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Hi-Lo Country
Produktionsnotizen
Die Verfilmung des Romans THE HI-LO COUNTRY von Max
Evans brachte den britischen Regisseur Stephen Frears wieder
zusammen mit den Produzenten Martin Scorsese und Barbara De Fina,
mit denen er schon 1990 für den oscarnominierten Thriller
The Grifters (Grifters, 1990) ein erfolgreiches
Team gebildet hatte. Außerdem produzierten Tim Bevan und
Eric Fellner von der britischen Produktionsfirma Working Title,
die seit My Beautiful Laundrette (Mein wunderbarer
Waschsalon, 1986) und Sammy and Rosie Get Laid
(Sammy und Rosie tun es, 1987) erstmals wieder mit Stephen
Frears zusammenarbeiteten.
Der Autor Max Evans schrieb 1961 THE HI-LO COUNTRY,
einen Roman über die Freundschaft zweier Männer, die
einer aussterbenden Spezies angehören - den Cowboys. Inspiriert
wurde Evans durch den gewaltsamen Tod seines besten Freundes,
der erschossen wurde. "Ich wollte diesem wunderbaren Menschen,
der jederzeit für mich bereit war zu sterben, ein Denkmal
setzen", erklärt der Autor seine Intention. Mit der
Figur des Big Boy Matson gelang ihm dieses Vorhaben eindrucksvoll.
Kurz nach der Veröffentlichung von THE HI-LO-COUNTRY
erhielt Marc Evans einen Anruf von seinem Agenten, der ihn informierte,
daß ein aufstrebender junger Regisseur namens Sam Peckinpah
ihn treffen wolle. Evans sagte zu und legte damit den Grundstein
für eine zwei Jahrzehnte währende Freundschaft. Bis
zu seinem Tod 1984 versuchte der legendäre Regisseur Peckinpah
von The Wild Bunch - Sie kannten kein Gesetz
(1968) immer wieder, Evans' Roman zu verfilmen. Schauspieler
wie Charlton Heston, Ali MacGraw, James Gammon (der jetzt die
Rolle des Hoover Young spielt), Lee Marvin und Slim Pickens waren
für den Film im Gespräch.
Erst Jahre später gelang einem von Peckinpahs besten Freunden
der entscheidende Vorstoß für das Projekt: Während
der Dreharbeiten zu Casino (1995) bat der Schauspieler
LQ Jones seinen Regisseur Martin Scorsese, den Roman zu lesen.
Sowohl Scorsese als auch Barbara De Fina waren sehr beeindruckt.
"Wir lieben das Buch", erklärt De Fina. "Die
Figuren sind sympathisch und sehr menschlich; und die Geschichte
spielt in einer Zeit, die noch nicht übermäßig
häufig im Film dargestellt wurde. Das ganze Land veränderte
sich damals, und wir erleben, wie diese Veränderungen eine
Kleinstadt im Westen beeinflussen."
Anderweitige Verpflichtungen machten es Scorsese unmöglich,
selbst Regie zu führen. Deshalb beschlossen De Fina und
er, den britischen Regisseur Stephen Frears anzusprechen. Gemeinsam
hatte man schon länger nach einem passenden Stoff gesucht,
und nachdem Frears das Buch gelesen hatte, nahm er die Herausforderung
an: "Mich interessierten die vielen ganz unterschiedlichen
Elemente des Romans," erinnert er sich. "Er stellt
sehr genau dar, was es bedeutete, kurz vor und nach dem Zweiten
Weltkrieg ein Cowboy gewesen zu sein. Das Buch ist sozusagen
eine Bestandsaufnahme der Veränderungen in Amerika, in deren
Zentrum eine sehr intensive Dreiecksgeschichte erzählt wird."
Weder Scorsese noch De Fina machten sich Sorgen, eine so amerikanische
Geschichte von einem Briten erzählen zu lassen. "Einige
der besten Filme über Amerika wurden von ausländischen
Regisseuren inszeniert," erklärt De Fina. "Meiner
Meinung nach ist Midnight Cowboy John Schlesingers bester
Film, genauso wie Der Einzige Zeuge der beste von Peter
Weir ist. Stephen hat eine ganz unverbrauchte Herangehensweise
an das Material. Dinge, die für uns völlig selbstverständlich
sind, findet er aufregend. Außerdem zeigt seine bisherige
Arbeit, wie gut er vielschichtige Figuren und intensive Beziehungen
umsetzen kann."
Stephen Frears selbst gelang es, die Produzenten Tim Bevan und
Eric Fellner von Working Title Films, der wohl derzeit führenden
britischen Filmproduktiosfirma, für sein Projekt zu begeistern.
Bevan über seine erste Reaktion auf den Roman:
"Mir gefielen besonders die Figuren, der Ort und die Geschichte.
