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Liebesflüstern
Julie Christie
als Phyllis Mann
Bei aller Liebe zur Konkurrenz, aber wer Julie Christie in LIEBESFLÜSTERN
sieht, wird sich schwerlich vorstellen können, daß
dieses Filmjahr noch eine wahrhaftigere Frauenrolle bereithält.
In der Tradition von Gena Rowlands ("A Woman Under the Influence")
oder Jessica Lange ("Frances", "Blue Sky")
gelingt ihr das Kunststück, die komplexen Neurosen ihrer
gebeutelten Figur in allen Nuancen (be)greifbar zu machen: mit
Galgenhumor und Güte, Leidensfähigkeit und Lebenslust,
Flirts und Flair, Traurigkeit und Trotz.
Denn nur zögerlich entblößt Christie die Geheimnisse
der mit viel Würde, Klasse und ein wenig Bitterkeit gealterten
Ex-Schauspielerin Phyllis Mann. Doch als sich nicht länger
verbergen läßt, warum die Liebe zu Lucky (Nick Nolte)
angeknackst ist und sie manchmal in Erinnerungen zu ertrinken
scheint, ist der Nervenzusammenbruch unvermeidlich - und kathartisch.
So ist Phyllis das Herz von LIEBESFLÜSTERN. Ein großes
Herz, das allein dank Julie Christies charismatischen Spiels
pochen, strahlen oder brechen kann...
Julie Frances Christie kam am 14. April 1941 als Tochter eines
britischen Teezüchters im indischen Chukua, Assam, zur Welt.
Ihre Jugend verbrachte sie in Europa, wo sie zunächst eine
Karriere als Linguistin anstrebte, bevor ihr ein Kurs an der
Central School of Speech and Drama in London die Tore zur Schauspielerei
öffnete.
Frühe Bühnenerfahrungen machte Julie Ghristie 1957
mit dem Frinton Repertory of Essex, doch als sie danach in der
TV-Serie "A for Andromeda" besetzt wurde, konnte sie
ihr Naturtalent erstmals einem breiten Publikum präsentieren
und erntete prompt landesweite Popularität.
In britischen Komödien wie "Geliebter Spinner"
oder "The Fast Lady" (gemeint war ein schnödes
Auto) ließ Christie zunächst in Nebenrollen ihr Charisma
und ihren nicht unbeträchtlichen Sixties-Sex-appeal blitzen,
bevor sie im Welthit "Darling" die lustig-libidinöse
Hauptrolle landete und dafür einen Oscar sowie einen Preis
der British Film Academy erhielt.
Somit gehört ihr das nächste Jahrzehnt, in dem sie
regelrecht auf potentielle Klassiker abonniert war. Ob als Lara
im Kostümschinken "Doktor Schiwago" oder mit einer
Psycho-Doppelrolle in "Fahrenheit 451"; ob unter der
Regie von Meistern wie Joseph Losey oder Robert Altman; ob im
aufsehenerregenden, erotischen Clinch mit Donald Sutherland ("Wenn
die Gondeln Trauer tragen") oder mit real-life-lover Warren
Beatty ("Shampoo") - zwischen 1965 und 1975 drückte
Julie Christie der Filmgeschichte ihren nach Belieben keuschen,
kessen oder coolen Stempel auf, und erhielt im übrigen eine
Oscar-Nominierung für ihre Arbeit in "McCabe and Mrs.
Miller".
Nach einem vorerst letzten Welterfolg mit "Der Himmel kann
warten" schien Julie Christie in der Versenkung zu verschwinden
und ihr Talent an mediokre Projekte zu vergeuden - ein selbstgewähltes
Schicksal, denn ihr Interesse an der Karriere hatte rapide nachgelassen,
während sie ihre Energien vielmehr auf soziale und politische
Themen zu konzentrieren begann. In dieser Phase lieferte sie
gleichwohl einige überaus sehenswerte Kostproben ihres Könnens,
etwa in "Hitze und Staub" oder als Alkoholikerin in
"Narren des Schicksals". Und nachdem sie unlängst
schon in "Dragon Heart" und "Hamlet" reüssierte,
riß sie mit ihrem Part in LIEBESFLÜSTERN den Kritiker
von "Variety" zu der Prognose "a major comeback" hin. Wohl wahr...
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