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Die Spur der roten Fässer
AUS EINEM GESPRÄCH MIT KAI WESSEL
Was interessiert Dich daran, Filme für Kinder
zu drehen, und was ist Dir dabei besonders wichtig?
Zum einen habe ich eine starke Beziehung
zu Kindern. Ich liebe diese Anarchie und die Freiheit, die sie
verkörpern. Ich kenne Kinder als ein sehr aufregendes Publikum.
Zum anderen gefällt mir diese gnadenlose Ehrlichkeit sehr
gut, mit der Kinder an Filme rangehen, wie sie sie sehen, die
Fragen, die sie stellen. Die Fragen sind nicht abstrakt, sondern
sehr konkret, sehr nah an den Geschehnissen . Es macht mir Spaß,
für Kinder zu erzählen, weil ich einen enormen Freiraum
habe: es geht nicht so sehr darum, die Realität abzubilden,
sondern es darf viel phantastischer, phantasievoller sein. Kinder
sind ein Publikum, das wißbegierig und aufnahmebereit ist;
für einen Regisseur, der inhaltlich etwas rüberbringen
will, ein dankbares Publikum. Vielleicht kann man so einen kleinen
Teil dazu beitragen, daß die Weit menschlicher wird, phantasievoller,
verantwortungsbewußter.
Wie bist Du zum Sujet des Films gekommen?
Ich wollte, daß DIE SPUR DER ROTEN
FÄSSER ein Unterhaltungsfilm im weitesten Sinne wird, ein
Abenteuerfilm, der nicht didaktisch ist. Die Umwelt ist Teil des
Abenteuers, aber ein wichtiger Teil, denn von Kindern werden Umweltprobleme
heute sehr ernst genommen, und das Interesse daran ist groß.
Nach Deinem ersten, mit dem Bundesfilmpreis ausgezeichneten,
Film MARTHA JELLNECK und nach DAS SOMMERALBUM hast Du u.a. auch
eine Reihe von Fernsehkrimis gedreht. Hat es Dich deswegen gereizt,
jetzt mal einen Krimi für Kinder zu drehen?
MARTHA JELLNECK und SOMMERALBUM sind sehr
ruhige Filme, die einen sehr hohen Anspruch haben. Ich hatte dann
aber auch Lust, mal einen Krimi zu drehen, weil man da filmisch
anders, radikaler, auch spannender erzählen kann. Meine Krimi-Erfahrungen
flossen natürlich in DIE SPUR DER ROTEN FÄSSER ein.
Du hast zum ersten Mal das Drehbuch selbst geschrieben.
Ich halte die Trennung zwischen Buch und
Regie, zumindest für mich, für sehr wichtig und richtig.
Dennoch hat es mir diesmal sehr viel Spaß gemacht, die Freiheiten
eines Autors zu haben: Die Figuren zu erfinden, statt mit einem
fertigen Buch konfrontiert zu sein.
War es schwierig, die Kinder/Hauptdarsteller zu
finden?
Das Problem ist, daß Kinder, die
schon viele Rollen gespielt haben, insbesondere beim Fernsehen,
sehr schnell einen Mechanismus entdecken, wie sie meinen, "richtig"
zu spielen, so, damit alle zufrieden sind. Da spielt sich sehr
schnell eine gewisse Routine ein, die man nur schwer wieder durchbrechen
kann. Deshalb habe ich Kinder ausgewählt, die - bis auf Meike
Fellinger, die die Julia spielt - zum ersten Mal vor der Kamera
standen. Roman ist dabei als Figur der Interessanteste, weil er
auf der einen Seite als Ältester die meiste Verantwortung
tragen muß und keine Schwäche zeigen darf, aber auf
der anderen Seite doch am meisten Kind sein will. In Roman steckt
sicher auch etwas von mir.
Wieviel Zeit hattet Ihr, Euch kennenzulernen?
Die Besetzung der Kinder stand erst drei
Wochen vor Drehbeginn endgültig fest. Bei verschiedenen Treffen
haben wir dann leichte Schauspiel- und Vertrauensspiele gemacht.
Das war nicht immer leicht, denn die Kinder sind sehr unterschiedlich.
Es gab viele Machtspiele, wobei dann die Konzentration für
das eigentliche Spiel fehlte. Es ist sehr aufregend, lustig und
spaßig mit Kindern zu arbeiten.
Du hast schon einmal in DAS SOMMERALBUM mit Kindern
gearbeitet. Damals war die kleine Hauptdarstellerin Hanna Mattes
zusammen mit ihrer Mutter Eva Mattes am Set. Wie war es diesmal?
Die Eltern sind normalerweise nicht bei
den Dreharbeiten dabei (in SOMMERALBUM spielt Eva Mattes die Rolle
der Mutter), denn das kann eher hemmend auf die Kinder wirken,
weil sie dann nicht ganz so offen sind und mehr in ihrer normalen
Rolle stecken. Bei einem Film mitzumachen, war für die Kinder
ein großes Abenteuer. Aber sie merkten spätestens nach
zwei Wochen, daß das nicht nur ein Ferienausflug ist, sondern
daß man auch diszipliniert arbeiten muß. Es ist natürlich
wichtig, daß man es schafft, ein Team zusammenzustellen,
das für eine Urlaubsstimmung - die Kinder hatten ja Ferien
- und für ein harmonisches Klima sorgt. Wir hatten nie Probleme
mit der Disziplin der Kinder: Sie haben schnell begriffen, daß
beim Dreh jeder seine Aufgabe hat.
(Das Gespräch führten Gudula Meinzolt und
Cornelia Weiß Berlin, Februar 1996)
Bio- und Filmographie Kai Wessel:
- 1961 geboren in Hamburg
- 1983-85 HAMBURGER WOCHENSCHAU (Regie, Kamera, Schnitt
und Produktion)
- 1985 Produktion und Regie des Kurzspielfilms MENSCHEN
BETTEN GLÜCK UND LEID
- 1986-89 Mitarbeit/Co-Regie HAMBURG-BILDER EINER GROßEN
STADT und KULTURSTADT BERLIN (Regie Ottokar Runze)
- 1988 Erste Spielfilmregie bei MARTHA JELLNECK mit
Heidemarie Hatheyer, nominiert für den Bundesfilmpreis
- 1990/91 Fernsehspiel für den SWF: GEBOREN 1999
nach dem Roman von C. Kerner
- 1991 Spielfilm DAS SOMMERALBUM mit Eva und Hanna
Mattes
- 1992 Regie bei zwei Folgen der Serie PETER STROHM
mit Klaus Löwitsch
- 1993 Fernsehfilme UM JEDEN PREIS und EIN LETZTER
WILLE
- 1994 Krimiserie DOPPELTER EINSATZ, nominiert für
den Adolf Grimme-Preis; KISS A BRIDE, Musikvideo; Fernsehfilm
ALLES AUßER MORD: WAHNSINN MIT METHODE
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