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Die Schutzengel
Dreharbeiten in Hongkong
In Hongkong wird es im Oktober schon sehr früh dunkel. Gegen
fünf Uhr nachmittags ist das Licht schon so schwach, daß
man einpacken kann. Also fingen wir sehr früh am Morgen mit
dem Drehen
an.
Es ist keine einfache Angelegenheit, in Hongkong zu drehen.
Unserer Erfahrung nach unterstützen die örtlichen Behörden
das Kino überhaupt nicht. Man bekommt keine fest zugesicherten
Drehgenehmigungen, sondern nur leere Versprechungen. Wir befanden
uns in einer ständigen Unsicherheit. Die Polizei stoppte
die Dreharbeiten bei der kleinsten Beschwerde, so daß man
jeder kleinsten Erpressung ausgeliefert war. Den chinesischen
Filmregisseuren ist das vollkommen egal. Sie drehen, und wenn
dann die Polizei kommt, findet das allgemeine "Rette sich,
wer kann" statt. Mit der Zeit machten wir es dann genauso.
In meinem Film verursacht ein Lastwagen einen Unfall an einer
Kreuzung. Als die Polizei auftaucht, ist die ganze Mannschaft
in Sekundenschnelle verschwunden. Es sind nur noch die Fahrer
der Fahrzeuge da, die angeben, einen Unfall gehabt zu haben, und
ihre Aussagen zu Protokoll geben. Die Polizei behielt uns trotzdem
im Auge. Der Stuntman, der Gérard auf dem Motorrad doubelte, war
beinahe täglich im Gefängnis: "Sie haben keinen
Sturzhelm auf!", "Wir drehen einen Film, das hier ist
ein Stunt.", "Die Straßenverkehrsordnung verlangt
das Tragen eines Sturzhelmes. Wir beschlagnahmen das Motorrad."
Wir verbrachten Stunden auf der Wache. Es war die Hölle!
Bald jeden Tag gingen wir zum Kommissariat, um das Motorrad abzuholen.
Eines Tages gab mir der chinesische Produzent den Rat, etwas vernünftiger
zu sein: "Es wird nicht lange dauern, und Sie werden wirklich
Ärger kriegen."
Am nächsten Tag drehten wir eine
relativ ungefährliche Szene, in der ein Lastwagen eine Telefonzelle
auf einem Gehsteig zertrümmert, die auf einem riesigen Kipper
als Prellbock zerbricht. In der Zelle steht eine Puppe. Der Kipper
ist mit Steinen bela den, um zu verhindern, daß der Lastwagen
zu weit fährt. Alles lief wunderbar. Aber dann wollte es
uns der chinesische Stuntman zeigen und fuhr doppelt so schnell
wie ausgemacht, nämlich 120 Stundenkilometer. Er zertrümmerte
die Telefonzelle mit einer derartigen Wucht, daß er den
Kipper auf eine Art Denkmal beförderte!
Es handelte sich
um so ein Ding, das die ganze Geschichte der Stadt erzählt
und für den Besuch von Margret Thatcher errichtet worden
war. Sie sollte am nächsten Tag kommen, um es einzuweihen.
Es war ein Desaster, ein nationales Drama ... Thatcher kam und
sah das komische Etwas: eine Art zerdrückter Cäsar.
Die Chinesen hassen es, ihr Gesicht zu verlieren. Und die Behörden
waren natürlich sehr erbost. In dieser Situation rechnete
ich damit, daß wir alle ins Gefängnis wandern würden,
diesmal nicht ganz unverschuldet.
Der zweite Stab war von einer Gruppe angegriffen worden, die vorgab,
den Triaden anzugehören und Schutzgeld forderte. Wir waren
gezwungen, die Polizei zu rufen, die sie dann verhaftete. Polizisten
haben manchmal auch etwas Gutes.
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