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Matrix
Action einfangen: Wie man fliegende Geschosse filmt
Die Superzeitlupe kommt zwar sehr häufig in den stilisierten
Actionsequenzen des Films zum Einsatz. Aber ganz bestimmte Augenblicke
im Drehbuch verlangten darüber hinaus nach einer echten
Spezialbehandlung. In diesen Zeitlupenaufnahmen sollte sich die
Kamera sehr schnell bewegen, während sie annähernd
12.000 Einzelbilder pro Sekunde aufnahm. Die Wachowskis nannten
das "fliegende Kugeln filmen".
Diese Prozedur, "Flow Mo" (fließende Bewegung)
genannt, ermöglicht den Filmemachern, die Bewegung der Objekte
vor der Kamera und ihre Geschwindigkeit mit fast grenzenloser
Flexibilität zu bestimmen und unter Kontrolle zu behalten.
Ein Beispiel: Ein Kämpfer springt hoch, um seinen Gegner
zu treten; dabei wird er immer schneller, bis er den höchsten
Punkt seines Sprungs erreicht, bleibt dann scheinbar in der Luft
stehen, vollführt den Tritt mit dem Bein in Blitzesschnelle
und sinkt dann ganz gemächlich wieder auf den Boden zurück.
Joel Silver beschreibt dieses Verfahren als "Einzelbild-Zeichentrick,
nur mit richtigen Menschen".
Die Wachowskis setzten sich mit John Gaeta zusammen, der die
Abteilung der visuellen Effekte in der nordkalifornischen Trickfirma
Manex leitet. Gemeinsam besprachen sie die Machbarkeit dessen,
was den Brüdern vorschwebte. "Die Wachowskis sind mit
der Comic-Kultur aufgewachsen", sagt Gaeta. "Sie kennen
also auch den japanischen Zeichentrickstil namens Anime sehr
genau. In Matrix haben wir diesen Stil mit echten Schauspielern
nachvollzogen. Anime verwendet die Technik ,physischer Aufsplittung',
das heißt, Actionbewegungen werden in ihre Einzelteile
zerlegt, damit man sie ganz akribisch kontrollieren kann. Auf
diese Weise holt man aus dynamischen Bewegungen den denkbar höchsten
dramatischen Effekt heraus."
Zunächst choreographierte Gaeta zusammen mit den Filmemachern
die Bewegung, die im Computer bearbeitet werden sollte, und filmte
sie mit konventionellen Kameras. Die Bilder wurden in den Rechner
gescannt. Mit Hilfe eines lasergesteuerten Markierungssystems
wurde eine "Landkarte" erstellt, auf der die Bewegung
der Kamera verzeichnet war, die dann die eigentliche Szene filmen
sollte.
Eine Reihe hochkomplizierter Fotokameras wurde an dem auf der
Karte eingezeichneten Kamerapfad postiert. Jede von ihnen sollte
nur ein Standbild aufnehmen. Diese Fotos wurden in den Computer
gescannt; aus ihnen entstand eine Sequenz von Standfotos, wie
sie auch beim Zeichentrick verwendet wird. Der Computer lieferte
dann "Zwischenraum"-Bilder, ebenso wie die Animatoren
Zwischenbilder zeichnen müssen, um die Bewegungen geschmeidiger
zu machen. Und die komplette Bilderserie ließ sich anschließend
vor dem Auge des Betrachters schnell oder langsam, ganz nach
dem Geschmack der Filmemacher, abspielen ohne daß sie an
Klarheit und Schärfe verlor.
Logischerweise erfordert dieses aufwendige Verfahren viel Zeit
und höchste Präzision, aber es stellt bewegliche Objekte
und Menschen auf völlig neuartige Weise dar. "Das sieht
so aus wie in den japanischen Filmen Ghost in the Shell
oder Akira - aber wir verwenden Realfilm, um Anime-Effekte
zu kreieren, nicht Zeichentrick. Wir haben alle bekannten Verfahren
für visuelle Effekte eingesetzt und jedes noch einen Schritt
weiterentwickelt", erläutert Gaeta.
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