Altman, "und da ich ein großer Fan seiner Arbeit bin, schloß ich mich an. Weiterhin interessierte es mich sehr, mal in den Koordinaten eines Thrillers zu arbeiten - und als mein Vorschlag akzeptiert wurde, die Story vor dem Hintergrund eines tropischen Orkans dröhnend und verheerend kulminieren zu lassen, hatte ich dramaturgischen Zugang zu Grishams Ausgangsmaterial gefunden." Die universalen Lobpreisungen seines Ensembles kommentiert Altman lakonisch-bescheiden: "Mir ist nicht bewußt, einen expliziten Regie-Stil zu haben, und diese speziellen Schauspieler habe ich ausgewählt, weil ich mit den meisten noch nie gearbeitet habe."

Robert Altman wurde am 20. Februar 1925 in Kansas City geboren und studierte an der Universität von Missouri. Seine Lehrzeit begann er 1947 unter der Ägide der Calvin Company, die seinerzeit führend in der Produktion amerikanischer Industriefilme war. Sein Regiedebüt "The Delinquents" wurde dann von dem Dokudrama "Die James Dean Story" gefolgt, in dem sich schon Altmans künstlerische Intention abzeichnete, die Realität hinter allen Auswüchsen der Popkultur bloßzulegen. Zwischen 1957 und 1965 drehte Altman in Hollywood allerlei TV- Sendungen, von "Combat" über "Alfred Hitchcock Presents" bis "Bonanza", doch wegen seines natürlichen Widerstandes gegen konformes Kino dauerte es insgesamt eine Dekade, bis er wieder Filme inszenieren konnte.

Der fulminante Durchbruch gelang Altman 1970 mit der Kriegs-Satire "M.A.S.H.", die nicht nur die Goldene Palme in Cannes gewann und dem Regisseur seine erste Oscar-Nominierung brachte, sondern auch zum internationalen Hit avancierte. Dieser Erfolg ermöglichte es Altman, mit der Firma Lion's Gate sein eigenes, hochmodernes Produktionsstudio zu gründen, in dem die kreativen Prozesse Zeitzeugen zufolge "kontrolliertem Chaos" glichen.

Seine nächsten Filme - darunter die Meisterwerke "Der Tod kennt keine Wiederkehr" und "McCabe & Mrs. Miller" waren kommerzielle Mißerfolge, und erst mit dem bahnbrechenden Storygeflecht "Nashville" (1975) hatte Altman Publikum und Kritiker wieder auf seiner Seite und erhielt für sein narratives Patchwork überdies eine zweite Academy Award-Nominierung.

Nachdem er seine Zeit während der Herstellung von "Buffalo Bill und die Indianer" bei einem bitteren Streit mit Dino De Laurentiis bezüglich des Endschnitts vertrödeln mußte und darob die Regie-Option auf "Ragtime" verlor, debütierte Altman als Produzent der Erstlingsfilme von Alan Rudolph ("Willkommen in Los Angeles") sowie Robert Benton ("Die Katze kennt den Mörder") und drehte im Anschluß selbst das spöttische Gesellschaftsporträt "Eine Hochzeit". Es sollte für lange Zeit sein letzter, weltweiter Triumph sein. Denn im folgenden ließ sich Altman mit "Popeye" eines der veritablen Desaster der Filmgeschichte zuschulden kommen, wurde deshalb gar zur Aufgabe seiner Autonomie und zum Verkauf des "Lion's Gate"-Komplexes gezwungen und wandte sich dann ein rundes Jahrzehnt dem Theater (und kurioserweise auch wieder dem Fernsehen) zu.

Feine Stoffe wie "Windhunde", die sardonische Nixon-Nabelschau "Secret Honor" oder "Fool for Love" inszenierte er stets erst für die Bühne und dann einen Tick zu statisch fürs Kino, doch natürlich blieb er auch im kleinen dem Ruf treu, einer der besten und gedankenvollsten Schauspielerregisseure der Welt zu sein.

Welch Wunder also, daß er für sein Comeback "The Player" halb Hollywood vor der Kamera versammeln konnte und mit lauter ziemlich offensichtlichen Insiderwitzen die zähneknirschende Filmindustrie desavouierte. Doch zu wirklich großer Form lief Altman erst wieder mit "Short Cuts" auf, der Adaption von Raymond Carvers Kurzgeschichten, wo zweiundzwanzig phänomenale Schauspieler in neun verdammt geschickt verzahnten Geschichten alles Wissenwerte zum Leben, Lieben und Sterben (nicht nur) im Südkalifornien der 90er auf den Punkt brachten.

Auch danach blieb Altman seiner Karrierekurve treu - auf Meisterwerk folgt Absturz, ergo: auf den dunklen, bissigen und klugen "Short Cuts" folgte der inzestuöse "Prêt-à-Porter". Zuletzt drehte Altman den Gangsterfilm "Kansas City" mit der wunderbaren Miranda Richardson und produzierte Alan Rudolphs "Liebesflüstern", in dem Julie Christie alle Frauenrollen des Jahres 1997 überstrahlte.

Altman und seine Filme haben zuweilen fast mehr Preise als Zuschauer verzeichnen können. Neben der Goldenen Palme und einer Oscar-Nominierung für den besten Film bei "M*A*S*H" erhielt Altman vier Academy Award-Nominierungen als bester Regisseur: wiederum für "M*A*S*H" sowie für "Nashville", "The Player" und "Short Cuts". "Nashville" kamen außerdem Preise der New York Film Critics und des National Board of Review zu. Shelley Duvall und Sissy Spacek wurden zwei Jahre später mit Preisen in Cannes und in New York ausgezeichnet.

Das gesamte Ensemble von "Streamers" erhielt 1983 den Grand Prix beim Filmfestival in Venedig. "The Player" und vorneweg Tim Robbins räumten Auszeichnungen bei den Golden Globes, in Cannes, bei der britischen BAFTA-Verleihung und bei den Kritikervereinigungen in Boston und Chicago ab. Und für das Cast von "Short Cuts" gab es sowohl einen Special Golden Globe als auch einen Grand Prix in Venedig - vom Independent Spirit Award für den besten Film mal ganz zu schweigen.


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