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Bogus
DEUX ENFANTS
Zwei Kinder und die Phantasie
Noch heute gilt die alte Hollywood-Regel: Drehe nie einen Film
mit Kindern oder Tieren. Regisseur Jewison hat sich mit "Bogus"
über diese Regel bewußt hinweggesetzt.
"In Wirklichkeit mußte ich zwei Kinder inszenieren," meint
Jewison augenzwinkernd. "Eines war ein kleiner Amerikaner namens
Haley, und das andere war ein riesiger Franzose namens Gérard.
Der Film erzählt Alberts Geschichte, und ohne die Idealbesetzung
in dieser Schlüsselrolle wäre der Film ein Desaster
geworden."
Die Filmemacher ließen Jungen in New York, Los Angeles,
Toronto, Minneapolis und Chicago vorsprechen. Hunderte von hoffnungsvollen
Nachwuchstalenten machten Probeaufnahmen. Schließlich entschied
man sich für Haley Joel Osment, der bereits im Oscar-Sieger
"Forrest Gump" als Forrests Sohn zu sehen war und derzeit eine
Hauptrolle in der TV- Serie "The Jeff Foxworthy Show" spielt.
"Wenn man ein so kleines Kind besetzen muß," sagt Jewison,
"liegt die große Schwierigkeit darin, daß Sechsjährige
meist nicht sehr viele Filme vorzuweisen haben. Irgendwann kam
der Zeitpunkt, an dem wir ins kalten Wasser springen mußten
- in der Hoffnung, daß unsere Entscheidung richtig war.
Ganz ehrlich: Ich glaube nicht, daß wir einen anderen Jungen
hätten finden können, der phantasievoller als Haley
wäre. Er hat sich sehr sensibel auf die Rolle eingelassen.
Und sein Gesicht... ein wunderbares fotogenes Gesicht... so voller
Sehnsucht - man muß ihn einfach gern haben."
"Der Film hat riesigen Spaß gemacht, und alle waren echt
nett zu mir," meint Osment. "Whoopi hat mich immer zum Lachen
gebracht, und von Gérard habe ich ein paar französische
Worte gelernt. Mein bester Freund war mein Lichtdouble, Ryan
Henry. Als wir in New Jersey gedreht haben, bin ich sieben Jahre
alt geworden, und sie hatten einen großen Geburtstagskuchen
vorbereitet. Aber am meisten Spaß haben die Zaubertricks
gemacht, und als ich mit Gérard mit Schwertern kämpfen
durfte."
Mit einem Lächeln denkt Regisseur Jewison an die Schwertkampfszene
zurück, die an mehreren Tagen im High Park in Toronto entstand:
"Das war schon erstaunlich. Ich kam mir vor wie in der Pause
auf dem Schulhof, als ich Depardieu dort erlebte: Frankreichs
Lieblingsstar, der Cyrano de Bergerac des Kinos, ein Mann, der
96 Filme gedreht hat, schwingt das Schwert, tollt herum, spielt
Cowboy und Indianer mit Haley. Wie er völlig und ganz natürlich
im Kinderspiel aufgeht und zum Vertrauten, zum Spielgefährten
eines 7jährigen wird - das kann man mit Geld nicht bezahlen.
Und der Zirkus wirkte ansteckend: Je mehr ich die Szene choreographierte
und probte, desto öfter rollte ich mit den beiden durchs
Gras."
Jewison stellt fest, daß die Figur des Bogus - im Drehbuch
beschrieben als "monumental, gewaltig, unglaublich, kolossal,
phantastisch, überwältigend" - Depardieu direkt auf
den Leib geschrieben ist. "Gérard vereinigt all das in
sich, und noch einiges mehr," sagt Jewison. "Wir hatten ihn bei
der Entwicklung des Drehbuchs immer vor Augen. Sein Einfühlungsvermögen,
seine Kraft, seine Warmherzigkeit, sein Erstaunen und seine Phantasie
waren der Schlüssel zu dieser Rolle."
Und wie kam das "große Kind" mit dem "kleinen Kind"
zurecht?
"Ach, er ist der kleine Prinz, das kleine Genie, il est formidable,
il est brillant," sagt Depardieu, dessen Englisch inzwischen
sehr viel besser, aber immer noch etwas gebrochen klingt. "Ich
habe eine Menge von Haley gelernt... Erfrischendes wie Naivität,
Mut, Einfachheit und Ehrlichkeit. Er macht es einfach, hört
zu und fühlt."
Depardieu bezeichnet es als "große Ehre", die Rolle des
Bogus auf den Leib geschrieben zu bekommen. "Ich habe auf Anhieb
an die Rolle geglaubt," sagt er. "Ich bin sehr stolz darauf,
mit Norman und Alvin und Whoopi zusammenzuarbeiten. Ich glaube
an Zauberei, an die Kraft der Phantasie. Ich glaube, daß
man sich das Kindsein bewahren sollte. Natürlich muß
man erwachsen werden, Verantwortung übernehmen. Dennoch
stimmt einen der Abschied von der Kindheit traurig. Wie das Drehbuch
ganz richtig sagt: 'Die Phantasie ist schön, wenn man sie
besuchen kann - als Wohnort ist sie weniger geeignet.' Durch
Bogus darf ich wieder Kind sein, darf ich diesen Besuch machen.
C'était extraordinaire."
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