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Ein Lied von Liebe und Tod - Gloomy Sunday
Produktionsnotizen
Der Regisseur Rolf Schübel über "Gloomy Sunday":
Zu meinem 18. Geburtstag schenkte mir meine Freundin eine Karte
für ein Folklore-Konzert in der Stuttgarter Liederhalle.
Von vielen schönen Liedern hat mich damals eines besonders
beeindruckt: "Szomorú Vasárnap" oder
"Gloomy Sunday". Die Melodie ging mir nicht mehr aus
dem Kopf. Ich kaufte mir die Platte und hörte sie viele
hundertmal.
Später während meines Studiums ging bei einem meiner
vielen Umzüge meine Plattensammlung verloren und damit auch
meine Erinnerung an "Gloomy Sunday".
Viele Jahre später drückte mir der Studio Hamburg
Produzent Richard Schöps den Roman "Das Lied vom traurigen
Sonntag" in die Hand. Er habe die Rechte, das Buch sei sehr
schön, aber leider nicht filmtauglich. Ob mir etwas dazu
einfiele. Ich las es und es fiel mir zweierlei dazu ein: Zum
einen, daß ich eine Jugenderinnerung wiedergefunden hatte
- und zum anderen, daß ich aus diesem hervorragenden Roman
unbedingt einen Film machen wollte.
Nick Barkow, der Autor, erzählt darin eine bitterböse
Parabel über die Schweijks dieser Welt und jene, die sich
abends die Schweijks zu Freunden machen, um sie morgens zu verraten.
"Hard Stuff" also, aber von der Form her eine seltsame,
wunderbare undeutsche Mischung aus Ernsthaftigkeit und Leichtigkeit;
zugleich traurig, komisch, skurril und bitter; und nie belehrend.
Für mich als Regisseur sind die wichtigsten Elemente des
Films: Der reiz- und spannungsvolle Wechsel zwischen der Leichtigkeit
einer Liebesgeschichte und ihrer Bedrohung durch die sich ändernde
Außenwelt. Im Zentrum steht natürlich die Magie des
"Lied vom traurigen Sonntag", das Rätsel um die
Selbstmorde und damit die zuerst sanfte und dann umso heftigere
Steigerung von dramatischen und emotionalen Höhepunkten.
"Gloomy Sunday" soll kein historischer Ausstattungsfilm
werden, aber auch kein Kammerspiel.
Mir fallen sofort Vorbilder des großen europäischen
Erzählkinos ein: Truffaut, Miller, Kieslowski. Die Betonung
liegt dabei auf Vorbilder, ich bin nicht hybrid.
Mit Edward Klosinski, unserem Kameramann, verbindet mich eine
erst kurze, aber intensive Freundschaft. Wir haben die verschiedenen
Stadien des Drehbuchs immer wieder diskutiert und hatten sofort
Konsens, wie die Bilder von "Gloomy Sunday"
sein sollen: So opulent wie möglich - aber nicht aufgedonnert
und keinesfalls karg. Nah an unseren Hauptpersonen, ohne ihnen
ins Nasenloch zu kriechen. Im Lokal in Bewegung - ohne Hektik
- so wie man ein gutes Essen serviert.
Stil und Struktur von "Gloomy Sunday" soll
nicht innovativ sein, aber eine ungewöhnliche Kombination
von im Kino bewährten Methoden. Wenn uns das auf bescheidenere
Art so gut gelänge wie den Machern von "Casablanca"
oder "Der englische Patient", dann wären
wir glücklich. (Rolf Schübel, im Mai 1998)
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