Eiskalte Engel

Produktionsnotizen

Ende der achtziger Jahre schrieb Christopher Hampton die Handlung für die Bühne um. Die Aufführung der Royal Shakespeare Company wurde mit dem New York Drama Critics Circle Award für das Beste Ausländische Bühnenspiel ausgezeichnet.

Hampton war es auch, der das Drehbuch für den britischen Regisseur Stephen Frears verfaßte: "Gefährliche Liebschaften" mit John Malkovich, Glenn Close, Michelle Pfeiffer und Uma Thurman in den Hauptrollen wurde mit drei Oscars ausgezeichnet. "Valmont", geschrieben von Jean-Claude Carriere, wurde von Regisseur Milos Forman 1988 in die Kinos gebracht. Die Hauptrollen darin übernahmen Colin Firth, Annette Bening, Meg Tilly und Fairuza Balk.

Regisseur Roger Kumble schwärmte seit jeher für de Laclos literarisches Werk und verfolgte sehr genau dessen zahlreiche Umsetzungen auf der Bühne und im Film. "Ich hatte schon immer das Gefühl, daß die Geschichte zeitlos und dementsprechend auch für ein jüngeres Publikum geeignet ist. Die Kids an den High Schools kennen heute keine Moral mehr. Als ich das Buch vor ungefähr zweieinhalb Jahren nochmals las, wurde mir klar, wie sehr sich die heutigen Jugendlichen und die Charaktere im Roman ähneln. Die größte Herausforderung bei der Realisierung dieses Films war somit, die Geschichte in der modernen Welt der High School-Kids spielen zu lassen."

Kumble hatte bereits einige Drehbücher geschrieben, doch er hatte noch nie bei einem Spielfilm die Regie geführt. Bei diesem Projekt wollte er das unbedingt tun, das war ihm von Anfang an klar. Erste Regieerfahrungen sammelte er zwar mit Bühnenproduktionen wie "Pay or Play" oder "d-girl", doch Kumble wußte, daß das Filmstudio ihn nicht so ohne weiteres als Regisseur engagieren würde.

"Ich plante eine von Unmoral förmlich durchtränkte, niedrig budgetierte moderne Version von 'Les Liaisons Dangereuses' zu schreiben. Daß ich dafür letztendlich Millionen von Dollar bekommen würde und man mich zusätzlich noch selbst inszenieren ließ, daran hätte ich nicht im Traum gedacht", erzählt Kumble.

Zu dieser Zeit war es Produzent Neal H. Moritz, der dem Teenager-Film ein Comeback verschaffte: Den Horror- Thriller "Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast" machte er zu einem grandiosen Kassenerfolg und das Sequel befand sich damals gerade in Vorbereitung. Für "Düstere Legenden" sollte schon bald die erste Klappe fallen, sein mit Spannung erwarteter Film "The Rat Pack" war abgedreht.

Besetzung

Als Moritz Kumbles Skript gelesen hatte und das hohe Potential darin sah, wußte er sofort, wen er für die beiden Hauptrollen engagieren wollte.

"Ich arbeitete mit Ryan Phillippe und Sarah Michelle Gellar (Foto) bereits in 'Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast' zusammen und wußte sofort, daß die beiden die perfekte Besetzung für die Rollen von Sebastian und Kathryn waren", so Produzent Moritz.

"In Hollywood ist es ziemlich selten der Fall, daß man genau denjenigen bekommt, den man für die Rolle haben möchte. Derzeit herrscht ein absolutes Wetteifern um Teenager-Filme", fährt er fort. "Doch wenn man ein derart gutes Material in die Hände bekommt, ist man in der glücklichen Position, sich die besten Leute aussuchen zu können. So wie Ryan und Sarah, die zu den talentiertesten Nachwuchsschauspielern zählen."

Die Wiederbelebung und Modernisierung des klassischen Stoffes bedeutete für Valmont-Darsteller Ryan Phillippe eine große Herausforderung. "Sebastian Valmont vereint verschiedene Persönlichkeiten in sich, deren Wege sich im Film immer wieder kreuzen. Der Sebastian, der sich gegenüber Kathryn zänkisch benimmt, hebt sich völlig von dem Verführer ab, der Cecile umgarnt. Wieder anders gebärdet sich Sebastian, der Liebhaber, der Annette den Hof macht. Mein Charakter verändert sich in jeder einzelnen Szene und im Spiel mit jedem einzelnen Schauspieler."

