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Gefühl und Verführung


Szene

Produktionsnotizen

Fast hatte man geglaubt, er würde nie zurückkommen.15 Jahre ist es her, daß Bernardo Bertolucci seinem Geburtsland Italien den Rücken gekehrt hatte, um als filmischer Nomade durch die Welt zu ziehen. In Frankreich drehte er - unter anderem - Der letzte Tango in Paris, in China Der letzte Kaiser, in den Weiten der Sahara Der Himmel über der Wüste und in den Höhenzügen des Himalaya-Gebirges Little Buddha.

Warum kehrt jemand, der sich von Film zu Film immer weiter von seiner südeuropäischen Heimat entfernt zu haben schien, so plötzlich zurück? Eine Frage, die nur Bertolucci selbst beantworten kann: "Eigentlich wollte ich nie wieder in Italien filmen. Alles war korrupt und durch und durch bürokratisch. Ich wollte andere Welten entdecken, um das Italien der 80er Jahre vergessen zu können, das mir überhaupt nicht gefallen hatte. Die Idee zu Gefühl und Verführung entstand bei den Dreharbeiten zu Little Buddha. Ich hatte auf einmal Lust, wieder einen Film in Italien zu drehen - das starke Bedürfnis, etwas vollkommen Neues anzufangen. Ein kleiner Film sollte es sein, gedreht in vertrauter Umgebung. Es mag vielleicht naiv klingen, aber für mich war die Idee, die Geschichte eines jungen, unschuldigen Mädchens zu erzählen, eine Möglichkeit, selbst ein Stück Unschuld wiederzufinden. Oder nennen wir es vielleicht besser Frische."

Nach dreißig Jahren im Filmgeschäft und aufreibenden Dreharbeiten in den unwegsamsten Teilen der Erde kann eine derartige Verjüngungskur zur kreativen Notwendigkeit werden. Ein Mädchen, das er einmal in der Toskana gesehen hatte, erinnert sich Bertolucci, wurde zur fixen Idee. Die Entschlossenheit in ihrem Gesicht und gleichzeitige Verletzlichkeit ihrer Körperstruktur. Vielleicht war es auch nur ein Traum, aber auf jeden Fall hat mich das zu der Geschichte geführt."

Aber ein 55jähriger und seine 19jährige Protagonistin? Wie sollte sich Bertolucci einer Generation annähern, die im Cyberspace herumspaziert, auf Datenautobahnen fährt und Mozart unter Umständen für den Erfinder österreichischer Pralinés hält? Um seiner jungen Heldin gerecht werden zu können, stand für Bertolucci von Anfang an fest, daß eine Frau das Drehbuch schreiben sollte. In der New Yorker Magazin- und Romanautorin Susan Minot, die ihm von einem gemeinsamen Freund vorgestellt wurde, fand er nicht nur eine geeignete Mitarbeiterin. Minot, die sich beim Schreiben ihres ersten Kino-Skripts "vor allem von den Filmen Ophüls', Altmans, Viscontis und Rohmers" inspirieren ließ, entpuppte sich für den Altmeister als persönliche Herausforderung.

18 Monate lang arbeiteten beide daran, ihre verschiedenen Stile zu einem homogenen Ganzen zusammenzufügen: Bertoluccis Hang zum Melodrama prallte immer wieder - anscheinend inkompatibel - auf Minots ökonomisch-minimalistische Prosa.

Daß das Ringen um Balance der Geschichte mehr als gutgetan hat, zeigt das fertige Werk: Was leicht zu purem Schwelgen in traumhaften Landschaftsaufnahmen und der Schönheit Liv Tylers hätte ausarten können, wird immer wieder auf den harten Boden der 90er-Jahre-Jugendkultur zurückkatapultiert. Tylers selbstvergessene, ekstatische Dirty-Dancing-Einlage zu harten Beats ist ein faszinierender Gegenpol zu Szenen, in denen die Kamera verliebt und fast statisch auf den reizvollen Zügen und Bewegungen der jungen Aktrice verharrt.

Zur filmischen Umsetzung sagt Bertolucci: "Gerade für die Anfangsszene, in der die Kamera Lucy voyeuristisch im Flugzeug begleitet, erschien mir Video 8 ein geeignetes Stilmittel zu sein. Ich spürte instinktiv, daß gerade dieses Format überzeugend mit der heutigen Realität korrespondiert."


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