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Nacht über Manhattan


Szene

Produktionsnotizen

"Es ist ein Melodram über persönliche Entscheidungen", beschreibt Regisseur Sidney Lumet seinen neuesten Film, den er nach dem Roman "Tainted Evidence" von Robert Daley adaptierte. "Das ist die Art von Film, die mir am besten gefällt: Ein moralisches Melodram, in dem Aufrichtigkeit und Optimismus gegen politische Interessen und Zynismus gestellt werden."

Der Produzent Tom Mount meint: "Mein Partner Josh Kramer und ich suchten nach einem Stoff, in dem Macht und der Preis, den man dafür bezahlen muß, das zentrale Thema sein sollten. Ein neuer, origineller Ansatz war uns dabei sehr wichtig. Als Sidney uns eine frühe Version von NACHT ÜBER MANHATTAN zuschickte, fanden wir darin genau die Themenkomplexe, die wir für aufregend und überraschend hielten."

Thom Mount schloß Freundschaft mit Sidney Lumet, als er während seiner Ägide als Präsident bei Universal die Produktion von Lumets THE WIZ überwachte. NACHT ÜBER MANHATTAN kam zustande, weil, so Mount, "ich einen Film mit Sidney Lumet machen wollte, der den Zusammenbruch der Sitten in Amerika thematisieren sollte."

Mount findet, daß die Themen des Films universalen Charakter haben: "Unsere Hauptfigur wird in seiner Familie und seinem Leben mit riesigen moralischen Kompromissen konfrontiert und muß neuartige und ungewöhnliche Lösungen für seine Probleme finden. Wir hoffen, daß Seans Handlungen eine Inspiration für den Zuschauer sind."

Über Sidney Lumet ist Mount voll des Lobes: "Sidney ist für New York das, was Muhammed Ali für das Boxen ist. Er ist einer der großen In-Fighter, ein Typ, der den Ring aus dem Effeff kennt und die Zusammenhänge seines spezifischen Kampfstils besser versteht als irgendein anderer Regisseur. Er schlägt einen sensationellen kurzen Haken. Er versteht die Größe und Form des Rings."

Der Produzent Josh Kramer beschreibt NACHT ÜBER MANHATTAN als "moralisch ambivalenten Film, in dem die Hauptfigur Sean Casey mit widersprüchlichen Wertvorstellungen von Familie und Loyalität konfrontiert wird. Sean hätte es sich nie vorstellen lassen, daß er vor diese Entscheidungen gestellt werden würde. Sidney stellt nicht einfach eine Gleichung auf, in der er sagt, was richtig ist. Sean Casey glaubt nicht an Kompromisse, also wählt er für sich eine Welt, in der er keine eingehen muß, anstatt sich mit der Realität auseinanderzusetzen, in der er nicht an Kompromissen vorbeikommt."

Andy Garcias Interesse an NACHT ÜBER MANHATTAN wurde geweckt, weil "der Stoff eine moralische Geschichte erzählte", die dem Schauspieler gut gefiel. Die Beteiligung Sidney Lumets war von großer Bedeutung bei Garcias Entscheidung, die Hauptrolle zu übernehmen: "Der Hauptgrund für meine Beteiligung war wohl die Tatsache, daß Sidney als Regisseur feststand."

Für Andy Garcia geht es bei NACHT ÜBER MANHATTAN um "Probleme und zwischenmenschliche Beziehungen, Entscheidungen und Ethik, oder um es auf den Punkt zu bringen, um Moral." Die Entscheidungen, die er als Sean Casey zu treffen hat, bilden dabei das Zentrum des Films: "Ich finde mich in der politischen Arena wieder und werde schließlich zum Bezirksstaatsanwalt von New York gewählt. Im Verlauf dieses Prozesses muß ich mich mit einigen ethischen Fragen auseinandersetzen, muß wählen, ob ich Beweise unter den Teppich kehre und damit meinen Vater zerstöre, oder nicht."

Richard Dreyfuss modellierte seine Figur des Abe Vigoda "ganz lose nach William Kuntsler, eines politisch links motivierten, radikalen Anwaltes, der sich hoffnungsloser Fälle und derer annimmt, die so schuldig sind wie die Hölle." Um sich auf die Rolle vorzubereiten, studierte Dreyfuss Filmaufnahmen von Kuntsler, die bis ins Jahr 1968 zurückreichen, las dessen Biographie und studierte Pressemeldungen über dessen Leben. Dreyfuss erklärt, daß Vigoda die scheinbar aussichtslose Verteidigung von Jordan Washington übernimmt, weil "er glaubt, daß Drogen das Polizei-Department korrumpiert haben, und daß man sich des Problems erst annehmen kann, wenn man der Polizeikorruption Einhalt gebietet."

