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Das Merkwürdige Verhalten geschlechtsreifer Großstädter zur Paarungszeit


Szene

Produktionsnotizen

Aus dem Tagebuch der Produzenten Ewa Karlström und Andreas Ulmke-Smeaton von Samfilm.

Die Konklave (Neubesetzung) des Papstes

Charly: "Das menschliche Leben besteht primär aus Beziehungen zu anderen Menschen. Leider. Menschen haben so viele Probleme - vor allem in der Liebe. Außer dem Papst. Wahrscheinlich ist er deshalb ständig auf Reisen." (Drehbuchauszug)

28. September 1997. Heute steht eine der aufwendigsten Szenen auf unserem Programm: Der Papst fährt im Papamobil die Münchner Ludwigstraße entlang und wird dabei von Hunderten von Komparsen bejubelt. In diese Szene wird später Charly, der im Ferrari über die gesamte Szenerie fliegt, optisch ins Bild kopiert.

Es hat lange Verhandlungen gekostet, von der Stadt die Genehmigung zu erhalten, Münchens Prachtstraße nachts abzusperren. Der Lichtaufbau für die Dreharbeiten beginnt um 20 Uhr. Das einzige professionelle Papstdouble in Europa kommt aus England und soll um 16 Uhr landen. Unser Fahrer wartet jedoch vergeblich am Flughafen: Das Papstdouble erscheint nicht. Der Fahrer wartet auch die nächste Maschine aus London ab - Fehlanzeige.

Die deutsche Agentin des Papstdoubles ist in der Zwischenzeit aus Berlin in unserem Büro eingetroffen und versucht verzweifelt herauszubekommen, wo ihr Künstler steckt. Später erfahren wir, daß er direkt vom Londoner Flughafen ins Krankenhaus eingeliefert wurde.

Die Zeit drängt. Es ist 18.30 Uhr. Wir müssen heute drehen: Eine zweite Genehmigung würden wir nicht erhalten, rund 150 Komparsen stehen bereit, eine Verschiebung würde uns an den Rand des finanziellen Ruins bringen! Und ausgerechnet für heute ist ein Setvisit für Journalisten angesetzt, die über die Dreharbeiten berichten wollen. In unserer Verzweiflung entschließen wir uns für die Flucht nach vorne: Wir machen ein spontanes Komparsencasting in unserm Büro. Irgendeiner könnte doch eine Ähnlichkeit mit Seiner Heiligkeit aufweisen. Um 20 Uhr erscheint eine Auswahl von Komparsen im Büro.

Wir können unser Glück kaum fassen, als einer von ihnen nicht nur optisch paßt, sondern auch in der Lage ist, den Papst erstaunlich gut zu imitieren.

Allerdings: In legerer Freizeitkleidung kann der kirchliche Würdenträger nicht das Papamobil besteigen. Das Ornat des britischen Doubles ist wie der Imitator selbst in London. Die diversen Kostümfundi, die uns aus der Misere helfen könnten, sind natürlich um diese Uhrzeit geschlossen. Bis heute wissen wir nicht, wie, aber die ausgeschwärmten Damen unserer Kostümabteilung kommen eine knappe Stunde später mit einem perfekten Papstkostüm wieder.

Mit einiger Verzögerung können die Dreharbeiten stattfinden. Die Presse ist angetan. Als am nächsten Tag Berichte in den Zeitungen erscheinen, wird jedoch der Name des ursprünglichen Papstdoubles genannt. Merkwürdig ...

72 Steine

Cornelia: "Sie sind wohl verrückt! Ich habe mein ganzes Leben noch gegen kein Gesetz verstoßen!" - Hilde: "Und? Bist du glücklich?" (Drehbuchauszug)

Das Drehbuch sah vor, daß Charly nach seinem Ferrari-Flug über den Papst durch eine Mauer bricht und in die Isar stürzt. Alles bei Nacht. Die Auflagen der städtischen Umweltbehörde für diese Szene sind notwendigerweise streng. Der Motor des Ferraris muß ausgebaut werden, und alle Teile, die ölen oder andere Verschmutzungen in der Isar hinterlassen könnten, müssen ebenfalls entfernt werden. Nach dem Stunt muß der Wagen wieder aus dem Wasser gehievt werden.

Hilde: "Niemand sagt, daß nur potenzgeschädigte Männer mit Wampe Ferrari fahren dürfen." (Drehbuchauszug)

So weit, so gut. Aber da gibt es noch die künstliche Mauer: Wenn der Ferrari sie durchbricht, fallen natürlich auch die Steine ins Wasser. Was wir nicht vorher bedacht haben: Die Steine müssen als weitere Auflage ebenfalls wieder aus dem Fluß geholt werden. Die Steine wurden also vorab gezählt und nach den Aufnahmen wieder gezählt. Das Ergebnis: Es fehlten 72 Steine, die aus dem Fluß herausgefischt werden mußten. Taucher vom Technischen Hilfswerk kamen uns zu Hilfe und brachten tatsächlich alle 72 Steine aus der Isar zurück. Dann durften wir endlich weiterarbeiten.