Außerdem suche ich immer nach Projekten, die sich von den
gängigen Produktionen unterscheiden. Ich hatte den Eindruck,
daß hier ein Teil jüngerer amerikanischer Geschichte
- Amerika direkt nach dem Zweiten Weltkrieg - verfilmt werden
sollte, der bisher im Film noch nicht besonders untersucht wurde.
Der Hintergrund der Geschichte ist eine Zeit des großen
Wandels im Westen. Diese Elemente sind sehr kraftvoll und werden
durch eine Art film-noir-Szenario - zwei Männer lieben dieselbe
Frau - noch verstärkt."
Aufgrund der Erfahrung, daß die Realisierung des Projekts
jahrzehntelang durch verschiedene Faktoren verhindert worden
war, entschieden alle Beteiligten, so unabhängig wie möglich
von den Beschränkungen der großen Studios zu produzieren.
Das Renommee von Scorsese und De Fina und die lange Liste der
kommerziellen Erfolge, die Working Title unabhängig von
der Höhe des Budgets vorzuweisen hatte, machte das möglich.
Jetzt fehlte nur das Drehbuch.
Drehbuch: Walon Green
Obwohl über die Jahre schon mehrere Drehbuchfassungen entstanden
waren, suchte man noch einmal nach einem neuen Autor. Tim Bevan
zu den Gründen: "Wir waren uns alle der wechselhaften
Geschichte des Buches bewußt. Sam Peckinpah und einige
andere Regisseure wollten es verfilmen, aber keinem war es gelungen,
ein gutes Script zu entwickeln. Deshalb haben wir entschieden,
ganz von vorn anzufangen."
Barbara De Fina fügt hinzu: "Wir machten eine Liste
unserer Lieblingswestern und ihrer Autoren und recherchierten,
wer von ihnen noch lebt." So kamen die Filmemacher auf Walon
Green, dessen erstes Drehbuch The Wild Bunch 1968 von
Sam Peckingpah verfilmt wurde und ihm eine Oscarnominierung für
das Beste Originaldrehbuch einbrachte.Damit war für Tim
Bevan der kreative Kreis geschlossen: "Walon liebte den
Roman, und schon seine erste Fassung traf den Nagel auf den Kopf."
Autor Max Evans bestätigt: "Walon ist der erste, der
es geschafft hat, die Geschichte filmisch aufzulösen. Viele
gute Autoren haben sich vergeblich daran versucht. Walon hat
den Geist der Geschichte perfekt eingefangen. Meine Romanfiguren
waren im Krieg, haben die Welt gesehen, in schrecklichen Schlachten
gekämpft und kehren nun in ihre Heimat zurück. Die
Kriegserlebnisse haben sie gut überstanden, aber mit dem
technischen Fortschritt, der in ihrer Abwesenheit alles verändert
hat, kommen sie nicht zurecht. Diese Menschen leben nach den
alten Regeln des Westens und werden plötzlich aus dem Gleichgewicht
geworfen. Für Big Boy sind die Traditionen aber ein unverzichtbarer
Bestandteil seines Lebens. Ein Handschlag bedeutet für ihn
mehr als jeder Vertrag. Er kann nur solche Menschen verstehen
und denen vertrauen, die diese Auffassung teilen, die danach
leben und notfalls auch sterben."
Der Western
Stephen Frears definiert seinen Film nicht als Western im klassischen
Sinn des Genres: "Es ist ein Film über Amerika nach
dem Zweiten Weltkrieg," erklärt er, und Produzent Tim
Bevan fügt hinzu: "Obwohl es einige klassische Elemente
und Figuren gibt, die unbedingt zu einem Western gehören,
dreht sich die Geschichte mehr um eine Übergangsphase und
wie die Menschen die Veränderungen bewältigen oder
auch daran scheitern."
Stephen Frears war sich aber auch stets der Western-Ikonen bewußt,
die seinen Film unausweichlich beeinflussen mußten: "Mir
war klar, daß ich keinen Film drehen konnte, dessen Schauplatz
durch Schauspieler wie John Wayne, Howard Hawks und John Ford
über die Jahre hin zur Legende wurden, ohne diesen Tribut
zu zollen. Mir gefällt an der Geschichte, daß sie
sich genau damit auseinandersetzt. Big Boy ist eine Art John-Wayne-Figur,
die etwas moderner angelegt ist. Er ist nur nicht so ungebrochen
wie Wayne, sondern mit Fehlern behaftet. Aber trotz all seiner
Fehler ist er auch ein Held. Für mich bedeutet Heldentum
nicht, wie viele Männer man erschossen hat, ob man sein
Land verteidigen kann oder Banken ausraubt. Das Heldenhafte liegt
in der Art, wie man mit dem Leben fertig wird. Diese Menschen
schaffen das auf ganz außergewöhnliche Weise. Big
Boy hat eine ganz klare Vorstellung vom Leben, die er hartnäckig
verteidigt."
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