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Die Piratenbraut
Eine kurze Geschichte des Piratenfilms
Schon zu Stummfilmzeiten gehörten Piratenfilme
zum festen Repertoire der Lichtspielhäuser. Die Männer
mit den Augenklappen, Degen und Enterhaken verkörperten den
fleischgewordenen Traum der positiven Anarchie Wer würde
schließlich nicht gern wie die Freibeuter auf alle Gesetze
pfeifen und wild und entschlossen ein Leben nach den eigenen Regeln
führen? Denn während die wahren Piraten seinerzeit als Plünderer,
Mörder und Vergewaltigter gefürchtet waren, zeigte sie
das Kino stets von einer romantischeren Seite. Es waren kühne
Idealisten und Freidenker, die zwar gierig verborgenen Schätzen
nachjagten, doch gleichzeitig auch wie seefeste Robin Hoods das
Volk von Tyrannen befreiten und eine unbezwingbare Aversion gegen
Uniformträger jeglicher Couleur besaßen.
Zu Beginn waren Piratenfilme nur wenige Minuten
lang. Besonders die knapp viertelstündigen Abenteuer des
Captain Kidd fesselten das Publikum. Nach einem
runden Dutzend turbulenter Kurzfilme focht sich der populäre
Held dann 1922 durch seinen ersten abendfüllenden Kinofilm.
Vier Jahre später eroberte ein weiterer Pirat die Herzen
der Filmfreunde: Douglas Fairbanks glänzte als Der
schwarze Pirat und fand besonders beim weiblichen Publikum
begeisterte Anhänger. Der bis heute populärste Freibeuter
trat dann 1935 in Erscheinung: Errol Flynn segelte als Captain
Blood Unter Piratenflagge und gewann ganz
nebenbei noch die Liebe der schönen Olivia de Haviland. Regie
bei diesem Kostümspektakel führte CasablancaSchöpfer
Michael Curtiz. Unter Piratenflagge erwies sich
seinerzeit als gigantischer Box OfficeHit und zog eine wahre
Flut weiterer Captain BloodFilme nach sich,
die freilich allesamt nicht die Rasanz und Brillanz des Vorbildes
erreichten.
Dafür entstanden im Rahmen der jahrelang
anhaltenden GenreWelle andere unsterbliche Klassiker: The
Bucaneer etwa, den Cecil B. DeMille 1938 mit Frederic
March inszenierte, Michael Curtiz' nächstes PiratenEpos
Herr der sieben Meere (wiederum mit Errol Flynn)
und Alfred Hitchcoks Ausflug ins HistorienKino:
Riffpiraten.
In den Vierzigern und Fünfzigern verging
kaum ein Jahr, in dem nicht ein rundes Dutzend Seehelden auf Kaperfahrt
gingen. Tyrone Power feierte mit Der schwarze Schwan
Triumphe, Bob Hope entdeckte in Die Prinzessin und der
Pirat die komödiantischen Aspekte des Genres, Gene
Kelly war The Pirate und Burt Lancaster erlebte
seine unvergeßlichen Abenteuer als Der rote Korsar.
Auch StummfilmHeld Captain Kidd wurde wiederentdeckt:
1945 kreiste mit Unter schwarzer Flagge ein neuer
Spielfilm um den legendären Helden. In der Hauptrolle glänzte
Charles Laughton.
Kaum ein männlicher Star ließ es
sich damals nehmen, zumindest einmal durch die Takelage zu klettern,
den Dolch zu zucken und eine Seeschlacht anzuführen. Sie
alle waren Piraten: Rock Hudson in Seeteufel,
Yul Brynner und Charlton Heston in König der Freibeuter,
Anthony Quinn und James Coburn in Sturm über Jamaica,
Kirk Douglas in Das Licht am Ende der Welt und
selbst Terence Hill und Bud Spencer ließen ihre "vier
Fauste" 1971 einmal nicht im wilden Westen kreisen, sondern
präsentierten sich als Freibeuter der Meere.
In den siebziger Jahren wurde es dann schlagartig
still um die ZelluloidFreibeuter. Zwischen Der scharlachrote
Pirat (1976) mit Robert Shaw, James Earl Jones und Beau
Bridges und Renny Harlins DIE PIRATENBRAUT gab es nur zwei nennenswerte
Genre-Intermezzi im Kino: Roman Polanskis Piraten,
der beim Publikum ob seiner zahlreichen cineastischen Anspielungen
und ironischer Distanz zum Thema allerdings nicht besonders gut
ankam und die schräge Eröffnungssequenz von Monty Pythons
Der Sinn des Lebens, in dem sich ein Dutzend
graumausige Buchhalter mit ihrem seetüchtigen Büro auf
Kaperfahrt begeben.
In der Flut der Piratenfilme, die in 100 Jahren
Kino über das Publikum hinwegschwappte, gibt es allerdings
nur sehr wenige, die wie DIE PIRATENBRAUT eine Frau als Heldin
haben. Gemeinhin fiel dem vermeintlich schwachen Geschlecht die
Rolle der entführten Jungfrau zu, die es zu
befreien galt. Die erste Lady, die auch auf hoher See ihren Mann
stand, war Binnie Barnes, die 1945 den Mächtigen in The
Spanish Main (1945) das Leben schwer machte. Fünf
Jahre später machte Yvonne De Carlo als Die Piratenbraut
einen weiteren feministischen Vorstoß. 1951 zeigte Jean
Peters in Anne Of The Indies, wie weibliche Fechtkunst
aussieht. 1952 präsentierten sich dann noch Maureen O'Hara
in Gegen alle Flaggen und Rhonda Fleming in Lady
Rotkopf als tollkühne Piratinnen. Dann war Schluß
mit der Emanzipation auf hoher See. 45 Jahre hat es gedauert,
bis mit Geena Davis wieder eine Frau in die männliche Domäne
einbrach und mehr Schlagkraft und Power demonstriert, als
alle Kinopiratinnen vor ihr.
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