Der Dreh mit den Zwillingen

Manuela: "Ich will ja nicht Ihr Vatergefühle verletzen. Aber fehlt Robert da nicht ein entscheidendes kleines Etwas?" - Sven: "Ja? Na, sowas! Da muß ich wohl in der Eile die Kinder verwechselt haben. Robert ist nämlich eigentlich ein - Zwilling." (Drehbuchauszug)

Nicht nur der legendäre W.C. Fields wußte, wie schwierig die Arbeit mit Tieren und Kindern ist. In unserem Film spielt ein zweijähriges Mädchen, Hanna, eine wichtige Rolle. Kleinkinder dürfen nicht länger als zwei Stunden am Tag drehen. Was also tun, wenn man aus logistischen Gründen die Dreharbeiten nicht verlängern kann, aber unbedingt ein Kind braucht? Wir entschlossen uns für einen Dreh mit Zwillingen.

Eine Entscheidung, die sich als absolut richtig erwies, als wir unser Doppelpack näher kennenlernten. Kleinkinder machen bekanntlich nicht immer das, was man von ihnen verlangt.

Das Drehbuch sah vor, daß Hanna in einigen Szenen lachen, in anderen quengeln sollte. Nach einigen Tagen am Set stellte sich heraus, daß eins der Mädchen jedesmal anfing zu plärren, sobald die Klappe zum Drehstart gefallen war. Bei ihrer Schwester war es genau umgekehrt: Kaum lief die Kamera lachte sie nur noch. Da erübrigten sich Regieanweisungen - und die Dreharbeiten mit den Minidarstellern war bedeutend einfacher, als wir angenommen hatten.

Die Balkonszene: Fast so schön wie bei Romeo und Julia

Marcello: "Du hebst deine Beine hoch, strecke gerade nach oben. Schiebe in Geländer!" - Tamineh: "Ich bin doch kein Schlangenmensch." - Marcello: Vielleicht du hältst mich fur verruckt, abe ik glaube, du bist die Frau, auf die ik meine ganze Leben gewartet habe. Ich wille den Rest meines Lebe mit dir verbringe." - Tamineh: "Na, das wären aber nur ein paar Sekunden." (Drehbuchauszug)

Unsere große Schlußszene findet auf - und unter! - einem Balkon statt. Es waren aufwendige Szenen, da die Darsteller nicht etwa einfach auf dem Balkon stehen mußten, sondern lange an dem Balkon hängen und schließlich in einem Stunt nach unten springen mußten! Als erstes mußte natürlich ein passender Balkon gefunden werden, unter dem keine weiteren Balkons sein durften, weil der Stunt sonst nicht funktionierte hätte.

Nicht nur die komplette Ausstattungsabteilung befand sich wochenlang auf der Suche nach diesem Balkon. Auch der Rest des Teams lief wie "Hans-Guck-in-die-Luft" durch München, um einen geeigneten Balkon auszuspähen. Aber es war wie verhext: Wo ein geeigneter Balkon war, war die Umgebung nicht passend, und wenn beides zutraf, machte uns das Kreisverwaltungsreferat (zuständig für Drehgenehmigungen) einen Strich durch die Rechnung. Es blieb nichts anderes übrig: Wir entschlossen uns, an ein Haus in der Landwehrstraße einen Balkon anzubauen.

Eine Auflage war, daß alle Anwohner informiert werden mußten, da der größte Teil der Szenen auf dem Balkon in der Nacht spielte - also mit Licht- und Lärmbelästigung gerechnet werden mußte. Bekanntlich wohnen in dem Viertel unterhalb der Paulskirche viele ausländische Mitbürger. Was für uns hieß: Wir mußten unser Informationsschreiben an die Anwohner in drei Sprachen abfassen - türkisch, griechisch und kroatisch.

Das Drehen an sich war dann relativ unproblematisch: In jedem anderen Stadtteil wären wir sicher nicht so freundlich empfangen worden. Trotz der langen Drehdauer und dem Trouble am Set gab es fast keine Beschwerden. In einem griechischen Restaurant gegenüber vom Drehort saßen Tag und Nacht eine Gruppe alter griechischer Herren, die das Geschehen aufmerksam verfolgten. Zu ihnen gesellte sich das Team in den Pausen und nach dem Dreh. Und auch was Komparsen oder Absperrhilfen anging, arbeiteten die Bewohner einfach mit, waren sehr neugierig und überaus hilfsbereit.

Stromausfall: Romantische Nacht bei Kerzenschein und Blaupapier

Henrik Jun.: "Das Schicksal kann mir gestohlen bleiben. Schicksal ist out." (Drehbuchauszug)

In einer Nacht gab es in München-Schwabing einen die ganze Nacht andauernden Stromausfall. Unser Produktionsbüro befand sich in Schwabing - und war auf einmal von Dunkelheit ummäntelt. Kein PC, kein Kopierer, sogar die Telefone funktionierten nicht! Und natürlich war in dieser Nacht ein Nachtdreh angesetzt und die Disposition für den nächsten Tag mußte vorbereitet werden. Es sollte eine romantische Nacht bei Kerzenschein und Blaupapier werden. Die Kerzen wurden vom Produktionsteam für so gut befunden, daß sie für den Rest der Produktion - natürlich auch tagsüber angezündet - stehenblieben. Ach, in jener Nacht gab es trotz gegenteiliger Gerüchte kein merkwürdiges Paarungsverhalten. Was sich für den Rest des Teams nicht so klar sagen läßt. Aber mehr wird hier nicht verraten.


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