Tunesien
In der Hitze des Sommers veranstaltete das Team von Episode
I einen - wie McCallum es nennt - "seismischen"
Umzug an den Rand der nordafrikanischen Sahara in Tunesien. Hier
entstanden die Szenen auf dem Planeten Tatooine. Wie schon vor
mehr als zwanzig Jahren bei Star Wars verleibt die unverwechselbare,
historische Architektur Tunesiens dem kulturellen Gewebe des
Films exotischen Reichtum. Die Crew mußte bei manchen Motiven
nur geringe Veränderungen vornehmen, kleinere Dekorationen
etwa, um in diesen fremdländischen Berberbauten die Illusion
des Planeten Tatooine zu erzeugen.
Aus logistischen Gründen mußten dieser Umzug und
die nachfolgenden Dreharbeiten im Juli und August stattfinden,
den heißesten Monaten des Jahres in der ausgedörrten
Wüste. Bei durchschnittlichen Temperaturen von 55°C
errichtete der Stab nicht nur das Set einer großen Stadt,
sondern auch ein Dorf, das den rund 200 Mitgliedern von Stab
und Besetzung als Unterkunft diente.
Ein Mitglied der Produktion erduldete die Hitze nicht nur, sondern
schien in ihr regelrecht aufzublühen. "Ich liebte ihre
Intensität", erläutert Ewan McGregor. "Wir
trugen acht Schichten Kleidung übereinander und sprangen
in der Wüste herum. Das war extrem, aber es machte mir Spaß."
Die intensive Hitze war nur die erste der meteorologischen Herausforderungen,
mit denen das Team von Episode I in Tunesien konfrontiert
wurde. An einem späten Juliabend beobachteten Stab und Besetzung
fasziniert ein Blitzeleuchten über der Wüste und gerieten
dann in Panik, als dem ein Sandsturm folgte, der direkt in ihre
Richtung blies. Als das Team die Hotels erreicht hatte, prasselten
Ströme von Regen auf die Sets.
Die Nachwirkungen dieses nächtlichen Sturms verliehen dem
Tatooine Set das Aussehen eines Campingplatzes nach einem Tornado.
Hunderte von Kostümen lagen verstreut in der Wüste,
und mehrere Bühnenbauten waren verdreht oder in Stücke
gerissen. Auch einige Droiden lagen herum, zerbrochen und versprengt,
wie gefallene Soldaten auf einem Schlachtfeld.
Frühzeitig am Morgen nach dem Sturm betrat Produzent Rick
McCallum das Zentrum der Verwüstungen und fing sofort damit
an, die Produktion wieder in Gang zu bringen. Statt die gewaltigen
Schäden zu beklagen, wurden Stab und Besetzung unter McCallums
Leitung zu einer Blitzaktion vereint - und plötzlich schien
der unmögliche Wiederaufbau möglich.
George Lucas suchte inzwischen zusammen mit der Hauptmannschaft
einen relativ unbeschadeten Ort, wo man weiterdrehen konnte.
Die Kostüme wurden aus der Wüste zusammengetragen und
gereinigt, während die Gebäude und Fahrzeuge repariert
wurden. Jeder bot seine Hilfe an, wo immer sie gebraucht wurde,
und wie durch ein Wunder wurde der Drehplan eingehalten.
Lucas selbst gab vielleicht die hilfreichste Einschätzung
der Lage, die zunächst so verheerend erschien. Er stellte
fest, daß das Gleiche schon einmal vor mehr als zwanzig
Jahren passiert war, bei den Dreharbeiten zu der ursprünglichen
Star Wars Trilogie. Vielleicht, so überlegte er,
war die Tatsache, daß es hier wieder geschah, ein gutes
Omen.
Zurück nach Leavesden
Anschließend kehrte die Produktion nach Leavesden zurück,
wo man im Frühherbst die Hauptdreharbeiten abschloß.
Monate später während der Arbeit am Schnitt dienten
die gewaltigen Studios noch einmal als Basislager. Die Filmemacher
kamen zusammen, um Dialoge zu synchronisieren und einzelne Aufnahmen
nachzudrehen, deren Notwendigkeit Lucas bei der Entwicklung des
Rohschnitts erkannt hatte.
Tatsächlich nahm der Schnitt, für Lucas der bevorzugte
Teil des Filmemachens, dank der Digitaltechnik von ILM noch erstaunlichere
Dimensionen an. Lucas und seine beiden Cutter, Martin Smith und
Ben Burtt, genossen eine unglaubliche Flexibilität. Sie
konnten im Schneideraum ganze Einstellungen verändern, indem
sie Figuren und sogar Schauplätze digital aus einer Szene
herausschnitten und in eine andere hineinsetzten. Lucas: "Ich
konnte beim Schneiden die Geschichte völlig neu entwickeln
und schreiben."