Lena Olin sieht ihre Figur der Peggy Lindstrom als "eine Frau, die das, was sie tut, offensichtlich sehr gut erledigt. Sie ist eine Anwältin, sie lebt in New York, sie ist wohlhabend, sie weiß, was sie vom Leben will, sie ist sehr entschlossen, und sie ist aufrichtig. Sie hat schon einiges mitgemacht, und sie läßt sich nichts gefallen." Sidney Lumet selbst war es, der die Schauspielerin in das amerikanische Justizsystem einführte: "Das ist sein Spezialgebiet. Wenn man ihn über all diese Angelegenheiten mit Polizei, Anwälten und dem Gesetz reden hört, kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, daß er selbst ein Anwalt sein könnte. Er kennt sich wirklich bis ins kleinste Detail aus. Er weiß, was er macht."

Lena Olin fand das Drehbuch "wundervoll. Viele Filme sind wie Märchen ­ und das ist auch in Ordnung so. Aber dann gibt es Filme, und NACHT ÜBER MANHATTAN gehört dazu, die sich mit der Realität und der Tatsache beschäftigen, daß man alle Dinge von verschiedenen Seiten betrachten kann, daß es keine einfachen Antworten gibt. Hier gibt es keine simple Trennung zwischen Gut und Böse. Alles ist so komplex."

Ian Holm beschreibt seine Figur als "altmodischen Cop, einen Mann mit Prinzipien. Er ist seit 38 Jahren bei der Polizei, hält viel von Moral und fühlt sich der Gemeinschaft verpflichtet. Wie alle anderen Personen in der Geschichte ist auch er desillusioniert. Er ist immer noch davon überzeugt, daß die Dinge, die er tut, richtig sind, und er wird so weitermachen. Er trifft den Nagel genau auf den Kopf, wenn er sagt, sie müßten ihn schon rauswerfen. Er selbst denkt sicher nicht daran, sich aufs Altenteil zurückzuziehen."

Bei den Proben fiel es Ian Holm leicht, den richtigen Zugang zu seiner Rolle zu finden, denn er arbeitete eng mit Sidney Lumet zusammen: "Sidney ist ein warmer, herzlicher Mensch. Ihm fällt es nicht schwer, aus einem Schauspieler eine starke Leistung herauszuholen. Er ist sehr präzise, weil er genau weiß, was er von der Geschichte und von den Figuren will. Immerhin hat er NACHT ÜBER MANHATTAN ja auch selbst geschrieben. Seine Instinkte sind so klar, daß er ihnen stets folgen kann." Obwohl Holm es mag, seine Szenen bis zum Drehtag so unausgarbeitet zu lassen, daß es für ihn auch dann noch neue Dinge zu entdecken gibt, bereitete sich der Vollprofi sehr intensiv auf seinen Part vor: Er verschlang reihenweise authentische Detektivgeschichten aus New York und ging mit New Yorker Polizisten auf Streife, um so viel über ihr Leben in Erfahrung zu bringen, wie nur möglich.

Ron Leibman kann sich noch gut daran erinnern, daß Sidney Lumet ihn vor zwei Jahren in einem Restaurant angesprochen und erzählt hatte, er habe einen Part für ihn. Lumet hielt sein Wort und meldete sich im vergangenen Sommer bei Leibman: "Dieser Part, von dem ich dir erzählt habe ­ jetzt ist es so weit!" Ron nahm die Rolle des Bezirksstaatsanwalts Morgenstern an, sowie er das Skript ausgelesen hatte: "Morgenstern ist ein getriebenes politisches Tier. Er ist im Grunde ein sehr anständiger Mann, aber er hat ein paar schwerwiegende Probleme."

Leibman erinnert sich: "Eine der ersten Dinge, die Sidney zu uns sagte, war, daß es in diesem Film nicht einen zufälligen Moment gäbe." Wie sich während des Drehs herausstellte, war Leibmans Figur von der Dringlichkeit, die sich aus der Mischung von inhaltlicher Brisanz und grimmiger Authentizität ergab, in besonderem Maße betroffen. "In jeder Szene geht es um Leben oder Tod", meint der Schauspieler. "Werde ich gewinnen? Werde ich verlieren? Werde ich sterben? Werde ich überleben? Die Figuren befinden sich pausenlos in Konflikt mit Dingen, die so lebenswichtig für sie sind, daß sie glauben, ihr Leben könnte vorüber sein, wenn sie sie nicht bekommen. Hier geht es um Menschen, die ununterbrochen, in jeder Sekunde um etwas kämpfen. Das bedeutet aufregendes Drama."


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