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Portrait of a Lady
ÜBER DIE ADAPTION der Romanvorlage von Henry James
Seit Jane Campion den Roman PORTRAIT OF A LADY von Henry James
vor Jahren zum ersten Mal gelesen hatte, gehörte er immer
zu ihrer Lieblingslektüre. Und so ist ihrer Verfilmung des
Stoffes ohne Frage die Erfüllung eines lang gehegten Traumes,
"all das auf die Leinwand zu bringen, was ich an dem Buch liebe,
um dessen großartigen Inhalt auch an das Kinopublikum weiterzugeben".
Außerdem bietet eine solche Adaption auch den Vorteil,
fährt die Filmemacherin fort, "daß man Literatur und
Film miteinander verbinden kann - also genau die beiden Genres,
die mir am meisten am Herzen liegen."
Jane Campion und ihre Drehbuchautorin Laura Jones haben bei der
Verfilmung des Romans alle Wiederholungen und seitenlangen Personencharakterisierungen
beiseite gelassen und konzentrierten sich vor allem auf die Figuren
selbst sowie die Dialoge dieses "mysteriösen und bezwingenden
Melodrams". Campion schätzt James' Geschichte als so "kühn,
modern und provozierend" ein, daß sie ihren persönlichen
cinematographischen Stil voll zur Entfaltung bringen konnte.
Die Heldin Isabel Archer ist für sie - und wohl auch für
viele andere Frauen - nicht nur eine Geistesverwandte, sondern
fast schon so etwas wie eine Freundin.
Die Regisseurin brauchte mehrere Jahre, um den Roman adäquat
auf die Leinwand zu bringen. PORTRAIT OF A LADY markiert - trotz
der gleichen Zeitperiode - eine Abkehr vom Stil ihres letzten
Films DAS PIANO (The Piano,1992). Nach den relativ ruhigen
Szenen ihres erfolgreichen Vorgängers sehnte sich Campion
nach intensiven, dramatischen Dialogen. Sie betrachtet PORTRAIT
OF A LADY als "die schwierigste Arbeit, die ich jemals gemacht
habe", da für den Film "jeden Tag eine große Szene
gedreht werden mußte."
Trotzdem hat die Neuseeländerin das Gefühl, daß
sie diesmal noch mehr von ihrer eigenen Persönlichkeit auf
Zelluloid bannen konnte als bei ihrer letzten Literaturverfilmung
EIN ENGEL AN MEINER TAFEL (An Angel at my Table, 1990),
die von der Lebensgeschichte der Autorin Janet Frame inspiriert
wurde. Bei Henry James fühlte Campion sich freier, ihre
ganz persönliche Interpretation des Romans "auf eine intensive,
mutige und spielerische Art und Weise filmisch umzusetzen."
Wie viele Romane der Zeit kann auch PORTRAIT OF A LADY als Handbuch
des alltäglichen Lebens gelesen werden, das von so wesentlichen
Dingen wie Moral, Liebe, Tod, Geburt, Heirat und Scheidung handelt
und diese in aufschlußreichen Kontrast zu Unschuld und
Weisheit, Licht und Dunkelheit in Europa und Amerika stellt.
Für Campion ist Henry James' Klassiker ein modernes Märchen
mit einem Repräsentanten der Unterwelt (Gilbert Osmond),
einer Fährfrau über den Styx (Madame Merle) und einem
verführten Opfer (Isabel Archer).
"Verglichen mit DAS PIANO war PORTRAIT OF A LADY eine
lange, anstrengende Reise, weil die Produktion dauernd zwischen
England und Italien hin- und herzog - insgesamt zehn Mal." Das
für eine Literaturadaption dieser Art großzügige
Budget gab der Regisseurin ausreichend Zeit, um sich gründlich
vorzubereiten, und erlaubte ihr, an den Originalschauplätzen
des Romans zu drehen.
Der Film spielt im römischen Kollosseum, in den atemberaubend
schönen Palästen und Gärten von Lucca, und an
verschiedenen Orten in Florenz und Salisbury. Die Dreharbeiten
erstreckten sich über zwei komplette Jahreszeiten, Sommer
und Winter. DerWechsel von schneebedeckten Ebenen zu grünen
Wiesen war nach Ansicht der Regisseurin notwendig, um die komplexe
und kraftvolle Reisegeschichte in aussagekräftige, den Geist
des Romans wiedergebende Bilder zu verwandeln. Gleichzeitig lobt
sie die hervorragende Arbeit des art and production departments,
das diese filmische Qualität erst möglich machte.
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