Logo



Powerweb! Hier klicken!

Pecker

Regie: John Waters


Szene Als neulich sein berüchtigter Kultfilm "Pink Flamingos" 25jähriges Jubiläum feierte, kommentierte John Waters mit verdientem Stolz, daß es schwer sein möge, "drei Generationen zu entrüsten - aber es sieht aus, als ob mir das Kunststück gelungen ist." Und das Enfant Terrible aus Baltimore macht keinerlei Anstalten, milde oder müde zu werden. Mit PECKER legt der stets fürs akkurate Oberlippenbärtchen und seine herrlich anstößigen Satiren verläßliche Regisseur, Autor, Produzent, Divine-Entdecker, Trash-Guru, Philister-Schreck und Agent Provocateur des zweifelhaften Geschmacks seinen zehnten abendfüllenden Spielfilm vor.

"Es ist mein Job, die Leute zum Lachen zu bringen", sagt Waters über seine Motivation zu PECKER, "und so mache ich mich hier über Welten lustig, die ich gut kenne und sehr schätze. Auf gewisse Weise ist es Selbstironie. Die Persiflage auf einen Woody Allen-Film sozusagen, in dem sich die Arbeiterschaft Baltimores und die New Yorker Kunstszene beschnuppern - und lediglich durch den Vorhang der Satire voneinander getrennt bleiben. Wie in all meinen Filmen beziehe ich mich dabei auf Dinge, die ich selbst erlebt oder beobachtet habe und nun genüßlich übertreiben kann. Allein der von Edward Furlong gespielte Titelheld bleibt ungeschoren. Er sieht zwar kurzfristig sein Leben vor sich zusammenbrechen, aber jeder lästerliche Fingerzeig prallt an seiner Liebenswürdigkeit ab. Guter Gott, schließlich ist er schon genug mit der unamerikanischsten aller Eigenschaften gestraft - er will kein Star sein. Welch Verstoß gegen die staatsbürgerliche Pflicht, den Ruhm und nichts als den Ruhm anzustreben!"


John Waters wurde am 22. April 1946 in Baltimore, Maryland, geboren und begeisterte sich so frühreif fürs fesche Filmgewerbe, daß er bereits mit zwölf Jahren zu den "Variety"-Abonnenten zählte und als Teenager Underground-Kurzfilme im 8mm-Format drehte. Vorbilder? Godard und Disney, Warhol neben Russ Meyer, Ingmar Bergman in trauter Eintracht mit Herschell Gordon Lewis - ganz selbstverständlich.

Vor dem Hintergrund Baltimores, das in allen Waters-Filmen eine geheime Hauptrolle spielt und von ihm einmal als "Frisuren-Metropole der westlichen Welt" bezeichnet wurde, versammelte der junge Filmemacher bald ein Ensemble aus Freunden und anderen Freaks.

Schauspieler und Selbstdarsteller wie David Lochary, Mary Vivian Pearce, Mink Stole, Edith Massey und natürlich die fragile Miss Divine gehörten in jenen wüsten Jahren ebenso zum Team wie Produktionsdesigner Vincent Peranio, Kostümbildnerin Van Smith oder Waters engste Vertraute, die Casting-Agentin Pat Moran.

Sie alle trugen bei zum sogenannten Waters-Look, der erstmalig 1964 in dem Kurzfilm "Hag in a Black Leather Jacket" in die graue Welt hinausschillerte. 1966 folgte mit "Roman Candles" ein weiterer Kurzfilm, diesmal mit Divine in der Hauptrolle. Und nachdem Waters 1967 die 16mm-Produktion "Eat Your Make-up" gedreht hatte, die von gekidnappten Mannequins berichtete, deren Entführer sie dazu zwingen, sich zu Tode zu modeln, inszenierte er 1969 seinen ersten Kinofilm.

"Mondo Trasho" wurde fertiggestellt, obgleich Waters und seine 'partner in crime' zwischenzeitlich wegen der "Beteiligung an öffentlicher Entblößung" festgenommen wurden. Die Meßlatte war gelegt und schnell durchbrochen. Ein Jahr später filmte Waters mit "Multiple Maniacs" die erste seiner selbsternannten "Celluloid-Greueltaten" und wurde dann 1972 mit dem Scherz-Schock-flick "Pink Flamingos" berühmt, dessen Stars in einem Wettbewerb um den Titel des "schmutzigsten Menschen der Welt" keinen Dreck vorfanden, in den sie sich nicht kopfüber stürzen mochten. Bis heute fehlt "Pink Flamingos" in keiner Mitternachtsvorstellung etwas abseitigerer Programme und noch immer ist schwerlich zu fassen, was Divine hier ihren Magenschleimhäuten zutraut.

Im Anschluß nahm Waters mit "Female Trouble" ein Thema der späteren Produktion "Serial Mom" vorweg, als er mit Dawn Davenport (Divine) eine Kriminelle in den Mittelpunkt stellte, die so sehnlich berühmt sein wollte, daß sie für Schlagzeilen mordet. 1977 folgte mit "Desperate Living" eine monströse Komödie um ein Mafia-Mädchen, das sich zur Stripperin fortbilden läßt. Und 1981 beendete Waters seine harte Phase schließlich mit "Polyester" - berühmt allein schon für die Herstellung in Wide-screen und "Odorama", wofür alle Zuschauer mit sniff cards ausgestattet wurden, um sich an strategischen Stellen in die Leinwand-Szenerie hineinriechen zu können.

Waters' erster Film mit großem Budget war 1988 die Komödie "Hairspray", in der sich Ricki Lake, Debbie Harry, Sonny Bono, Pia Zadora und Ric Ocasek in einer Geschichte über schwärmende Teenager und ihre derangierten Mütter tummelten.

Nach diesem Erfolg erhielt der Regisseur die Finanzierung seines nächsten Filmes ganz offiziell und ohne Erpressung aus Hollywood und drehte das satirische Musical "Cry-Baby" mit Johnny Depp in der schmelzenden Hauptrolle und einer leider bekleideten Traci Lords. Zuletzt schließlich inszenierte der impertinente Mann aus Baltimore die Satire "Serial Mom", in der Kathleen Turner bewies, daß sich Verbrechen sehr wohl lohnt, wenn es der Erhaltung familiärer Werte gilt.

Neben seinen Regie-Arbeiten war Waters häufig bei Kollegen in Gastrollen zu sehen; genannt seien nur Andrej Konchalovskis "Homer und Eddie" oder Jonathan Demmes "Gefährliche Freundin". Zudem ist er Autor der sinnig titulierten Bücher "Shock Value", "Trash Trio" sowie "Crackpot", und trägt seinen eigenen Mythos in die Lande, indem er seit Jahren in Colleges und auf Comedy-Bühnen sein Programm mit dem Titel "An Evening with John Waters" bestreitet.


Logo.6
[ Vor | Zurück | Film-Home ]
[ kinoweb | Info | Suche | Post ]