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Just Married

Pressemeinung


Szene

Schon 1968, in seinem Debüt "Detektive", ließ Rudolf Thome einen Mann mehrere Frauen fragen, ob sie ihn heiraten wollten. Woraufhin der stets ein nachsichtiges Lächeln erntete - und ein entschiedenes Nein.

Nun, dreißig Jahre später, zeigt Thome erstmals, wie es dem Mann hätte ergehen können, wenn eine der Frauen sich anders entschieden hätte. Nach siebzehn Filmen, die alle nur davon handeln, wie das ist mit den Gefühlen zwischen Mann und Frau, beginnt er seine Geschichte nach der Hochzeit, nach dem ersten Jauchzen und Jubeln des Jaworts.

Ein Off-Kinomacher (Herbert Fritsch) und die Tochter des Berliner Kinokönigs (Laura Maori Tonke) sind anfangs im siebten Himmel. Doch schon auf der Hochzeitsreise kommt es zum Eklat. Sie hatte darauf bestanden, daß es in ihrem Urlaub nicht um Geschäfte gehen dürfe, und er hatte sich einverstanden erklärt. Aber dann erwischt sie ihn mit einem Pocketcomputer hinter einem Felsen, fühlt sich getäuscht und wirft den Computer einfach ins Meer.

Um Szenen einer deutschen Ehe geht es also. Um Gefühle und wie sie entgleiten, um Beziehungsgefechte, die bis an die Grenze des Erträglichen reichen. Für Thome spielen die Männer nur anfangs ihre alte Vormacht aus. Sind Kinder mit im Spiel, wechselt die Dominanz. Wobei die Frauen um keinen Deut weniger grausam agieren als früher die Männer.

Erstmals arbeitet Thome mit Zeitsprüngen, die "Just Married" in drei Teile gliedern. Nach dem Rauf und Runter der Hochzeitsreise: das erste Kind ein Jahr und das zweite Kind ein weiteres Jahr später. Die erste Ellipse bringt den Mann aus dem Himmelbett in die Abstellkammer, die zweite aus einer lustvollen Affäre ins dröge Einerlei.

Am Ende, nachdem er fast schon bei der anderen Frau war und sie - aus Rache - einen One-night-Stand hatte mit einem fremden Mann, der sie nicht sonderlich faszinierte, wirkt Thomes friedliches Happy-End wie ein Sprung ins Märchen: wie ein letzter, freundlicher Blick auf ein ansonsten feindliches Arrangement. Die Hand reichen sie sich zum Schluß, aber das ist nur eine Pose, die Gefühle selbst bleiben unversöhnlich.

Rudolf Thome, dieser Ethnograph des deutschen Alltags, ist einer der letzten wirklichen Autoren des Kinos hierzulande. Nicht, weil er zuletzt auch seine Bücher selbst geschrieben hat. Nicht, weil er immer auch Produzent war. Sondern weil alle seine Filme einen ganz eigenen Ton haben, eine ganz eigene Sicht auf die Menschen und die Welt, voller Ruhe und Gelassenheit, voller Lebens- und Liebeslust. Genau das macht es immer aufs neue so aufregend, sich seinen Filmen auszusetzen.

Norbert Grob in DIE ZEIT, 24.9.98


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