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Kalmans Geheimnis

Der Chassidismus


Der heute noch existierende Chassidismus fand seine Anfänge als volkstümliche Bewegung des Judentums Mitte des 18. Jahrhunderts in der Ukraine. Begründet wurde er von Rabbi Israel ben Elieser, gen. Baal Schem Tov (hebr. Meister des guten Namens, 1700 - 1760), der nicht den Schriftgelehrten der Kabbala zum idealen Ziel eines frommen Juden erklärte, sondern den Zaddik, den MittIer zwischen der oberen und unteren Welt. Die Verbindung zu Gott stellt der Chassid (hebräisch für 'der Fromme') durch ein alle Stufen umspannendes Daseinsgefühl her, das sich von den Höhen der Ekstase (etwa durch Tanz oder Gesang) bis hinunter zur Konzentration auf den gewöhnlichen Alltag erstreckt.

Eine Neuerung gegenüber dem traditionellen Judentum war dabei, daß jeder fromme Jude zu einem Zaddik werden konnte. Die Zaddikim wurden von ihren Schülern umlagert, da es Sitte war, sich mindestens einmal im Jahr Rat von seinem Meister einzuholen. So ist es auch zu erklären, daß sich der Chassidismus schnell dezentralisierte und Zaddik-Dynastien formte, die sich nicht nur in ihren Anschauungen stark unterschieden (von Askese bis Reichtum), sondern auch in Details der Erscheinung (Kaftan, Schläfenlocken und Kopfbedeckung).

Überreste dieser Zaddik-Dynastien finden sich noch in Israel, den USA, London und vor allem Antwerpen, wohin sich die Anhänger verschiedener chassidischer Bewegungen vor Hitlers systematischer Ausrottung gerettet haben. Schon Mitte des 14. Jahrhunderts wurde das belgische Antwerpen zur florierenden Hanse- und Handelsstadt, was sie bald zu einem begehrten Zufluchtsort für Juden aus ganz Europa machte, denen in christlich regierten Ländern gesetzlich verboten war, ein Handwerk auszuüben. Über die Jahrhunderte hinweg konnten die Juden in Antwerpen unbehelligt dem ihnen einzig erlaubten Gewerbe als Pfand- und Geldverleiher, Gold- und Edelsteinhändler nachgehen. Nicht zuletzt dadurch wurde Antwerpen zu einer der reichsten Städte Europas.

Das chassidische Viertel von Antwerpen besteht aus ca. 15 Straßen, in denen fast ausschließlich Chassidim der verschiedensten Bewegungen wohnen. Was sie verbindet, ist die strikte Lebensweise nach den Vorschriften des jüdischen Religionsgesetzes (Halacha). Sie wählen ihren Ehepartner nur aus der eigenen chassidischen Bewegung und schicken ihre Kinder auf eigene religiöse Schulen, um so die Kontinuität in der Gemeinde aufrecht zu erhalten. Jegliche Abweichung von den genauen Vorschriften für Alltag und Sabbath, Gebetszeiten und Speisevorschriften kann mit dem Ausschloß aus der Gemeinde bestraft werden. Selbst der Umgang mit nicht religiösen Juden gilt bei den Chassidim als unschicklich.

Diese völlige Abschottung gegen alles nichtchassidische erklärt in Kalmans Geheimnis Herrn Kalmans sichtbare Ablehnung und die große Skepsis seiner Frau gegen die weltlich orientierte Jüdin Chaja. Um so höher ist im Finale Frau Kalmans Tat einzuschätzen, wenn sie Chaja den Kragen am Mantel einschneidet. Dies ist ein alter Brauch der Trauer, den die Familie eines Verstorbenen nur den engsten Angehörigen und Freunden angedeihen lobt. Bis zu sechs Monate wird das eingeschnittene oder gerissene Kleidungsstück getragen, um so dem 'einschneidenden' Verlust eines geliebten Menschen Ausdruck zu verleihen.


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