Die Chance, einen witzigen, zugleich bösartigen und - was am wichtigsten ist - intelligenten Charakter darzustellen, war für Sarah Michelle Gellar der auslösende Moment, die Rolle der Kathryn Merteuil anzunehmen. Sie hatte ihre eigenen Vorstellungen, wie sie Kathryn spielen wollte: "Ich habe versucht, nicht Glenn Closes Darstellung der Marquise de Merteuil zu kopieren. Sie versteckte ihre Gefühle. Im 18. Jahrhundert waren die Menschen verschlossener. Heute können wir es uns leisten, offen über Dinge zu sprechen und auch Gefühle zu zeigen. Es war großartig, sich nicht unter Perücken, hinter Korsetts und riesigen Kostümen verstecken zu müssen. Wir konnten unsere Körper einsetzen, was für die Erzählweise dieser Geschichte von entscheidender Bedeutung war."

Zu den beiden Hauptdarstellern gesellte sich Reese Witherspoon, die den Part der keuschen Annette Hargrove spielt - die neuzeitliche Version der Madame De Tourvel und somit Valmonts Objekt der Begierde. Witherspoon über ihre Rolle: "Annette ist an Sex - solange er nichts mit Liebe zu tun hat - nicht interessiert. Sie wartet auf die große Liebe. Ich denke, das macht sie auch für Sebastian so anziehend."

Drehteam und Design

Nachdem die Besetzung feststand, stellten der ausführende Produzent Michael Fottrell und Produzent Neal H. Moritz ein Drehteam für den frischgebackenen Filmregisseur zusammen. "Wir wußten, daß Roger bereits Regieerfahrung durch seine Theaterarbeit hatte", so Fottrell. "Trotzdem bedurfte es eines starken Teams, das ihn während der Dreharbeiten unterstützte."

Kumble konstatiert: "Es ist wie mit dem Präsidenten von Amerika. Hast du ein hervorragendes Kabinett, dann funktionieren auch alle Abläufe. Ist es hingegen lausig, sitzt du ziemlich in der Tinte." Als dann auch der Stab feststand, begann Kumble mit den sechswöchigen Dreharbeiten in Los Angeles und New York.

Obwohl Eiskalte Engel in der heutigen Zeit spielt, kreierte Produktionsdesigner Jon Gary Steele einen Look, der dem Originalroman größte Wertschätzung zollt. "Ein Großteil der Geschichte spielt im New York der Gegenwart, doch sobald man Valmonts Stadthaus betritt, soll man das Gefühl bekommen, daß man sich in einem Pariser Ballsaal befindet", so Steele. Für die Außenaufnahmen des Valmontschen Besitzes diente Steele und seiner Crew ein französisches Schloß, das heute der Sitz des Ukrainischen Instituts in Amerika ist.

Sein nächster Schritt war die Einrichtung der Schlafräume. Während er Kathryns eiskalten prinzessinnenhaften Charakter durch ein französisches Bett, silberne und blaue Farbe sowie Kristalle unterstrich, bevorzugte er für Sebastians Zimmer düstere und rostfarbene Töne, um die dunkle Seite seiner Persönlichkeit hervorzuheben. Steele setzte im Film immer wieder ganz bewußt dunkle Farben ein: "Ich sehe den Film als Tragödie. Obwohl wir sehr viele junge Schauspieler besetzt haben, sah ich keinen Grund, daraus einen frischen, in hellen, lichten Tönen gesetzten Teenagerfilm zu machen", begründet der Produktionsdesigner seine Wahl.

Für das Caldwell-Appartement hatte Steeles Einsatz von Kunstgegenständen bei einer sehr ernsten Szene einen visuell witzigen Gegeneffekt. "In einer sehr prägnanten Szene ist Mrs. Caldwell außer sich vor Wut. Ihre Tochter hat eine Affäre mit einem Schwarzen; für die rassistische Mrs. Caldwell absolut untragbar. Um sie herum sieht man jedoch überall afroamerikanische Kunstobjekte", lacht Steele.

Als letztes mußte Steele eine passende Fassade für das Haus von Sebastians Tante Helen finden. "Sehr amerikanisch" sollte es sein. In Old Westbury Gardens in Long Island, New York, wurde er fündig. Das stattliche dreistöckige Herrschaftshaus, erbaut im eleganten Charles-II.-Stil und eingerahmt von einem beeindruckenden Garten, ist ein wunderbares Beispiel für Landhaus-Design und amerikanische Architektur Anfang dieses Jahrhunderts. Das Haupthaus ist aus kirschroten Virginia-Backsteinen erbaut, verziert mit doppeltem Rautenmuster und cremefarbenem Kalkstein aus Indiana, und es besitzt einen lasierten Terracotta-Sims sowie ein Dach mit extra aus Rutlandshire importierten dünnen Steinplatten.