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Zivilprozess
Anwälte und Familien - Wo sind sie heute?
Das Leben und die Kunst: Anwälte und Familien
am Set)
Im Lauf der gesamten Produktion besuchten immer wieder die im
Film dargestellten Menschen den Filmset und mischten sich unter
die Darsteller und das Team: Jan Schlichtmann und seine ehemaligen
Partner, Kevin Conway, Bill Crowley und James Gordon, der Beatrice
Foods-Anwalt Jerome Facher, der W.R. Grace-Anwalt William Cheeseman,
der Grace-Mitarbeiter Al Love und alle acht Familien aus Woburn
(die Kläger) einschließlich der zwei überlebenden
Kinder. Sogar der Privatdetektiv, der Schlichtmanns Porsche vor
zehn Jahren wieder in Besitz nahm, tauchte auf.
"Ich fand es recht interessant, Jan zu treffen. Das bot
mir einen Referenzpunkt, an dem ich ablesen konnte, inwiefern
ich den richtigen Ton getroffen hatte", sagt Travolta. "Aber
bei den Familien war es anders, denn ich wollte ihnen lediglich
das Vergnügen bereiten, mit einem Filmstar zusammenzusein.
Ich habe kaum Fragen gestellt, weil das Drehbuch die meisten
sowieso schon geklärt hatte und ich wollte keine schlimmen
Erinnerungen wecken.
Aber Anne Anderson erzählte mir, dass die Lieblingssendung
ihres Sohnes Jimmy, als er noch lebte, "Welcome Back
Kotter" war und dass meine Rolle in der Serie ihm am
besten gefallen hatte." - "Ich glaube, John Travolta
ist für uns alle ein Segen, und das wollte ich ihm auch
sagen. Er war wirklich sehr aufmerksam und freundlich",
sagt Anne Anderson.
Wo sind sie heute?
Als der Woburn-Fall 1989 seinem Ende nahte, war Jan Schlichtmann
finanziell und mental ruiniert. Er hatte gerade noch das Geld
für ein Flugticket - das er sich von seinem guten Freund
Tom Kiley geliehen hatte - und flog nach Kauai.
Aber heute ist er wieder in Boston und das Blatt hat sich für
den 47jährigen Anwalt gewendet. Er heiratete Claudia Barragan,
die er bei der Berufungsverhandlung zum Woburn-Fall kennenlernte.
Sie haben zwei Kinder und wohnen in den Außenbezirken von
Berkley in einem schönen Haus mit Blick aufs Meer.
Schlichtmann praktiziert wieder. Er tat sich mit seinem neuen
Partner Tom Kiley zusammen und kümmert sich gegenwärtig
um zwei Umweltfälle, die ähnlich gelagert sind wie
der Woburn-Fall, einer davon in Tom's River, New Jersey, und
der andere in der Nähe des Brookhaven National Laboratory
in Upton, New York. Taktisch zieht er außergerichtliche
Regelungen einer Verhandlung vor. Und er hält Lesungen vor
Studenten an der juristischen Fakultät und vor Umweltgruppen
im ganzen Land.
Die anderen Mitglieder des Teams, Ken Conway und Bill Crowley
praktizieren weiterhin gemeinsam und kümmern
sich um Schadensersatzfälle
in Boston. Der ehemalige Buchhalter James Gordon ist nach Pasadena
in Kalifornien gezogen, wo er die Computer- und Technologieabteilung
der The Investigate Group International (IGI) leitet.
"Woburn war ein ziemlich tiefer Sturz: 400.000 Dollar Schulden,
kein Job, kein Einkommen und was noch schlimmer war, ohne Hoffnung
auf eine bessere Zukunft", erzählt Gordon. "Heute,
da ich professionell, persönlich und finanziell wieder auf
den Füßen stehe, ist der Film für mich wie eine
Wiedergutmachung für die damalige Zeit. Wie wir Beatrice
und Grace immer klarzumachen versuchten: Wiedergutmachung lässt
sich nun mal nicht immer in Mark und Pfennig messen."
Jerome Facher, heute 73, ist immer noch Anwalt bei der gleichen
Firma, der er 1959 beigetreten ist, der angesehenen Kanzlei Hale
and Dorr. Er hat sich auf Verhandlungen und Berufungen beim Bezirks-
und Bundesgericht spezialisiert. William Cheeseman, heute 55,
ist nach wie vor Partner und Prozessanwalt bei der großen
und angesehenen Bostoner Kanzlei Foley, Hoag & Eliot LLP.
Die letzten zehn Jahre hat er sich auf Umweltklagen spezialisiert.
Nahezu alle ehemaligen Kläger wohnen auch heute noch in
Woburn. Seit die verseuchte Quelle versiegelt wurde, erhalten
sie ihr Wasser hauptsächlich vom MDC in Boston. Die meisten
Familien haben Spezialfilter installiert und trinken Wasser aus
Flaschen.
"Das Wasser in Woburn wurde inzwischen geprüft wie
kein anderes im ganzen Land", erläutern die einstigen
Kläger Patricia und Kevin Kane. "Weshalb sollten wir
also umziehen? Und wohin? Wo wäre es denn sicher? Woburn
ist nicht einmalig." Ihr Sohn Kevin Kane junior überlebte
die Leukämie durch ein sieben Jahre dauerndes Martyrium
intensiver Chemotherapie.
Die Umweltsünden
F.A.C. E. (For A Cleaner Environment), eine von Anne Anderson
gegründete Umweltgruppe, berichtet, in den Jahren 1965 bis
1980 (die Jahre, in denen die Wirkung des Trinkwassers aus den
Quellen G & H angesichts der Daten wohl ihre schlimmste Wirkung
entfalten konnte) erkrankten in Woburn 28 Kinder an Leukämie.
16 Menschen, die meisten im Kindesalter, starben daran. Die Klage
in "Zivilprozess" betraf sechs Todesfälle
(fünf Kinder und ein Erwachsener) und zwei Kinder, die ihre
Leukämie überlebten.
Der Film "Zivilprozess" ist vielleicht das
letzte Kapitel in dieserAngelegenheit. Einige wollen weiter kämpfen,
andere endlich einen Schlussstrich ziehen. Anne Anderson hofft,
der Film könne wie Harrs Buch dort Erfolg haben, wo die
Verhandlung versagt hat:
"Ich hoffe, der Film zeigt die Art und Weise wie das juristische
System und alle, die darin eine Rolle spielen, die ganze Angelegenheit
wie ein kompliziertes Spiel aufgefasst und die Kinder dabei völlig
vergessen haben. Wenn das erreicht werden kann, dann hatte es
wirklich einen Sinn, mein Privatleben geopfert zu haben, und
dann kann ich stolz sein, an dieser Hollywood-Produktion teilgenommen
zu haben."
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